URI: 
       # taz.de -- Anschlag und Giftbriefe in USA: Ermittler auf der Spur
       
       > Nach dem tödlichen Terroranschlag von Boston verfolgen die Ermittler eine
       > konkrete Spur. Im Zusammenhang mit den Gift-Briefen wurde ein
       > Verdächtiger festgenommen.
       
   IMG Bild: Bei der Explosion der Bomben waren ein achtjähriger Junge, eine 29 Jahre alte Amerikanerin und eine Studentin aus China getötet worden
       
       BOSTON/OXFORD/WACO dpa/ap | Nach dem [1][tödlichen Terroranschlag] von
       Boston verfolgen die Ermittler US-Medienberichten zufolge [2][eine konkrete
       Spur] – eine bereits von mehreren Sendern vermeldete Festnahme eines
       Verdächtigen wurde vom FBI aber dementiert. Eine für Mittwochabend
       angekündigte Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen wurde von der
       US-Bundespolizei mehrfach verschoben und schließlich ganz abgesagt.
       
       Bei dem Anschlag während des Boston-Marathons waren am Montag drei Menschen
       getötet und mehr als 180 verletzt worden. Die Hintergründe sind nach wie
       vor unklar. US-Präsident Barack Obama wollte am Donnerstag an einem
       Gedenkgottesdienst für die Opfer teilnehmen.
       
       Wie der Sender CNN berichtete, suchen die Fahnder nach zwei verdächtigen
       Männern, die am Tag des Anschlags nahe der Marathon-Ziellinie fotografiert
       worden waren. Einer der Männer habe einen schwarzen Rucksack getragen.
       Zudem sei ein Verdächtiger mit einer weißen Baseball-Kappe, einem hellen
       Kapuzenshirt und einer schwarzen Jacke bekleidet gewesen, hieß es unter
       Berufung auf zwei mit den Ermittlungen vertraute Behördenvertreter. Es sei
       bislang aber noch nicht gelungen, die Verdächtigen namentlich zu
       identifizieren.
       
       Die Zeitung Boston Globe berief sich auf Ermittlungen, wonach ein
       Verdächtiger am Ort der zweiten Explosion in der Boylston Straße eine
       schwarze Tasche getragen und womöglich dort abgelegt habe. Die Kamera eines
       auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Geschäfts habe klare
       Bilder vom Tatort geliefert, hieß es. Unklar war jedoch, ob auch der
       Verdächtige von dieser Kamera gefilmt wurde.
       
       ## Bitten um Geduld
       
       Die Ermittler kämen voran, sagte der Gouverneur von Massachusetts, Deval
       Patrick, bei CNN. Mit „jeder Stunde“ sei man der Lösung des Falls näher.
       Zugleich bat er aber um Geduld. „Wenn sie (die Ermittler) damit fertig
       sind, sich ein komplettes Bild zu machen, werden sie uns sagen, wie dieses
       Bild aussieht“, sagte Patrick.
       
       Zuvor hatten die Sicherheitsbehörden weitere Einzelheiten zur Bauart einer
       der Bomben bekanntgegeben. Demnach bestand sie aus mit einem Zünder
       versehenen Schnellkochtopf, der neben Schwarzpulver auch Nägel und
       Metallteile enthielt. Teile des Topfdeckels wurden CNN zufolge am Mittwoch
       auf einem Hausdach in der Nähe der Ziellinie gefunden. Ob auch die zweite
       Bombe aus einem Schnellkochtopf gebaut war, sei noch unklar. Beide
       Sprengsätze wurden nach FBI-Angaben vermutlich in schwarzen Nylontaschen
       zum Tatort gebracht.
       
       Bei der Explosion der Bomben waren ein achtjähriger Junge, eine 29 Jahre
       alte Amerikanerin und eine Studentin aus China getötet worden. Am Mittwoch
       schwebten immer noch zwei der mehr als 180 Verletzten in Lebensgefahr. Der
       Zustand von zehn weiteren sei ernst, meldete CNN unter Berufung auf das
       Bostoner Traumazentrum.
       
       ## Mutmaßlicher Gift-Absender festgenommen
       
       Im Zusammenhang mit den [3][Gift-Briefen an US-Präsident Barack Obama] und
       einen Senator haben die Behörden einen Verdächtigen festgenommen. Wie das
       FBI mitteilte, wurde ein 45 Jahre alter Mann am Mittwoch im US-Staat
       Mississippi festgenommen. Der Mann glaubte offenbar, er habe eine
       Verschwörung aufgedeckt, bei der es um den Handel mit menschlichen Organen
       ging. Ob er deswegen die Briefe an die Politiker geschickt hat, ist aber
       noch unklar.
       
       In den Schreiben an Obama und den Senator Roger Wicker aus Mississippi
       wurde in ersten Tests die hochgiftige Substanz Rizin nachgewiesen.
       Allerdings sind solche Tests häufig fehlerhaft, die endgültigen Ergebnisse
       stehen noch aus. Aufgegeben wurden die Schreiben am 8. April in Memphis im
       Staat Tennessee, was nicht weit vom Wohnort des festgenommenen Mannes
       entfernt liegt.
       
       Bei dem Wohnort handelt es sich um die Kleinstadt Corinth. Mehrere
       Polizeiwagen standen vor dem Haus des Festgenommenen, einem unauffälligen
       roten Ziegelbau. Allerdings waren keine Sondereinsatzkräfte für gefährliche
       Substanzen zu sehen. Auch Evakuierungen gab es offenbar nicht.
       
       In einer Mitteilung des FBI, die der Nachrichtenagentur AP vorlag, heißt
       es, den Briefen sei ein Schreiben mit demselben Inhalt zugefügt worden. In
       beiden Briefen heißt es demnach: „Ein Unrecht zu sehen und es nicht
       aufzudecken, bedeutet zu einem stillen Teilhaber an seinem Fortbestand zu
       werden.“ Der Autor bezeichnete sich selbst als „KC“. Dies entspricht den
       Initialen des Festgenommenen.
       
       ## Ein ruinierter Ruf als Motiv?
       
       In mehreren Online-Beiträgen erklärte ein Autor mit dem Namen des
       Festgenommenen, er habe in einem lokalen Krankenhaus, wo er von 1998 bis
       2000 arbeitete, einen Handel mit menschlichen Organen entdeckt. Daraufhin
       habe er Probleme bekommen, man habe versucht, sein Unternehmen und seinen
       Ruf zu ruinieren. Wegen dieser Angelegenheit habe er versucht, in der
       Regierung, beim FBI und der lokalen Polizei Gehör zu finden.
       
       Sein Cousin zeigte sich in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur
       Associated Press schockiert. „Ich denke, niemand hatte auch nur eine Ahnung
       davon, was in seinem Kopf vorging“, sagte er. Die Behörden gingen am
       Mittwoch auch Berichten nach, wonach mindestens drei verdächtige
       Postsendungen in Büros des Senats in Washington gefunden wurden. Hier gab
       es jedoch später Entwarnung. Man habe keine gefährlichen Substanzen
       gefunden, sagte eine Polizei-Sprecherin. Das FBI erklärte, derzeit gebe es
       keine Hinweise auf eine Verbindung zwischen den verdächtigen Briefen und
       den Bombenexplosionen in Boston.
       
       Die entdeckten Briefe mit offenbar giftigem Inhalt erinnern an ähnliche
       Fälle im Jahr 2001. Nach den Terroranschlägen vom 11. September hatten
       damals Briefe mit Milzbrand-Bakterien an Politiker Angst und Schrecken
       verbreitet. Fünf Menschen starben. Ein vermuteter Zusammenhang mit den
       Anschlägen auf das World Trade Center konnte auch damals nicht bewiesen
       werden. Stattdessen wurde ein US-Wissenschaftler als Einzeltäter
       verdächtigt. Der Mann nahm sich schließlich das Leben.
       
       ## Explosion in Texas
       
       Eine unbekannte Zahl von Toten sowie weit mehr als 100 Verletzte hat es bei
       einer gewaltigen Explosion in einer Düngemittel-Fabrik in der Ortschaft
       West im US-Staat Texas gegeben. Die Detonation am Mittwochabend war noch 70
       Kilometer entfernt zu hören, riesige Flammen schlugen in den Nachthimmel,
       Gebäude im näheren Umkreis wurden teilweise zerstört.
       
       Ein Sprecher des Ministeriums für öffentliche Sicherheit in Texas erklärte,
       es habe eine bislang unbekannte Zahl von Toten gegeben. Der Leiter eines
       Krankenhauses in Waco sagte, seine Klinik habe 66 Verletzte behandelt, 38
       davon seien schwer verletzt gewesen. Zudem zeigten Fernsehsender Bilder von
       Menschen, die auf einem Football-Feld behandelt wurden. Der Gouverneur von
       Texas, Rick Perry, erklärte, man habe noch keine genauen Informationen über
       das Ausmaß.
       
       18 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bombenexplosionen-beim-Marathon/!114607/
   DIR [2] /Bauanleitungen-fuer-Sprengsaetze-im-Netz/!114721/
   DIR [3] /Secret-Service-faengt-Brief-an-Obama-ab/!114723/
       
       ## TAGS
       
   DIR Terrorismus
   DIR Boston
   DIR Boston Marathon
   DIR Barack Obama
   DIR Rizin
   DIR Amerika
   DIR Bundespräsident
   DIR USA
   DIR Terrorismus
   DIR Boston
   DIR Terrorismus
   DIR Terrorismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Erneut Giftbrief an Obama: Waffen-Fanatiker kämpfen mit Rizin
       
       Erst wurden nur die Giftbriefe an den New Yorker Bürgermeister bekannt,
       doch nun ist klar: Auch Obama erhielt erneut ein ähnliches Schreiben von
       Waffen-Fans.
       
   DIR New Yorker Bürgermeister bedroht: Giftbrief abgefangen
       
       Wegen Unterstützung strikterer Waffenkontrollen: An den New Yorker
       Bürgermeister Michael Bloomberg ist ein Brief verschickt worden, der
       offenbar das Gift Rizin enthielt.
       
   DIR Giftbriefe in den USA: Verdächtiger freigelassen
       
       Die US-Ermittler lassen Vorwürfe gegen den Giftbrief-Verdächtigen fallen.
       Die Polizei hatte bei einer Hausdurchsuchung keine Spuren von Rizin
       entdeckt.
       
   DIR Bombenalarm beim Bundespräsidenten: Polizei sprengt verdächtigen Brief
       
       Am Freitag wurde ein sprengstoffverdächtiger Brief im Bundespräsidialamt
       entdeckt. Eine Gefahr für die Mitarbeiter habe nicht bestanden. Gauck war
       nicht vor Ort.
       
   DIR Kommentar USA nach Boston: Das 9/11-Déjà-Vu
       
       Wie 2001 sind die Amerikaner überrascht, dass „so etwas“ bei ihnen
       passieren kann. Ein Signal scheint genug, um die Supermacht im Chaos
       versinken zu lassen.
       
   DIR Bauanleitungen für Sprengsätze im Netz: Bomben in Schnellkochtöpfen
       
       Sowohl Islamisten als auch Maoisten benutzten für Anschläge Bomben wie die
       in Boston. Anleitungen findet jeder im Internet.
       
   DIR Nach den Anschlägen von Boston: „Jemand weiß, wer das getan hat“
       
       Das FBI fahndet nach den Tätern von Boston, Reste von schwarzen
       Nylon-Taschen und von Schnellkochtöpfen sind die heißesten Spuren. Die drei
       Toten wurden inzwischen identifiziert.
       
   DIR Kommentar Anschlag Boston-Marathon: Das Ende der Angstfreiheit
       
       Es gibt im Sport nur wenige Freiräume, die man ohne Beschränkung betreten
       darf. Nun könnten auch Stadtmarathons zum Sicherheitsplanspiel werden.
       
   DIR Der Terror von Boston im Netz: Quellen und Spekulationen
       
       Die Angst vor der Rückkehr des Terrors und reichlich Unklarheit über die
       Täter: Wie die Anschläge von Boston im Internet aufgearbeitet werden.