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       # taz.de -- Wie Bayern Barca bezwang: „Natürlich mit Powerpoint“
       
       > Für die Bayern kommt der verblüffend deutliche Sieg über den FC Barcelona
       > nicht überraschend. Für die Münchner ist es die logische Folge guter
       > Arbeit.
       
   IMG Bild: Die Bayern können Fußballspielen – gekonnt Jubeln übrigens auch.
       
       MÜNCHEN taz | „Wahnsinn“ war es für Arjen Robben, und Thomas Müller fand
       sich selbst „geil“. Die beiden Fußballer versuchten in große Worte zu
       fassen, was sie gerade erlebt hatten. Die anderen Spieler dieses
       unglaublichen FC Bayern München taten sich schwer mit Kraftausdrücken der
       Freude [1][nach diesem irren 4:0 im Halbfinalhinspiel] der Champions League
       gegen den FC Barcelona.
       
       Sie verhielten sich noch eine Stunde nach dem Abpfiff so, als müssten sie
       noch stundenlang weiterspielen, sich weiter konzentrieren, weiter am Plan
       arbeiten, den ihnen ihr Trainer mit in das Spiel gegeben hatte. Und sie
       wirkten so, als würden sie wirklich noch ein paar Stunden weiterspielen
       können, weiterrennen, weiterwerkeln.
       
       Die Bayern können Fußballspielen. Das hat man schon oft sehen können in
       dieser Saison. Was dabei rauskommt, wenn sie dazu auch noch Fußball
       arbeiten, das konnte man am Dienstag beobachten. Das 4:0 war am Ende ein
       Triumph der körperlichen Überlegenheit. Es war ein ziemlich deutscher Sieg
       über depressive katalanische Feinfüßler.
       
       [2][Für Jupp Heynckes war es ein logischer Sieg]. Er habe die Mannschaft
       vorbereitet, „natürlich mit Powerpoint“, und die Mannschaft hätte einfach
       getan, was er ihnen gesagt habe. Und all die anderen Gegner, die der FC
       Barcelona in den letzten Jahren an den Rande der Verzweiflung gespielt hat,
       hatten die keinen Plan? Heynckes war ein merkwürdig arroganter Genießer an
       diesem Abend.
       
       ## Auf die Defensive konzentriert
       
       Ja, Barcelona sei ein Team von großer Qualität. Mehr aber nicht. Wenn man
       sich richtig vorbereite, dann gewinne man eben. Dabei habe er sich
       hauptsächlich auf die Defensive konzentriert. Was er im Spiel dann gesehen
       hat, was ihm die Spieler da geboten haben, dürfte ihm gefallen haben.
       
       Thomas Müller zum Beispiel, der zwei Tore geschossen hat, vor allem aber
       seine Mitspieler mit den Armen rudernd immer wieder dazu aufgefordert hat,
       weiter vorne zu verteidigen. Oder Mario Gomez, der diesen Aufforderungen
       immer nachgekommen ist. Oder Arjen Robben, der zusammen mit Philipp Lahm
       bisweilen eine doppelte Außenverteidigung gebildet hat.
       
       Und natürlich Javier Martínez, der so giftig war, dass er das an diesem Tag
       gar nicht so fabelhafte Trio Andres Iniesta, Xavi Hernandez und Lionel
       Messi (der Weltfußballer hat auch mitgespielt) schier zur Verzweiflung
       gebracht hat. „Wir wollten zu null spielen und das ist uns, glaube ich,
       gelungen“, sagte Heynckes nach dem Spiel. Doch, doch, Herr Heynckes, das
       ist gelungen. Und wie!
       
       Die Reporter versuchten ihm Worte des Überschwangs zu entlocken, fragten
       nach der Bedeutung des Sieges über die Mannschaft, die beinahe eine Dekade
       lang als stilbildend im Weltfußball galt, und bekamen nichts als stille
       Selbstzufriedenheit zurück. Vier Tore, wie kann das sein? „Dass wir nach
       vorne gut Fußball spielen können, haben wir schon oft gezeigt.“ Ja, gegen
       Fürth, gegen Hannover, gegen den Hamburger SV.
       
       ## Perfekter Balleroberungsfußball
       
       „Das war im Halbfinale gegen Juventus nicht anders“, meinte Heynckes, der
       dem Team des FC Bayern einen beinahe perfekten Balleroberungsfußball
       beigebracht und es zum Favoriten auf den Sieg in der Champions League
       geformt hat. Er war nicht der einzige Münchner an diesem Abend, der so tat,
       als sei der Triumph vom Dienstag die logische Folge guter Arbeit.
       
       Kapitän Philipp Lahm hatte sofort nach dem Schlusspfiff das Rückspiel im
       Sinn: „Nächste Woche müssen wir gerade in der Defensive genauso arbeiten.“
       Und am liebsten hätte man ihm zurufen wollen: „Jetzt freu dich doch mal!“
       Aber mehr als der Satz: „Klar kann man einen solchen Sieg schwer fassen“,
       war dem wieder einmal herausragenden Außenverteidiger nicht zu entlocken.
       Sie waren coole Sieger, diese Bayern.
       
       Wie sehr sich Uli Hoeneß, [3][der steuerhinterziehende Präsident des FC
       Bayern], gefreut hat über den Sieg, war nicht zu erfragen. Er war
       tatsächlich ins Stadion gekommen und wird sich vielleicht gewundert haben,
       dass ihm und seinem „Fehler“ (Hoeneß, Beckenbauer) nur ein einziges kleines
       Transparent gewidmet war in der riesigen Arena. „Vergelt’s Gott“ war darauf
       zu lesen, der bigotte bairische Ausdruck für Danke.
       
       Dass Hoeneß das Spiel überhaupt hat ansehen dürfen, [4][hat er dem Richter
       zu verdanken, der ihn im März, nachdem ein Haftbefehl gegen ihn erlassen
       worden war, gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt hat]. Fünf Millionen Euro
       soll Hoeneß gezahlt haben. Mehr hat sicher keiner geblecht, um das
       Spektakel gegen Barcelona anschauen zu können.
       
       ## Zum Opfer mutiert
       
       Jupp Heynckes hatte zu arbeiten an diesem Abend und so konnte er sich nicht
       einreihen unter die Schulterklopfer auf der VIP-Tribüne, für die Hoeneß
       längst zum Opfer mutiert ist. Heynckes sprach, als er auf die Causa Hoeneß
       angesprochen wurde, von „Presse-Exzessen“ und erinnerte an die
       Berichterstattung über den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian
       Wulff.
       
       Als es wieder ums Spiel ging, meinte der Trainer: „Ich freue mich sicher
       auch für den Präsidenten.“ Und: „Sie wissen, dass der Präsident mein Freund
       ist, jetzt mehr denn je.“ Der Präsident, der Präsident, der Präsident.
       Arjen Robben widmete dem Klubchef gar den Sieg.
       
       Nein, wie ein Verbrecher wurde Hoeneß wahrlich nicht behandelt an diesem
       Abend, schon gar nicht von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Der sagte:
       „Ich glaube, es ist wichtig, dass man in einer schwierigen Situation auch
       loyal zu seinem Freund steht, und der gesamte FC Bayern steht total loyal
       zu Uli Hoeneß.“ Hoeneß selbst ließ via Sport-Bild ausrichten: „Mir ist
       klar, dass meine Glaubwürdigkeit darunter leidet. Aber da muss ich jetzt
       durch.“
       
       Von den Gegnern aus Barcelona ohnehin nicht. Die waren nach dem Spiel mit
       sich selbst beschäftigt, einfach nur traurig, wie Cotrainer Jordi Roura
       sagte. Er ließ nicht den Hauch eines Zweifels zu, dass der Sieg der Bayern
       unverdient gewesen sein könnte. „Sie waren uns körperlich überlegen“,
       meinte er und wollte gar nicht lange über Schiedsrichter Viktor Kassai
       schimpfen, der Gomez’ Abseitsstellung vor dem 2:0 übersehen hatte und auch
       nicht abgepfiffen hatte, als Thomas Müller vor Robbens 3:0 einen
       Gegenspieler foulte.
       
       Er sah es wie alle anderen an diesem Abend. Die Bayern waren einfach
       besser. „Wir konnten nicht dagegenhalten“, sagte Cotrainer Roura am Ende
       eines Abends, an dem sich vielleicht die Machtverhältnisse im europäischen
       Fußball verschoben haben. Barça konnte nicht dagegenhalten. Ja, genau so
       war’s.
       
       24 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sky.de/web/cms/de/champions-league-40-bayern-fegt-barca-vom-platz.jsp
   DIR [2] http://www.sky.de/web/cms/de/videos-champions-league.jsp?bctid=2322425019001
   DIR [3] /Kommentar-Uli-Hoeness/!114995/
   DIR [4] http://www.sueddeutsche.de/sport/verdacht-auf-steuerhinterziehung-richter-erliess-haftbefehl-gegen-hoeness-1.1657058
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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