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       # taz.de -- Kooperationen Wirtschaft und Unis: Transparent abgebügelt
       
       > Die Opposition will Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen
       > offenlegen. Die Anträge dazu im Bundestag werden wohl scheitern.
       
   IMG Bild: Für wen forscht er, und mit wessen Geld?
       
       BERLIN taz | Unternehmen, die den Unis in den Block diktieren. Beamte, die
       überraschend zu Honorarprofessuren kommen. Swen Schulz ist einer
       derjenigen, die im Deutschen Bundestag für mehr Transparenz in Wissenschaft
       und Forschung kämpfen. Doch wenn es heute in Berlin um das Thema geht, dann
       wird der Abgeordnete mit seinem Antrag wieder scheitern.
       
       Fünf Anträge der Oppositionsfraktionen stehen auf der Tagesordnung im
       Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Forschung – und alle fordern eine
       Initiative, die dringend erforderlich ist: Wie ist zu erreichen, dass
       öffentliche Forschungseinrichtungen und verbeamtete Professoren gegenüber
       der Öffentlichkeit an eine Offenlegungspflicht ihrer Tätigkeiten und
       Ergebnisse gebunden werden?
       
       Besonders zu denken gibt den Politikern dabei der zunehmende Einfluss von
       Unternehmen an Hochschulen. So hatten zwei Berliner Universitäten der
       Deutschen Bank vor einigen Jahren weitgehende Mitspracherechte etwa zur
       Besetzung von Professuren bei der Gründung eines Instituts gewährt.
       
       NGOs und Opposition sind alarmiert: „Wir brauchen eine Offenlegungspflicht
       für Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen“, sagt etwa die
       Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller. „Die Bundesregierung
       sollte hierzu eine Vereinbarung mit den Bundesländern anstreben.“
       SPD-Politiker Schulz meint: „Eine öffentliche Kontrolle der Hochschulen und
       ihrer Zusammenarbeit mit Unternehmen muss immer gewährleistet sein.“
       
       ## Ministerium: kein Handlungsbedarf
       
       Das Bundesbildungsministerium sieht dagegen keinen Handlungsbedarf und
       teilt mit, die bestehenden Instrumente zur Herstellung von Transparenz
       hätten sich bewährt. Auch das Prozedere in der heutigen Ausschusssitzung
       ist absehbar: Die Opposition stellt ihre Anträge, die schwarz-gelbe
       Mehrheit bügelt sie ab.
       
       Dabei hätte die Regierung gar nicht viel zu tun: Grundsätzlich liegen
       Wissenschaft und Forschung in der Hand der Länder. Allerdings ist der Bund
       in zahlreichen Wissenschaftsorganisationen vertreten und könnte dort
       Rahmeninitiativen anstoßen.
       
       Dass dies nötig ist, bescheinigte 2012 die Konferenz der
       Informationsfreiheitsbeauftragten in einer Entschließung:
       „Kooperationsverträge zwischen Wissenschaft und Unternehmen sind
       grundsätzlich offenzulegen.“
       
       „Die Bundesregierung täte gut daran, sich diese Empfehlung noch mal
       anzuschauen“, sagt Grünen-Politikerin Krista Sager. „Man kann nicht alles
       nur auf die Länder und Wissenschaftsorganisationen schieben, wenn man dort
       auch mit am Tisch sitzt.“
       
       Dass es Handlungsbedarf gibt, zeigen viele Einzelfälle. In der vergangenen
       Woche hatte die taz über den „Doktor Vattenfall“ an der Brandenburgischen
       Technischen Universität Cottbus berichtet. Die Uni steht nun in der Kritik,
       weil sie Plagiatsvorwürfe gegenüber einem ihrer Doktoranden aus dem Hause
       Vattenfall nicht umfänglich prüfte. Vattenfall gab 2011 allein 800.000 Euro
       an Drittmitteln an die Uni.
       
       Das Internetportal hochschulwatch.de, das die taz in Kooperation mit
       Transparency Deutschland und dem freien zusammenschluss von
       studentInnenschaften (fzs) betreibt, sammelt Hinweise auf undurchsichtige
       Kooperationen.
       
       Korrektur 24.4.13: In einer früheren Version des Beitrags hieß es, dass das
       Portal auch mit Open Data City betrieben würde.
       
       24 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Kaul
       
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