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       # taz.de -- Endlagersuche für Atommüll: Altmaier mit circa fünf Trümpfen
       
       > Der neue Entwurf für das Endlagersuchgesetz könnte die Prüfung von bis zu
       > fünf Standorten vorsehen. Gorleben bleibt dabei als Atommüllhalde im
       > Rennen.
       
   IMG Bild: Bleibt ein Kandidat: Gorleben.
       
       BERLIN dpa | Bei der neuen Atommüll-Endlagersuche könnten bis zu fünf
       Standorte in die engere Wahl kommen – das letzte Wort soll aber eine
       Bund/Länder-Kommission haben.
       
       Im Rahmen der gesetzlich notwendigen Kostenabschätzung wird – wie bisher
       auch – im neuen Entwurf für ein Endlagersuchgesetz mit der Prüfung von bis
       zu fünf Standorten kalkuliert. Letztlich hängt die Zahl aber auch von den
       Empfehlungen der Kommission ab. Über den neuen Entwurf, der der Deutschen
       Presse-Agentur vorliegt, soll am Dienstag eine Bund/Länder-Spitzenrunde
       entscheiden. Die Kosten der Suche nach Alternativen zu Gorleben werden auf
       zwei Milliarden Euro geschätzt.
       
       Zunächst hatte Der Spiegel über den neuen Entwurf berichtet, der aber bei
       der Zahl möglicher Standorte und Kosten keine Veränderungen gegenüber dem
       letzten Entwurf aus dem Januar enthält. Durch die vorgeschaltete Arbeit der
       aus 24 Personen bestehenden Kommission, die die Grundlagen der Suche
       erarbeiten soll, wird aber erst bis 2031 mit einer Endlagerentscheidung
       gerechnet. Zuvor war man von einem erfolgreichen Abschluss bis 2029
       ausgegangen. Das Suchgesetz soll noch vor der Bundestagswahl beschlossen
       werden.
       
       Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) warnte vor Spekulationen über die
       Zahl der zu prüfenden Standorte. „Da vor Beginn des eigentlichen
       Standortsuchprozesses eine Bund-Länder-Kommission bis Ende 2015
       Grundsatzfragen der Endlagerung erörtern soll, entbehrt es zum jetzigen
       Zeitpunkt jeglicher Grundlage, über die Zahl zu erkundender Standorte zu
       spekulieren“, sagte sein Sprecher der dpa. In dem Entwurf wird betont: „Das
       Gesetz sieht keine konkrete Anzahl von zu erkundenden Standorten vor, so
       dass für die Kostenschätzung auf Erfahrungswerte aus Deutschland und
       anderen Ländern (z. B. Schweiz, Schweden und Frankreich) zurückgegriffen
       werden muss“.
       
       ## Gorleben bleibt im Spiel
       
       So errechnen sich die geschätzten Gesamtkosten von bis zu über zwei
       Milliarden Euro: Für die Kostenschätzung werden bei der Prüfung von bis zu
       fünf Standorten je 100 Millionen Euro angenommen. Am Ende könnten zwei
       Optionen untertägig erkundet werden. Kosten: Je eine halbe Milliarde Euro.
       Für die Offenhaltung des Gorlebener Erkundungsbergwerks werden über 15
       Jahre Kosten von bis zu 300 Millionen oder Rückbaukosten von 150 Millionen
       genannt. Für die Bürgerbeteiligung und organisatorische Kosten werden
       Kosten von jährlich 20 Millionen Euro über 15 Jahre geschätzt.
       
       Der seit 1977 als einzige Option im Fokus stehende Standort Gorleben soll
       im Rennen bleiben – aber wie jeder andere Standort behandelt werden. Die
       Kosten für das neue Suchverfahren sollen laut Entwurf die
       „Abfallablieferungspflichtigen“ tragen, also die Energiekonzerne. Da sie
       aber bereits rund 1,6 Milliarden Euro in die Erkundung Gorlebens investiert
       haben, ist fraglich, ob sie diese Mehrbelastungen so ohne weiteres
       akzeptieren werden.
       
       Zunächst muss aber erst die Enquete-Kommission „zur Erörterung und Klärung
       von Grundsatzfragen für die dauerhafte Lagerung von hochradioaktiven
       Stoffen“ eingesetzt werden. Ihr sollen Abgeordnete sowie Vertreter von
       Umweltverbänden, Religionsgemeinschaften, Wissenschaft, Wirtschaft und
       Gewerkschaften angehören.
       
       ## Vorerst keine Transporte
       
       Dies war Bedingung des rot-grün regierten Niedersachsens, um einer Einigung
       unter Einbeziehung Gorlebens zuzustimmen. Ministerpräsident Stephan Weil
       (SPD) hofft, dass Gorleben durch strenge Kriterien rasch aus dem
       Suchverfahren rausfallen könnte. Kritiker monieren, dass über dem Salzstock
       ein ausreichendes Deckgebirge fehle, um den Atommüll für eine Million Jahre
       sicher von der Umwelt abzuschirmen.
       
       Um keine weitere Fakten zu schaffen und um den ergebnisoffenen Charakter
       des Neustarts zu demonstrieren, soll es keine weiteren Atommülltransporte
       in das nahe beim Salzstock gelegene oberirdische Zwischenlager Gorleben
       geben. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg haben ihre Bereitschaft
       signalisiert, den Müll vorerst in Zwischenlagern bei Atomkraftwerken zu
       lagern. In Frage kämen etwa Brunsbüttel oder Philippsburg. Insgesamt müssen
       noch 21 Behälter aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield
       und fünf Behälter aus La Hague zurückgenommen werden.
       
       Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte
       die Bereitschaft, sich an Lösungen zur Zwischenlagerung zu beteiligen. Er
       betonte am Sonntagabend im ARD-Bericht aus Berlin: „Wir sind grundsätzlich
       offen dafür.“ Dabei handele es sich um eine „wichtige vertrauensbildende
       Maßnahme“ gegenüber Niedersachsen.
       
       8 Apr 2013
       
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