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       # taz.de -- Französische Regierung zieht blank: Alle Angaben sind ohne Gewähr
       
       > Alle 37 Regierungsmitglieder legen ihre Vermögenslage im Internet dar. Ob
       > das für Transparenz und Moral in der Politik sorgt, steht sehr in Frage.
       
   IMG Bild: Arm dran? Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault deklarierte seinen 1988 gekauften Volkswagen-Kombi.
       
       Wer wissen möchte, was beispielsweise Außenminister Laurent Fabius, ein
       Nachkomme eines bedeutenden Antiquitäten- und Kunsthändlers, genau an
       Eigentum deklariert, muss auf der [1][Website der französischen Regierung]
       nur auf seinen Namen klicken, um die detaillierte Aufstellung einsehen zu
       können. Die Neugierigen sind offenbar zahlreich, denn am späten Nachmittag
       war der Zugang zum Internetserver der Pariser Regierung wegen vieler
       gleichzeitiger Anfragen zunächst mit Warten verbunden.
       
       In Frankreich und selbst im Ausland hatte man gespannt und auch etwas
       amüsiert auf diese Aktion „Karten auf den Tisch“ gewartet, der sich alle 37
       französischen Regierungsmitglieder bis Montag unterziehen mussten. Sie
       hatten dazu ein Formular zum Ausfüllen bekommen, auf dem sie in
       verschiedenen Rubriken Immobilien, Bargeld, Bankkonten im In- und Ausland,
       Aktien und andere Anlagen, Wertsachen wie Schmuck, Möbel oder Kunstwerke
       sowie private Fahrzeuge mit Kaufdatum, Preis und gegenwärtigem Wert
       eintragen mussten. Zum allfälligen Schummeln blieb wegen der äußerst kurzen
       Frist wenig Zeit.
       
       Ein paar Übereifrige hatten ihre Besitztümer schon in den Tagen zuvor
       publik gemacht und dabei nicht nur Lob, sondern auch spöttische Kommentare
       geerntet, wie namentlich die Exparteichefin der Grünen, Wohnungsministerin
       Cécile Duflot, als stolze Besitzerin eines betagten Renault Twingo. Andere
       fanden die Offenlegung „penibel“.
       
       Die sozialistische Ministerin für SeniorInnen, die Ärztin Michèle Delaunay,
       muss mit ihrem Gatten 5,4 Millionen Euro Vermögen angeben. Wer weiß, ob das
       nicht ihre Linkswähler schockiert! Finanz- und Wirtschaftsminister Pierre
       Moscovici wiederum meinte, er schäme sich fast, „nur“ eine Wohnung in
       Montbéliard im Wert von rund 200.000 Euro sein Eigen zu nennen. Er habe
       sonst vor allem Schulden.
       
       ## Transparenz ist angesagt
       
       Alle Angaben erfolgen nach eigenem Gutdünken und ohne Gewähr. Die Bürger
       haben jedenfalls nicht die Möglichkeit, sie mit den Steuererklärungen der
       Minister zu vergleichen. Diese bleiben vertraulich. Hatte jemand ernsthaft
       erwartet, dass einer der Minister angeben werde, er besitze heimliche
       Konten in Luxemburg oder eine unversteuerte Offshore-Gesellschaft auf den
       Kaimaninseln?
       
       Nach dem enormen Skandal um das Schwarzgeldkonto des Exhaushaltsministers
       Jérôme Cahuzac wollte die Staatsführung mit dieser erstmaligen Offenlegung
       der privaten Vermögen der Minister zeigen, dass sich im Kabinett von
       Premierminister Jean-Marc und Präsident François Hollande keine weiteren
       schwarzen Schafe befinden.
       
       Transparenz ist angesagt. Die gestrige Offenlegung der Vermögen der
       Minister war bloß die erste Etappe. Nach den Regierungsmitgliedern sollen
       sich nach dem Willen von Hollande auch sämtliche Parlamentarier dieser
       Pflicht der Veröffentlichung ihres Eigentums unterziehen. Das ist Teil
       einer Gesetzesvorlage, welche die Regierung demnächst als direkte Antwort
       auf den Cahuzac-Skandal verabschieden lassen möchte.
       
       Der sozialistische Vorsitzende der Nationalversammlung, Claude Bartolone,
       wäre für mehr Kontrolle und schärfere Sanktionen bei Betrug, diese Art der
       Veröffentlichung aber ist ihm zufolge eine Form von „Voyeurismus“. Von
       einer peinlichen Alibiübung spricht die frühere bürgerliche
       Justizministerin Rachida Dati: „Diese Enthüllung vor den Medien ist
       pathetisch und führt zu einem Wettlauf, in dem es gilt, der Ärmste zu
       sein.“ In Frankreich gilt es seit der Revolution mit ihrem
       Gleichheitsprinzip nicht als Tugend, ostentativ reich zu sein.
       
       16 Apr 2013
       
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   DIR R. Balmer
       
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