# taz.de -- Kommentar Magaret Thatcher: Englands bester Mann ist tot
> Thatcher ist verantwortlich für die Zerschlagung der Gewerkschaften und
> den Ruin des öffentlichen Sektors, vor allem des Gesundheitsdienstes.
> Ihre Politik lebt noch.
IMG Bild: Noch ist Großbritannien auf Thatchers Kurs.
Nur wenigen Menschen ist es vergönnt, dass eine politische Ideologie nach
ihnen benannt wird. „Thatcherismus“ steht für Deregulierung, Privatisierung
und die Zerstörung des Sozialstaats sowie des gesellschaftlichen
Gemeinschaftsgefühls.
Niemand hat die britische Gesellschaft stärker gespalten als die am
Montagmorgen verstorbene ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher. Sie
ist verantwortlich für die Zerschlagung der Gewerkschaften und den Ruin des
öffentlichen Sektors, vor allem des Nationalen Gesundheitsdienstes.
Eine ihrer ersten Amtshandlungen war ein großzügiges Geschenk an die
Reichen: Sie senkte den Spitzensteuersatz von 83 auf 60 Prozent.
Gleichzeitig erhöhte sie die Mehrwertsteuer von 8 auf 15 Prozent. Diese
Umverteilung des Reichtums nach oben setzte sie ohne vorherige Beratung mit
ihrem Kabinett durch.
Thatcher ist mit ihrem autoritären Führungsstil lange durchgekommen.
Unliebsame Kollegen hat sie öffentlich brüskiert oder gleich aus dem Amt
entfernt.
Während ihrer Amtszeit hat sie über hundert Minister verbraucht, sie
scharte Duckmäuser um sich. Die Hoffnung, dass sie als erste Frau an der
Spitze einer großen Nation feministischen Wind in die Politik bringen
würde, erfüllte sich nicht.
Für die Frauenbewegung interessierte sie sich nie, lediglich eine Frau
schaffte es während Thatchers langer Amtszeit ins Kabinett. US-Präsident
Ronald Reagan bezeichnete Thatcher als „Englands besten Mann“.
Dank Thatcher ist das Wort „handbagging“ in den englischen Wortschatz
eingegangen – sie hatte ihre Handtasche stets wie eine Waffe auf dem Tisch
postiert.
Das Wort bedeutet, etwas rücksichtslos durchzusetzen, so wie sie die
Bergarbeiter mit kaum verhohlener Schadenfreude unterbutterte. Mit der
Kopfsteuer verabschiedete sie sich endgültig von dem Prinzip, dass Reiche
mehr Steuern zahlen sollen als Arme.
Der damalige Parteivorsitzende der Konservativen, Kenneth Baker, sagte nach
ihrem Rücktritt, Thatcher sei die „größte britische Regierungschefin in
Friedenszeiten“ gewesen: „Eine Frau wie sie gibt es nicht noch mal.“
Zum Glück. Aber ihre Politik lebt weiter. Ihre Nachfolger, Tory wie Labour,
haben ihren Kurs in weiten Teilen fortgesetzt.
8 Apr 2013
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DIR Ralf Sotscheck
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