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       # taz.de -- Journalistik-Professor über den „Spiegel“: „Ohne crossmediale Strategie“
       
       > Für Klaus Meier ist die „Spiegel“-Krise ein Symptom für die Probleme
       > vieler Medien, deren gedruckte Auflagen sinken, während Online kein Geld
       > bringt.
       
   IMG Bild: Da waren sie noch vereint: Mathias Müller von Blumencron (li.) und Georg Mascolo.
       
       taz: Herr Meier, die Chefredakteure von Spiegel und Spiegel Online werden
       entlassen. Dem einen wird ein Auflagenverlust des gedruckten Magazins
       vorgeworfen, dem anderen seine Weigerung, eine Bezahlstrategie für Spiegel
       Online umzusetzen. Passen Online und Print einfach nicht zusammen? 
       
       Klaus Meier: Momentan sind – zumindest nach außen – Spiegel und Spiegel
       Online mit Sicherheit zwei getrennte Medienwelten, die keine crossmediale
       Strategie erkennen lassen. Denken Sie nur an das Blogprojekt namens
       Spiegelblog: Die Printredaktion schreibt auf den Onlineseiten ein Blog über
       die eigene Arbeit, in das die Onlineredaktion aber nicht eingebunden ist
       und das die Onlineredaktion ziemlich geschickt auf der Website versteckt.
       
       Lassen sich die beiden Welten verbinden? 
       
       Ein komplexes Gefüge muss über Jahre zusammengeführt werden. Zuerst einmal
       müssten die Eigentümer ein Ziel formulieren und eine Strategie entwickeln,
       ob man zum Beispiel die Redaktionen integrieren will und eine Paywall
       errichten möchte – oder eben nicht.
       
       Über eine Bezahlstrategie wird beim Spiegel laut nachgedacht. Ebenso bei
       Bild Online. Was würde es für die deutschsprachige Medienbranche bedeuten,
       wenn Spiegel Online und Bild Online für manche Inhalte Paywalls hochzögen? 
       
       Wenn das immer mehr Medien einführen, wird eine Elite der Mediennutzer auch
       nach und nach bereit sein, für Journalismus zu zahlen. Die Entwicklung
       würde dann forciert. Es ist ein Trend, dass Medien, die von sich sagen,
       dass sie qualitativ hochwertigen Content anbieten, auch hinterherschicken,
       dass er etwas kosten muss. Aber es gibt verschiedene Modelle. Auch das
       freiwillige Bezahlmodell von taz.de fällt unter Bezahlstrategie.
       
       Daneben wird es immer einen breiten Markt für, abfällig gesagt, Junk Food
       geben, schnelle Nachrichten, die sich nur über Werbung finanzieren.
       Wahrscheinlich wird es eine Differenzierung geben zwischen einem
       Massenmarkt und einem hochwertigeren Journalismus, der Hintergründe
       aufbereitet und Orientierung bietet.
       
       Das würde heißen, dass es keine gedachte Trennung mehr zwischen Print und
       Online gibt, sondern zwischen aufwändig und wenig aufwändig? Das könnte man
       durchaus als Fortschritt beschreiben. 
       
       Ja, ich denke, dass es ein Publikum gibt, das hungrig ist nach
       hintergründigem Journalismus und dafür zu zahlen bereit ist, unabhängig vom
       Vertriebsweg. Bei der New York Times sehen wir das. Deren Bezahlstrategie
       funktioniert: ein differenziertes System, bei dem nicht einfach eine
       Schranke eingezogen wurde, hinter der alle Inhalte für die Abonnenten
       versteckt sind. Sondern es gibt verschiedene Stufen für verschiedene
       Nutzer.
       
       Reden wir über die Auflage des gedruckten Spiegels. Sie ist gesunken, liegt
       aber immer noch bei etwa 900.000 Exemplaren. Wo ist das Problem? 
       
       Das ist eine hohe Auflage, natürlich, nur ist sicher auch die
       Erwartungshaltung relativ hoch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die
       gedruckten Wochenmedien mehr Zukunft haben als Tageszeitungen. Aber
       offensichtlich sind manche Wochenmedien erfolgreicher als andere. Die Zeit
       hat kürzlich ihre historische Höchstauflage erreicht.
       
       Warum ist die Spiegel-Auflage Ihrer Meinung nach gesunken? 
       
       Es gibt im Internetzeitalter sehr viel Meinung und sehr viel
       interessengeleitete Information. Ich denke, dass Orientierungswissen, das
       nicht von vornherein den Touch von Einseitigkeit hat, von der
       Informationselite sehr geschätzt wird. Im Gegensatz zur Zeit kann der
       Spiegel mit seiner Tradition hier womöglich nicht so richtig gut punkten.
       
       Und das bedeutet für die taz? 
       
       Die taz ist ein Sonderfall, da sie in einem bestimmten Milieu entstanden
       ist und dieses auch heute bedient. Die taz tut gut daran, eine politische
       Richtung zu verfolgen, weil das die Zielgruppe so will. Natürlich wird die
       taz damit aber nicht in den Genuss einer Auflage von 500.000 kommen.
       
       9 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Raab
       
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