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       # taz.de -- Menschenrechte in Usbekistan: Deutsche Behörden stellen sich blind
       
       > In Usbekistan investiert die Bundesregierung trotz zweifelhafter Erfolge
       > in rechtsstaatliche Projekte. Stecken dahinter militärische Interessen in
       > Afghanistan?
       
   IMG Bild: Für den Afghanistan-Rückzug von Bedeutung: die Luftwaffenbasis im usbekischen Termes.
       
       BISCHKEK taz | Nach der Einstellung der Gefangenenbesuche durch das
       [1][Internationale Komitee vom Roten Kreuz] (IKRK) in Usbekistan fordert
       die grüne Bundestagsabgeordnete [2][Viola von Cramon] die Einfrierung eines
       millionenschweren EU-Projekts zur Rechtsstaatspflege in dem
       zentralasiatischen Land.
       
       „So ein Projekt darf nicht realitätsblind sein und als Deckmäntelchen für
       die deutsch-usbekische Militärkooperation beim Afghanistan-Einsatz dienen“,
       warnt von Cramon gegenüber der taz. Das auswärtige Amt bedauert die
       Einstellung der Gefangenenbesuche und verweist für das Projekt auf die
       Verantwortung der EU. Die EU hat die Anfrage der taz bisher nicht
       beantwortet.
       
       „In Usbekistan war es uns nicht möglich, unsere Standards bei
       Gefangenenbesuchen einzuhalten, daher sind die Besuche sinnlos“, erklärte
       der Generaldirektor der in Genf sitzenden Hilfsorganisation, Yves Daccord.
       Das Statement des IKRK, das weltweit Gefangene unter widrigsten Bedingungen
       auch in Bürgerkriegen besucht, ist eine außenpolitische Niederlage der
       Bundesregierung und des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Frank-Walter
       Steinmeier.
       
       Infolge des Massakers von Andischan – im Mai 2005 ließ der usbekische
       Präsident Islam Karimow einen Volksaufstand in der usbekischen Provinzstadt
       mit Panzerwagen niederschießen – verhängte die EU Sanktionen gegen das
       Land. Die Diplomaten des damaligen Außenministers Steinmeier drangen wegen
       angeblicher Reformbereitschaft des usbekischen Regimes erst auf eine
       Aufweichung der Strafmaßnahmen, 2009 dann auf die völlige Aussetzung. Die
       Wiederzulassung der Gefangenenbesuche durch das IKRK in Usbekistan lieferte
       dafür die Begründung.
       
       Usbekistan war und ist für Berlin wichtig. Seit 2001 [3][unterhält die
       Bundeswehr in der südusbekischen Provinz Termes eine Luftwaffenbasis], über
       das Land erfolgt der nun begonnene Rückzug aus Afghanistan. Zurzeit tummelt
       sich die [4][Deutsche Stiftung für internationale rechtliche
       Zusammenarbeit] im Rahmen eines 10 Millionen Euro teuren Projekts der EU
       zur Strafrechtspflege in der usbekischen Despotie. Ein Ziel sei es, die
       humanitäre Standards in den Gefängnissen zu verbessern.
       
       ## Besuche gehen weiter
       
       Doch während die weltweit erfahrenen IKRK-Delegierten in Usbekistan auf
       Beton bissen, besuchen Mitarbeiter der deutschen Organisation eifrig die
       usbekischen Gefängnisse. „Die usbekische Regierung selbst hält an ihrem
       Reformkurs fest und stößt viele Initiativen im Rechtsbereich an, um den
       Demokratisierungsprozess des Landes zu befördern“, tönte es noch am Montag
       auf der Website der deutschen Organisation. Kurz nach der taz-Anfrage wurde
       dieses zweifelhafte Lob gelöscht.
       
       Den Unwillen zu tatsächlichen Reformen im usbekischen Rechtswesen musste
       schon die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung erfahren. Die usbekische
       Volkskammer hatte 2007 den „[5][Habeas Corpus]“ angenommen, der den Bürger
       vor willkürlicher Verhaftung schützen soll und für den Arrest einen
       Richterbeschluss zwingend macht. Die EU und die damalige Bundesregierung
       feierten den Entscheid als Erfolg der Dialogbereitschaft des usbekischen
       Regimes und die Adenauer-Stiftung veranstaltete 2008 fast wöchentlich brav
       ein Seminar dazu.
       
       2011 wies die in New York sitzende Menschenrechtsorganisation [6][Human
       Rights Watch] in einem Report nach, dass trotz „Habeas Corpus“ und der
       Seminare der Adenauer-Stiftung in den Gefängnissen weiterhin
       [7][„systematisch“ gefoltert werde] und sich die die rechtliche Lage der
       Inhaftierten sogar verschlechtert habe. In Usbekistan gibt es kaum noch
       unabhängige Anwälte, die Richterschaft urteilt auf Staatsbefehl.
       
       17 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.icrc.org/eng/
   DIR [2] http://www.violavoncramon.de/
   DIR [3] http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYq7DsIwDEX_yE4YQLBRISQYyoLUli2kVrGUR2VcuvDxJAP3SGc5Fx9YSO7Dk1POyQXscfB8eK4QVlByEYjTG_xLMnb1PBL4nEirlZJy8SROs8CcRUMti0gpwCMOxp4aszX_2e_uvmn6q9nbS3u-4Rzj8QeF0U4K/
   DIR [4] http://www.irz-stiftung.de/stiftung-projekte/zentralasien-suedkaukasus/usbekistan/usbekistan.html
   DIR [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Habeas_Corpus
   DIR [6] http://www.hrw.org/europecentral-asia/uzbekistan
   DIR [7] /!83650/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marcus Bensmann
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