URI: 
       # taz.de -- „Ethnische Säuberungen“ in Birma?: Gezielte Gewalt
       
       > Viele EU-Sanktionen gegen Birma sollen aufgehoben werden. Nun erhebt
       > Human Rights Watch schwere Vorwürfe gegen die Regierung.
       
   IMG Bild: Brennendes Haus in Meikhtila, Birma: bei den Ausschreitungen im März wurden mindestens 43 Menschen ermordet.
       
       BANGKOK taz | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW)
       [1][erhebt schwere Vorwürfe gegen Birmas Autoritäten]. Die Organisation,
       die bereits 2012 die antimuslimische Gewalt im westlichen Rakhine-Staat
       angeprangert hatte, wirft der Regierung jetzt in ihrem neuen Bericht
       „ethnische Säuberungen“ gegen die muslimische Rohingya-Volksgruppe vor.
       
       An den Rohingya würden Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt, darunter
       Morde, Deportationen und Zwangsumsiedlungen, so HRW. „Birmas Regierung muss
       diese Verbrechen sofort beenden und die Täter zur Rechenschaft ziehen“,
       fordert Phil Robertson, der Vize-Asienchef der Organisation.
       
       Seit Juni 2012 wird der Rakhine-Staat [2][von Gewalt heimgesucht]. Dort
       leben 750.000 Angehörige des muslimischen Rohingya-Volkes, dessen
       Angehörige in Birma nicht als Staatsbürger anerkannt sind. So habe dort im
       Oktober 2012 eine aufgehetzte Menge mit Rückendeckung von buddhistischen
       Mönchen, nationalistischen Politikern sowie Sicherheitskräften, muslimische
       Gemeinden angegriffen und deren Einwohner ermordet oder vertrieben.
       Mindestens 125.000 Angehörige der Rohingya sowie andere Muslime wurden
       gewaltsam zur Flucht gezwungen.
       
       Den Sicherheitskräften wirft HRW vor, der Gewalt meist tatenlos zugesehen
       oder sich daran sogar beteiligt zu haben. Auch sei versucht worden, Spuren
       von Verbrechen zu beseitigen. So habe HRW Beweise über vier Massengräber
       gesammelt.
       
       ## Antimuslimische Hetze
       
       Fast scheint es, als ob die Gewalt gegen die offiziell staatenlosen
       Rohingya eine Art Vorlauf war für jene antimuslimische Hetze, die sich
       inzwischen auch auf andere Teile Birmas ausgeweitet hat. [3][So wurden zum
       Beispiel im März in der zentralbirmanischen Stadt Meikhtila bei
       Ausschreitungen mindestens 43 Menschen ermordet.] Augenzeugen beobachteten,
       wie ultranationalistische Mobs einschließlich buddhistischer Mönche mordend
       und brandschatzend durch die Stadt zogen.
       
       [4][Mit der Gewalt von Meikhtila] wurde die von radikalen buddhistischen
       Mönchen geführte Kampagne namens „969“ bekannt. Sie verbreitet seit Monaten
       antimuslimische Hetze. Ihr Führer ist der Mönch Wirathu, der schon zu
       Zeiten der Militärdiktatur für seinen Fanatismus berüchtigt war. Wirathu
       führte im September 2012 Anti-Rohingya-Demos in Mandalay an, Birmas
       zweitgrößter Stadt. Der Akademiker und Mitbegründer der Free Burma
       Coalition, Maung Zarni, nennt Wirathus Kampagne eine „Neonazi-Bewegung“.
       
       Vorwürfe von HRW, an der Eskalation der Gewalt sei die Regierung in
       Naypyidaw mitschuldig, wies diese zurück. Doch bislang gab es keinerlei
       Versuche, Verantwortliche und Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Entgegen
       seinen öffentlichen Botschaften von religiöser Harmonie habe
       Staatspräsident Thein Sein praktisch nichts getan, um der „969“-Bewegung
       Einhalt zu gebieten, sagt Maung Zarni.
       
       ## Hardliner fürchten um Einfluss
       
       Kritiker mutmaßen, die Unruhen seien gesteuert und spielten Hardlinern in
       Armee und Regierung in die Hände, die angesichts der Reformen um Macht und
       Einfluss fürchteten. Straflosigkeit und Untätigkeit seien „in Naypyidaws
       strategischer Kalkulation verankert, ein Klima der Angst und Unsicherheit
       zu schaffen“, so Maung Zarni, „und zwar im Einklang mit jenen
       Teile-und-Herrsche-Taktiken, die stets benutzt wurden, um konkurrenzlos
       Kontrolle über Staat und Wirtschaft auszuüben.“
       
       HRW forderte die EU auf, nicht wie geplant ihre Sanktionen aufzuheben. Dies
       wollten die EU-Außenminister noch am Montag in Brüssel beschließen. Bleiben
       soll nur das Waffenembargo.
       
       Auch Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi steht in der Kritik. Sie
       sagte bisher kaum etwas zur Gewalt, außer dass die Förderung von
       Rechtsstaatlichkeit helfen werde, diesen Zustand zu beenden. Doch davon ist
       das Land, das nur mühsam den Weg zur Demokratie schafft und sich teils im
       Ausnahmezustand befindet, weit entfernt.
       
       23 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.hrw.org/burma
   DIR [2] /!113282/
   DIR [3] /!113413/
   DIR [4] /!113583/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicola Glass
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Ausschreitungen
   DIR Muslime
   DIR Human Rights Watch
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Aung San Suu Kyi
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Punk
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Aung San Suu Kyi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Muslimische Flüchtlinge in Bangladesch: Rohingyas wird Rückkehr verweigert
       
       Über 30.000 Rohingyas leben in Flüchtlingslagern in Bangladesch. Die
       Regierung von Myanmar stellt ihnen unerfüllbare Bedingungen für die
       Rückkehr.
       
   DIR Meinungsfreiheit in Birma: Jähes Ende des Medienfrühlings
       
       Fünf Journalisten werden zu je zehn Jahren Haft verurteilt. Sie hatten über
       eine mutmaßliche Chemiewaffenfabrik des Militärs berichtet.
       
   DIR Birmas Präsidentenamt: Suu Kyi kann sich bewerben
       
       Nehmen ihre Söhne die birmanische Staatsbürgerschaft an, kann Aung San Suu
       Kyi als Präsidentschaftkandidatin antreten. Die letzten politischen
       Häftlinge kommen frei.
       
   DIR Gewalt in Birma: Tote bei Angriffen auf Muslime
       
       Buddhistische Demonstranten töten mindestens sechs Personen.
       Anti-muslimische Ausschreitungen gab es in dem asiatischen Land schon
       öfter.
       
   DIR Fanatische Mönche in Birma: Punks verteidigen Buddhas Lehren
       
       Radikale, buddhistische Mönche in Birma hetzen gegen Muslime. Viele sehen
       tatenlos zu. Nur einige Punkrocker wagen dagegen zu protestieren.
       
   DIR Politische Gefangene in Birma: Präsident kündigt Amnestie an
       
       Bis Ende 2013 werden alle politischen Häftlinge die Knäste verlassen haben,
       so Thein Sein bei seinem London-Besuch. Ein Waffenstillstand soll die
       ethnischen Konflikte beenden.
       
   DIR Staatenlose sterben bei Schiffsunglück: Mindestens 50 Tote vor Birmas Küste
       
       Vor der Westküste Birmas sind 50 Menschen bei einem Schiffsunglück
       ertrunken. Das Boot sollte die staatenlosen Rohingya vor einem aufziehenden
       Zyklon retten.
       
   DIR Birma erlaubt private Tageszeitungen: Nicht mehr nur Todesanzeigen lesen
       
       Bislang durften unter der birmesischen Militärjunta nur zensierte
       Wochenzeitungen herausgebracht werden. Nun erscheinen erstmals seit 50
       Jahren private Tageszeitungen.
       
   DIR Unruhen in Birma: Buddhisten zünden Moschee an
       
       Die Ausschreitungen in Birma gehen weiter: In einer Kleinstadt ging ein Mob
       auf eine Moschee los. Die Behörden verhängten erneut Ausgangssperren.
       
   DIR Mehrtägige Ausschreitungen in Birma: „88er“ geben Behörden die Schuld
       
       In Birma haben Gewalttäter dutzende Menschen getötet und Tausende
       vertrieben. Die Bevölkerung hält die Ausschreitungen für das Werk der
       Regierungspartei.
       
   DIR NLD-Parteitag in Birma: Suu Kyi ist neue, alte Parteichefin
       
       Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi will ihre Partei in die Wahlen
       2015 führen. Auf einem Parteitag wurde sie als Vorsitzende bestätigt.