URI: 
       # taz.de -- Streit in der SPD: Linke Parteifreunde
       
       > Als roter Rambo ist Ralf Stegner in der SPD bekannt. Nun hat er einen
       > linken „Berliner Kreis“ gegründet, verärgert Genossen und bereitet einen
       > Karrieresprung vor.
       
   IMG Bild: Fähnchen im Winde. Und der weht von links.
       
       BERLIN taz | Ralf Stegner galt lange Zeit als kompromisslos. Das
       Aushängeschild der SPD-Linken hatte den Spitznamen „Roter Rambo“, war bei
       politischen Gegnern und nicht wenigen Parteifreunden gefürchtet. Spätestens
       seit der SPD-Chef in Schleswig-Holstein von seiner Partei vor einem Jahr
       als Spitzenkandidat für die Landtagswahl verschmäht wurde, wird gemutmaßt,
       ob es nicht Zeit für einen Wechsel nach Berlin sei.
       
       Er hat die Weichen für seine neue Rolle gestellt. Stegner hat sich als
       kompromissbereiter Koordinator des linken Parteiflügels mit Ambitionen für
       Spitzenpositionen positioniert. Im März hat er dafür mit einigen
       Mitstreitern den „Berliner Kreis“ gegründet. Das Forum will die
       verschiedenen Gruppierungen innerhalb der Parteilinken abstimmen, um ihre
       Schlagkraft zu erhöhen. Nur hat er dabei versäumt, die bisherigen Vertreter
       der linken Flügels zu integrieren. Sie fühlen sich übergangen.
       
       Er sagt es zwar selbst nicht, aber der Berliner Kreis spiegelt die
       Unzufriedenheit einiger pragmatischer SPD-Linker mit dem Zustand der
       Parteilinken insgesamt wider. Zu zersplittert in Parlamentarische Linke,
       Forum Demokratische Linke (DL21) und etliche Arbeitsgruppen ist die
       Strömung. Besonders das DL21, ein basisdemokratisch orientierter Verein,
       und seine Vorsitzende Hilde Mattheis hatten mit ihren strikt linken
       Forderungen und ihrer Kompromisslosigkeit für Unmut gesorgt.
       
       Zwar trägt das Wahlprogramm eine linke Handschrift, personell spielt die
       Parteilinke aber – mit Ausnahme der Generalsekretärin Andrea Nahles – in
       der Parteiführung kaum eine Rolle. Ralf Stegner macht deutlich, dass er das
       ändern will. „Wir wollen nicht nur inhaltlichen Einfluss nehmen, sondern
       auch personellen“, sagt er.
       
       ## Störende Karriereorientiertheit
       
       Vertreter des DL21 stört genau diese Karriereorientiertheit. Sie fühlen
       sich von Stegner und seinen Mitstreitern – Juso-Chef Sascha Vogt und Katrin
       Budde, SPD-Chefin in Sachsen-Anhalt – trotz aller freundlichen Beteuerungen
       übergangen.
       
       Im Vorfeld hatten sie nicht mit ihnen gesprochen und sie lediglich zum
       Gründungstreffen eingeladen. „Wir dürfen uns als Linke in der SPD nicht
       gegenseitig schwächen, sondern müssen uns stärken“, warnt DL21-Chefin Hilde
       Mattheis. Es bleibe der Verdacht, dass der Berliner Kreis nicht nur reine
       Koordinierungsaufgaben übernehmen wolle.
       
       Sie bleibt vorsichtig in ihrer Kritik. Der Berliner Kreis kann durchaus
       auch als Versuch ihrer Entmachtung gedeutet werden. Deutlich schärfer
       formuliert die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert,
       Vorstandsmitglied beim DL21, die Kritik an Stegner und Genossen. „Das ist
       eine unnötige Abspaltung innerhalb der SPD-Linken, darüber bin ich nicht
       begeistert“, sagt sie.
       
       Nach den ersten Äußerungen von Stegner habe es den Anschein, dass es vor
       allem um Posten gehe. „Sie beginnen mit Personaldebatten in einer Phase, in
       der es um Inhalte und Glaubwürdigkeit geht. Das ist nicht glaubhaft.“ Sie
       hofft, dass sich der Berliner Kreis totlaufen wird.
       
       ## „Kein Karrieristenverein“
       
       Stegner wehrt die Vorwürfe ab. „Wir haben keinen Karrieristenverein
       gegründet“, sagt er. Die SPD brauche die DL21 natürlich weiterhin. „Wir
       wollen niemanden ausgrenzen.“ Ohnehin versteht er die Aufregung um die
       Gründung der Berliner Kreises nicht. „Es kann doch nicht schaden, die
       Koordinierung des linken Flügels zu stärken.“
       
       Tatsächlich wirkt der Vorwurf, dass die Initiatoren des Berliner Kreises
       statt inhaltlicher Schwerpunkte vor allem ihre eigene Karriere im Blick
       haben, nicht allzu weit hergeholt. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wird
       in Kürze sein Komptenzteam vorstellen.
       
       In der SPD gehen einige davon aus, dass auch Ralf Stegner darin einen Platz
       finden könnte. „Stegner hat Akzeptanz in der Parteiführung, er wäre eine
       sehr gute Besetzung“, sagt eine bekannte SPD-Linke. Aus einer früheren
       Gegnerschaft zu Steinbrück sei längst ein gutes Arbeitsverhältnis geworden.
       
       Dass er selbst Ambitionen hat, in das Komptenzteam zu rücken, kommentiert
       Stegner nicht. „Es ist nicht sinnvoll, jetzt Bewerbungen dafür abzugeben,
       wir sind gut beschäftigt damit, dafür zu arbeiten, dass unsere
       Umfrageergebnisse besser werden“, sagt er.
       
       ## Die Konservativen wundern sich
       
       Dass die SPD-Linke sich jetzt gegenseitig ins Abseits befördert, sieht
       selbst der konservative Flüge der Partei mit Verwunderung. Johannes Kahrs
       ist prominenter Vertreter des Seeheimer Kreises, eines Zusammenschlusses
       der konservativen SPD-Abgeordneten. „Was Stegner da geritten hat, weiß ich
       nicht“, sagte er der taz. Die „Selbstkannibalisierung“ der SPD-Linken hält
       er für sinnlos.
       
       „Die SPD braucht eine starke Linke, es wäre schön, wenn die sich mal
       einigen könnten.“ Auch er vermutet, dass es beim Berliner Kreis vor allem
       um Postenverteilung geht. „Nun eine Gruppierung zu gründen, die das Fell
       des Bären verteilen will, bevor er erlegt ist, macht wenig Sinn“, sagt
       Kahrs. Und ohnehin komme es bei den Posten ja auf die Qualifikation der
       Leute an.
       
       Der Berliner Kreis hat bisher kaum Bedeutung innerhalb der Partei. Das
       sieht auch das Onlinelexikon Wikipedia so. Der Artikel zum Berliner Kreis
       wurde, kurz nachdem er Mitte März veröffentlicht wurde, gelöscht. Grund:
       „Offensichtlich fehlende enzyklopädische Relevanz: bisher völlig
       bedeutungslose Parteiströmung“.
       
       9 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Paul Wrusch
       
       ## TAGS
       
   DIR SPD
   DIR Peer Steinbrück
   DIR Ralf Stegner
   DIR Wahlkampf
   DIR SPD
   DIR SPD
   DIR Wahlkampf
   DIR SPD
   DIR SPD
   DIR SPD
   DIR Politik
   DIR SPD
   DIR SPD
   DIR Peer Steinbrück
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Andrea Nahles im „Brigitte“-Interview: Parteisoldatin zeigt sich nahbar
       
       Beim „Brigitte“-Interview spricht die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles
       offenherzig über ihre Gefühle. Sie lacht viel. Aber immer wieder scheinen
       Verletzungen durch.
       
   DIR Steinbrück kämpferisch auf SPD-Parteitag: Der Kapitalismus-Bändiger
       
       Auf dem Parteitag in Augsburg redet Peer Steinbrück Tacheles: Der
       SPD-Kanzlerkandidat geißelt die schwarz-gelbe „Koalition des Eigennutzes“.
       
   DIR Werber über SPD-Wahlkampfmotto: „Ein gelungener medialer Coup“
       
       Karsten Göbel, Chef der Agentur, die für die SPD den Slogan „Das Wir
       entscheidet“ konzipiert hat, findet nichts Schlechtes an den
       Plagiatsvorwürfen.
       
   DIR Wahlkampfmotto der SPD: Das Wir entgleitet
       
       Ausgerechnet eine Leiharbeitsfirma nutzt Steinbrücks Wahlkampfslogan – und
       zwar schon seit 2007. Trotzdem hält die Partei an dem Motto fest.
       
   DIR Wahlprogramm 2013: Die Wundertüte der SPD
       
       Das SPD-Wahlkampfprogramm setzt Schwerpunkte bei sozialen Themen und
       distanziert sich stellenweise von der Agenda 2010. Der Parteilinken reicht
       das nicht.
       
   DIR Wahlkampf der SPD: Motto nur geliehen
       
       Das SPD-Wahlkampfmotto „Das Wir entscheidet“ wird bereits seit Jahren von
       einer Leiharbeitsfirma genutzt. Diese will aber nicht gegen die Partei
       vorgehen.
       
   DIR Die SPD vor ihrem Bundesparteitag: Auf verlorenem Posten
       
       Peer Steinbrück soll Kanzler werden? Die Sozialdemokraten wirken
       inzwischen, als gäben sie den Wahlkampf bereits verloren.
       
   DIR Schlagloch Polit-Clowns: Der Zirkus zieht weiter
       
       Wenn Politik nur dazu dient, Reiche reicher und Arme ärmer zu machen,
       helfen nur noch Clowns. Doch hierzulande lebt die kryptorassistische
       Niedertracht.
       
   DIR Altkanzler Schröder bei SPD-Fraktion: „Ich bin nicht Moses“
       
       Beim Besuch der SPD-Fraktion lässt sich Gerhard Schröder feiern: für sein
       Nein zum Irakkrieg und die Agenda 2010. Das Rampenlicht genießt er
       sichtlich.
       
   DIR Das Wahlprogramm der SPD: Sozialdemokraten folgen Bürgerwillen
       
       Die SPD-Führung verteidigt die Agenda 2010 vehement – und will sie
       korrigieren. Der Mindestlohn soll eingeführt werden, der Spitzensteuersatz
       steigen.
       
   DIR Ärger für Steinbrücks Kampagnenleiter: Vertrauen gestört, Job weg
       
       Wieder Ärger im Steinbrück-Team: Der Wahlkampfmanager des
       SPD-Kanzlerkandidaten verliert seinen eigentlichen Job als
       Finanzstaatssekretär.