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       # taz.de -- Bushido und die Mafia: Ziemlich beste Freunde
       
       > Bambi-Gewinner Bushido soll Kontakte zu einem Mafia-Clan haben. Wissen
       > wir doch. Trotzdem ist er Deutschlands bester Vorzeigemigrant.
       
   IMG Bild: Ich habe ihm ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen kann: Bundestag-Prakti Bushido ist bestens vernetzt.
       
       Vielleicht ist der Charme schuld. Denn den, das muss man zugeben, besitzt
       Bushido reichlich. Als Rapper war und ist er nicht eben begnadet, seine
       Manieren ließen bisweilen zu wünschen übrig und sein gesellschaftlicher
       Umgang ist, wie es nun notariell beglaubigt feststeht, mindestens
       zweifelhaft. Aber mit seinem Charme hat er es geschafft, ein ganzes Land
       einzuwickeln.
       
       Dieses Land wusste, wenn es ehrlich ist, schon lange, was der Stern nun mit
       der ominösen Generalvollmacht belegt: Dass einer der erfolgreichsten
       Popmusiker hierzulande enge Verbindungen zum organisierten Verbrechen
       pflegt. Denn die Nachricht, dass Anis Ferchichi, wie Bushido bürgerlich
       heißt, im Jahr 2010 ein Schriftstück unterschrieben hat, in dem er sogar
       über seinen Tod hinaus einem gewissen Arafat Abou-Chaker den Zugriff auf
       sein Vermögen erlaubt, ist zwar eine Neuigkeit. Aber dass Bushido und
       Abou-Chaker Freunde und Geschäftspartner sind, das ist schon lange bekannt.
       
       Ebenso bekannt war, dass Abou-Chaker einem Familienclan vorsteht, der von
       Berlin-Neukölln aus operiert und in kriminelle Machenschaften verwickelt
       ist. Zum Portfolio gehören, das ist zum großen Teil gerichtsnotorisch,
       Drogenhandel, Erpressung, Zuhälterei oder Schutzgelderpressung. Trotzdem
       hat Bushido nie ein großes Geheimnis aus seinen Verbindungen zu dem Clan
       mit palästinensischen Wurzeln gemacht.
       
       Er und Arafat Abou-Chaker leben nebeneinander, die beiden tauchen zusammen
       bei öffentlichen Anlässen wie der Premiere des Bushido-Films „Zeiten ändern
       Dich“ im Jahr 2010 auf, sie entwickeln ganz offiziell als Geschäftspartner
       Ideen, und nicht nur in der FAZ hat Bushido sich und Abou-Chaker als „die
       besten Freunde“ bezeichnet.
       
       ## Win-Win-Situation
       
       Aber auch ohne seinen Kumpel hätte Bushido genug auf dem Kerbholz: Dass er
       als Jugendlicher mit Drogen dealte, hat er in Interviews zugegeben. Er
       stand vor Gericht wegen Körperverletzung, ist verurteilt wegen Beleidigung.
       Einige seiner homophoben und frauenfeindlichen Texte wurden von der
       Bundesprüfstelle als jugendgefährdend eingestuft, mehrmals äußerte er sich
       antisemitisch.
       
       Aber all das wirkte niemals karrierehemmend, sondern geriet in der
       Mediengesellschaft zur Win-Win-Situation für Bushido: Einerseits
       profitierte er als Rapper von seinem kriminellen Hintergrund, weil das
       Maulheldentum im Gegensatz zur Konkurrenz authentisch zu sein schien.
       Andererseits genossen seine bisweilen arg unbeholfenen Texte, von denen es
       immer wieder Gerüchte gab, dass er sie nicht selbst schrieb, die
       Kunstfreiheit, blieben die Grenzen zwischen Wahrheit und Dichtung fließend
       – und in letzter Konsequenz traute die interessierte Öffentlichkeit dem
       Rapper dann doch nicht zu, dass er wirklich so sein könnte, wie er selbst
       in seinen Raps behauptete.
       
       Vor allem nicht, wenn Bushido seinen Charme anknipste. Ferdichi kann ein
       unterhaltsamer, erstaunlich eloquenter und wohl erzogener Gesprächspartner
       sein. Jedem Ausfall in einer Talkshow wie der von Markus Lanz oder der
       peinlichen Dankesrede bei der Bambi-Verleihung standen unzählige Interviews
       gegenüber, in denen es Bushido gelang, sein Gegenüber mit Witz, Hellsicht
       und Selbstreflexion zu überraschen.
       
       ## Vom Drogendealer zum Millionär
       
       Diesen, den bauernschlauen, erfolgreichen Bushido wollte die Öffentlichkeit
       offensichtlich lieber sehen als den Verbrecher Bushido und verschloss
       systematisch die Augen. Stattdessen wurde Bushido zum dankbar
       wahrgenommenen Beweis dafür, dass man in diesem Land – entgegen aller
       Pisa-Studien – auch als kleinkrimineller Schulabbrecher mit
       alleinerziehender Mutter und Migrationshintergrund was werden kann.
       
       Der Wandel vom Drogendealer über den Skandalrapper bis zum erfolgreichen
       Unternehmer, Vorzeigemigranten und Bambi-Integrationspreisträger 2011 war
       auch möglich, weil dieser Aufstieg das schlechte Gewissen der Nation
       beruhigen half.
       
       Eine Art von Selbsthypnose, die der Geschäftsmann Bushido geschickt
       ausnutzte. Denn eigentlich hat die Enthüllung des Sterns nichts weiter
       enthüllt als: Bushido hat Deutschland verarscht.
       
       18 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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