URI: 
       # taz.de -- ExxonMobil lehnt Verantwortung ab: Umweltsauerei in Arkansas
       
       > Im US-Bundesstaat Arkansas ist eine Pipeline für Öl aus Teersanden
       > geplatzt. Der Betreiber ExxonMobil führt die Öffentlichkeit über Folgen
       > in die Irre.
       
   IMG Bild: Die Aufräumarbeiten beim Öko-Drama von Arkansas.
       
       WASHINGTON taz | „Die Aufräumarbeiten in Mayflower gehen weiter“ steht alle
       zwei Tage als Titel über einem neuen Kommuniqué auf der Internetseite des
       US-Konzerns ExxonMobil. Darunter folgen Zahlen: Wie viel Öl aus dem Boden
       in der Stadt im Bundesstaat Arkansas gepumpt worden ist, wo am 29. März
       eine Pipeline für aus Teersanden gewonnenem Öl platzte. Wie viele Arbeiter
       im Einsatz sind. Wie viele Vögel, Schlangen und Reptilien verölt wurden. Wo
       sich Schadenersatzforderungen stellen lassen und welche Anwohner wieder in
       ihre Häuser zurückkehren dürfen.
       
       Das liest sich, als würde zumindest diese Ölpest transparent gehandhabt und
       als wäre alles unter Kontrolle. Doch das Gegenteil ist der Fall. ExxonMobil
       – 45 Milliarden Dollar Gewinn im Jahr 2012 und weltweit 84.000 Beschäftigte
       – hat den Schauplatz in einem Stadtteil des Ortes Mayflower und die
       umliegenden Feuchtgebieten hermetisch abgeriegelt. Zu Lande und in der
       Luft.
       
       ExxonMobil-Beschäftigte halten JournalistInnen fern und drohen diesen mit
       Festnahme, wenn sie sich dem verölten Gelände nähern. Für zwei Tage
       erwirkte ExxonMobil sogar ein Überflugverbot bei der US-Luftfahrtbehörde
       FAA. Und erst zwei Wochen nach dem Unfall lieferte der Konzern am Mittwoch
       eine 12.500-seitige Dokumentation über das Öl, die Pipeline und ihre
       Inspektionen beim Justizminister von Arkansas ab. Der hatte zuvor eine
       Frist gesetzt und mit Zwangsmaßnahmen gedroht.
       
       Mehrere AugenzeugInnen widersprechen den Angaben von ExxonMobil. So
       bezeichnet der Konzern die Konzentration von Benzol, das Krebs verursachen
       kann, und von anderen mit dem Öl ausgetretenen Chemikalien als „nicht
       gesundheitsgefährdend“. Doch AnwohnerInnen klagen nicht nur über den
       beißenden Geruch, der seit dem 29. März in Mayflower ist, sondern auch über
       Kopf-, Augen- und Halsschmerzen.
       
       Und mindestens acht Kinder der Grundschule mussten wegen ähnlicher
       Beschwerden nach Hause gehen. ExxonMobil behauptet auch, dass der
       benachbarte Lake Conway nicht betroffen sei. Doch AnwohnerInnen berichten
       von Arbeitern, die im Schutz der Dunkelheit verendete Fische herausholen
       und Justizminister Dustin McDaniel von Öl im See.
       
       ## Kleiner Unfall – schlimme Wirkung
       
       Für Kopfschütteln sorgen auch die „Reinigungsmethoden“ von ExxonMobil.
       Dessen Beschäftigte haben in den Gärten der evakuierten Häuser und auf den
       Straßen dazwischen Haushaltspapier verteilt. In den umliegenden Gewässern
       liegen schwimmende Barrieren. Es ist rätselhaft, wie sie das nach unten
       absackende schwere Öl aufhalten sollen.
       
       Der Unfall, bei dem die 65 Jahre alte Pegasus-Pipeline auf der Länge von
       mehr als sechs Metern riss, ist verhältnismäßig klein – laut ExxonMobil
       sind bislang 12.000 Fass Öl und Wasser abtransportiert worden. Aber er
       konnte kaum ungelegener für die Branche kommen. Denn das ausgetretene Öl
       stammt aus Athabasca – aus demselben Teersandöl-Fördergebiet in Kanada, aus
       dem auch der Inhalt der künftigen Keystone XL Pipeline kommen wird, über
       die Präsident Obama in den nächsten Wochen entscheiden will. Die neue
       Pipeline soll mehr als 800.000 Fass Öl pro Tag transportieren.
       
       Wie schwer Öl aus Teersand zu beseitigen ist, zeigt der Fall Michigan. Dort
       ergoss sich im Jahr 2010 Teersandöl des Unternehmens Enbridge in den Fluss
       Kalamazoo. Trotz aufwendiger Aufräumarbeiten haben sich Pflanzen, Tiere und
       Wasser bis heute nicht erholt. Die Universität von Detroit hat bei
       AnwohnerInnen eine Häufung von Atemproblemen, Immunschwäche und
       Gedächtnisverlust gemessen. Und rechnet damit, dass auch die Krebsrate
       steigen könnte.
       
       In Mayflower haben sich jetzt AnwohnerInnen zu einer Sammelklage gegen
       ExxonMobil zusammengetan. Sie verlangen für bisher schlimmste Ölpest in
       Arkansas 5 Millionen Dollar Schadenersatz.
       
       16 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
   DIR USA
   DIR Umweltkatastrophe
   DIR Ölförderung
   DIR Ökologie
   DIR Ölkonzern
   DIR Ölpest
   DIR Keystone-XL-Pipeline
   DIR Kanada
   DIR Keystone-XL-Pipeline
   DIR USA
   DIR Ölkonzern
   DIR Enquete-Kommission
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Rosneft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR „Prestige“-Havarie in Spanien: Keiner ist Schuld an der Ölpest
       
       50.000 Tonnen Schweröl sind in den Atlantik vor Spanien gelaufen, als der
       Tanker „Prestige“ auseinanderbrach. Nun wurden die Angeklagten
       freigesprochen.
       
   DIR Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Aus Teersand wurde Ölsand
       
       Im Shell-Museum in Alberta wird die wunderbare Welt der Ölgewinnung
       demonstriert. Dass der Abbau von Teersand extrem umweltschädlich ist, weiß
       dort keiner.
       
   DIR Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Ein Ölstaat mitten in Kanada
       
       Im Bundesstaat Alberta boomt die Förderung von Erdöl aus Teersanden. Das
       vergiftet Menschen und Umwelt. Aber die Behörden schauen lieber weg.
       
   DIR Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Vergiftete Seen, vergiftete Seelen
       
       Die Entscheidung der US-Regierung zum Bau der Keystone-Pipeline nach Kanada
       steht noch aus. Ein Besuch an dem Ort, wo die Reise des Öls beginnen soll.
       
   DIR Niedergang einer US-Metropole: Detroit ist bankrott
       
       Die frühere Industriemetropole kann den Schuldenberg von 18,5 Milliarden
       Dollar nicht mehr abarbeiten. Andere Städte könnten die Folgen der
       Konkursanmeldung spüren.
       
   DIR US-Konzerne „unterstützen“ Regierungen: Geldströme bleiben geheim
       
       Die Börsenaufsicht wollte US-Rohstoffkonzerne dazu zwingen, ihre Zahlungen
       an ausländische Regierungsstellen offenzulegen. Ein Gericht hat die Pläne
       nun gekippt.
       
   DIR Ende der Enquetekommission: Entspannter wachsen
       
       Das Bruttoinlandsprodukt hat ausgedient. Wie kann die starre Fixierung auf
       die Wirtschaft als Maßstab für unser Wohlergehen beendet werden?
       
   DIR Senator will Straßensanierung: Schneller fahren fürs Klima
       
       Der Verkehr muss fließen auf den Straßen, sagen Wirtschaftsvertreter –
       schon der Umwelt zuliebe. Verkehrssenator verspricht Investitionen.
       
   DIR US-Milliardäre sponsern Geheimnetzwerk: Viel Geld gegen die „Klimalüge“
       
       Konservative US-Milliardäre sponsern systematisch den Kampf gegen die These
       der vom Menschen verursachten Erderwärmung – ganz geheim.
       
   DIR Umwelt: Exxon prüft Fracking
       
       Das Bergbauamt erlaubt dem Energiekonzern zu untersuchen, ob sich in
       Vierlanden eine Gasförderung lohnen könnte. Die Umweltbehörde ist dagegen.
       
   DIR Klimakonferenz in Doha: Bodenschätze fürs Klima entwerten
       
       Um den Klimawandel zu bremsen, müssten zwei Drittel der Reserven an Öl, Gas
       und Kohle in der Erde bleiben. Aber die Lobby sitzt mit am
       Verhandlungstisch.
       
   DIR Rosneft kauft TNK-BP: Größter Ölkonzern der Welt
       
       Der russische Konzern Rosneft kauft sich in einem Milliardendeal die
       Kontrolle über die russische Förderung. Putins Energiepolitik kommt so
       einen großen Schritt weiter.