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       # taz.de -- Präsidentenwahlen in Italien: Auch Prodi scheitert
       
       > Auch Romano Prodi ist bei seinem Versuch, neuer italienischer
       > Staatspräsident zu werden, gescheitert. Er erhielt nur 395 der
       > notwendigen 504 Stimmen.
       
   IMG Bild: PdL-Politikerinnen wie Alessandra Mussolini sorgten im Parlament mit der T-Shirt-Aufschrift „Der Teufel trägt Prodi“ für Aufsehen.
       
       ROM dpa | Auch Romano Prodi ist bei seinem Versuch, neuer italienischer
       Staatspräsident zu werden, am Freitag klar gescheitert. Die Versammlung der
       Parlamentarier in Rom versagte dem zweifachen Regierungschef und früheren
       EU-Kommissionspräsidenten in der vierten Wahlrunde die notwendige absolute
       Mehrheit deutlich.
       
       Er erhielt nur 395 der notwendigen 504 Stimmen und damit etwa 100 weniger,
       als das linke Bündnis Stimmen hat. Der linke Spitzenpolitiker Pier Luigi
       Bersani hatte Prodi selbst vorgeschlagen. Der nächste Wahlgang ist am
       Samstagmorgen. Gewählt wird der Nachfolger Giorgio Napolitanos.
       
       In der vierten Wahlrunde war nicht mehr die Zwei-Drittel-Mehrheit
       notwendig. Der 73-jährige Prodi war von der Linken als Kandidat
       vorgeschlagen, von den Parteien des rechten Lagers und der Mitte aber
       sofort abgelehnt worden. Die Linke hatte auf Stimmen von der populistischen
       Protestbewegung „Fünf Sterne“ (M5S) gehofft, um Prodi als zwölften
       italienischen Staatspräsidenten der Nachkriegszeit durchzubringen.
       Napolitanos siebenjähriges Mandat endet am 15. Mai.
       
       In den Wahlgängen davor hatte es der ehemalige Senatspräsident und
       Gewerkschaftsführer Franco Marini nicht geschafft, die erforderliche
       Mehrheit zu erreichen. Dem neuen Staatschef kommt die schwierige Aufgabe
       zu, die Regierungskrise des Landes mit dem Patt im Senat zu bewältigen. Er
       kann das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen oder aber einen
       Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen.
       
       ## Eine Öffnung der Linken
       
       Der Chef der Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, hatte Prodi
       als neuen Kandidaten vorgeschlagen. Die Wahlmänner und -frauen seiner
       Partei hatten den Vorschlag einmütig gebilligt. Gegen Franco Marini als
       Staatspräsidenten hatte es am Donnerstag im Mitte-Links-Bündnis massiven
       Widerstand gegeben.
       
       Der Wechsel von Marini zu Prodi ist auch eine Öffnung der Linken hin zu
       Grillo. Deren Kandidat Stefano Rodotà blieb aber zunächst im Rennen. Rodotà
       sagte jedoch, weiteren „Alternativen“ nicht im Wege stehen zu wollen. Bei
       einer Internetwahl der M5S-Anhänger vor der Wahl war auch Prodi auf eine
       Liste von zehn Wunschkandidaten gehoben worden. Von möglichen Treffen
       Bersanis mit M5S war in Rom die Rede. Von der Linken hieß es allerdings,
       Prodi werde nicht noch einmal antreten.
       
       Marini war ein gemeinsamer Kandidat Bersanis und des rechten
       Ex-Regierungschefs Silvio Berlusconi. Aus Berlusconis Partei PdL war sofort
       scharfe Kritik und Ablehnung der Nominierung Prodis gekommen.
       PdL-Politikerinnen wie Alessandra Mussolini sorgten im Parlament mit der
       T-Shirt-Aufschrift „Der Teufel trägt Prodi“ für Aufsehen. PdL und der
       Bündnispartner Lega Nord hatten den Wahlgang boykottiert. Prodi konnte von
       vornherein nicht mit einer breiten Zustimmung rechnen.
       
       Nach seinem Scheitern in den ersten Runden gab Franco Marini am Freitag
       auf. Gescheitert sei damit auch ein Dialog mit Mitte-Rechts und dem Ziel,
       Italien in der schweren Krise eine Regierung zu geben, sagte der frühere
       Gewerkschaftsführer und Senatspräsident.
       
       ## Neuwahlen in den Sommer?
       
       Wäre seine Kandidatur erfolgreich gewesen, hätte das den Weg zu einer
       großen Koalition Bersanis mit Berlusconi ebnen können. Die Präsidentenwahl
       steht im Zeichen der Regierungskrise mit einem Patt im Senat. Sollte Prodi
       in einer späteren Runde gewählt werden, könnte das Neuwahlen in den
       Sommerwahlen wahrscheinlicher machen.
       
       Von dem neuen Staatspräsidenten wird erwartet, dass er rasch entweder das
       Parlament für Neuwahlen auflöst oder einen Politiker beauftragt, eine
       Mehrheit zumindest für eine zeitlich begrenzte Reformregierung zu suchen.
       Auch knapp zwei Monate nach den Wahlen von Ende Februar, bei denen das
       linke Bündnis als Sieger hervorging, hat das in tiefer Wirtschaftskrise
       steckende Land keine neue Regierung.
       
       19 Apr 2013
       
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