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       # taz.de -- Arbeiter im KZ: Auschwitz und seine Mörder
       
       > Über 6.000 SS-Angehörige waren in dem Lagerkomplex tätig. Sie arbeiteten
       > als Wachmänner, Ärzte, Schlosser. Der Jüngste von ihnen wäre heute etwa
       > 85.
       
   IMG Bild: Neu angekommene Häftlinge auf der Todesrampe im KZ Auschwitz.
       
       BERLIN taz | „Arbeit macht frei“: Diese berühmt-berüchtigte Inschrift stand
       über dem Haupttor des Konzentrations- und Vernichtungslagers. Tatsächlich
       war Auschwitz die größte Todesfabrik aller Zeiten. Sie lag im polnischen
       Ostoberschlesien, das die Deutschen 1939 annektiert hatten.
       
       Als sowjetische Truppen das Lager am 27. Januar 1945 befreiten, fanden sie
       dort noch 7.650 schwerkranke und ausgemergelte Gefangene vor, zudem die
       Leichname von 600 Menschen, die die Nazis kurz zuvor ermordet hatten. In
       den Lagerhäusern entdeckten die Soldaten 350.000 Männeranzüge, 837.000
       Frauenkleider, große Mengen Kinder- und Babysachen – und 7,7 Tonnen
       menschliches Haar, versandfertig für das Deutsche Reich in Papiertüten
       verpackt.
       
       1,2 bis 1,6 Millionen Menschen sind in Auschwitz zwischen 1940 und 1945
       ermordet worden, davon über eine Million Juden. Der größte Friedhof der
       Menschheitsgeschichte war wie ein Industriebetrieb organisiert und vielfach
       unterteilt. 1940 entstand das „Stammlager“ Auschwitz I, knapp zwei Jahre
       später wurde Auschwitz II (Birkenau) gebaut.
       
       Hier befanden sich die Gaskammern und die Krematorien, hier wurden all jene
       ermordet, die man schon bei ihrer Einlieferung als „nicht arbeitsfähig“
       qualifiziert hatte. Aber auch die meisten derjenigen Häftlinge, die
       zunächst Zwangsarbeit leisteten, hielten nur Tage, Wochen oder Monate
       durch, so grauenhaft waren die Bedingungen. Auch sie starben in den als
       Duschraum getarnten Gaskammern.
       
       ## Bewacht durch die SS
       
       In Monowitz errichteten die Nazis das Lager Auschwitz III, dessen Insassen
       als Zwangsarbeiter in die Gummiwerke Buna des IG-Farben-Konzerns geschickt
       wurden. Zudem herrschte der Kommandeur von Auschwitz über weitere 45
       Nebenlager. Die Bewachung der Gefangenen lag in den Händen der SS.
       Elektrisch geladene Stacheldrahtzäune umgaben das riesige Gelände von
       Auschwitz I und II.
       
       Die Besatzung der Wachtürme sollte jede Flucht mit Schusswaffen verhindern.
       Diese Absperrung nannte man die kleine Postenkette. Weil aber viele der
       Gefangenen tagsüber außerhalb der Lagergrenzen arbeiten mussten, bildete
       eine große Postenkette die äußere Absperrung. Auch dort standen im Abstand
       von 200 Meter Wachtürme.
       
       Mehr als 6.000 SS-Männer waren in Auschwitz eingesetzt, hinzu kamen etwa
       170 SS-Aufseherinnen. Die SS war ein rassistischer Eliteverband der Nazis,
       zu dem man sich nur freiwillig melden konnte. Die SS führte große Teiles
       des Massenmords an den Juden aus.
       
       Die meisten der Auschwitz-Täter wurden zwischen 1906 und 1912 geboren und
       sind heute mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verstorben. Es
       gab aber auch viele jüngere SS-Angehörige, die zwischen 1919 und 1924
       geboren wurden. Der jüngste war zum Zeitpunkt seines mörderischen Einsatzes
       erst 16-jährig, wäre heute also 84 oder 85 Jahre alt.
       
       ## Etwa 5 Prozent waren Akademiker
       
       Die SS-Männer hatten zuvor die unterschiedlichsten Berufe erlernt, wie
       Tischler, Bäcker, Schlosser. Etwa 5 Prozent waren Akademiker. Dazu zählten
       Ärzte wie Josef Mengele, die an lebenden Menschen experimentierten.
       
       Die meisten SS-Männer wurden von der Lagerleitung in ihren angestammten
       Berufen beschäftigt – so sie nicht direkt als Wachen eingesetzt wurden.
       Keinem der Frauen und Männer in Auschwitz kann verborgen geblieben sein,
       was der Hauptzweck ihrer Arbeit war: die Vernichtung. Nur die wenigsten von
       ihnen standen jemals vor Gericht.
       
       8 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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