URI: 
       # taz.de -- Kritik an Steinbrücks Schulsport-Zitat: Rücksicht nicht erwünscht
       
       > Aus Rücksicht auf Muslime könnten Jungen und Mädchen auch getrennt in
       > Sport unterrichtet werden, findet SPD-Politiker Steinbrück. Nun wird er
       > heftig kritisiert.
       
   IMG Bild: Muss nicht immer koedukativ sein: Steinbrück über Schulsport.
       
       BERLIN taz | Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist mit einer Äußerung
       zum Islam in die Kritik geraten. Es war am Mittwoch in Berlin auf einer
       seiner „Klartext“-Veranstaltungen als Steinbrück von einem muslimischen
       Vater gefragt wurde, wie weit seine Toleranz bei getrenntem Sportunterricht
       reiche.
       
       Daraufhin hatte der Politiker mit Blick auf Einzelfälle betont, dass
       Schulen, falls möglich, Rücksicht auf die religiösen Gefühle nehmen und
       getrennten Sportunterricht anbieten könnten. Steinbrück machte deutlich,
       dass es sich um seine persönliche Meinung handle und verwies auf seine
       Frau, die Lehrerin ist und daher das Problem sehr gut kenne.
       
       Zwei Tage später hob die Bild-Zeitung diese Äußerung ins Blatt. „Rücksicht
       auf Islam!“ titelte sie dazu. Kritik erntete Steinbrück von mehreren
       Seiten. Patrick Döring, Generalsekretär der FDP, meinte: „Wir wollen
       Integration auf der Basis unserer Grundrechte – und dazu gehört die
       Gleichberechtigung von Mann und Frau.“
       
       „Das ist eine sehr unglückliche Äußerung“, sagte auch der Bürgermeister von
       Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), der Welt. Und Sevim Dagdelen von
       der Linken nannte die Äußerung Steinbrücks „das letzte Glied in der langen
       Kette seiner Totalausfälle“. Er stelle sich damit „auf die Seite der
       Anti-Aufklärer“. Berlins langjährige Ausländerbeauftragte Barbara John
       meinte in der Bild: „Von getrenntem Sportunterricht halte ich gar nichts.“
       Gegenüber der taz relativierte sie diese Aussage: „Natürlich muss man
       Rücksicht auf religiöse Gefühle nehmen. Aber solche Fälle sollten
       individuell und konkret gelöst werden.“
       
       ## Geltende Rechtslage
       
       Faktisch gab Steinbrück eine Haltung wieder, die weit verbreitet und
       geltende Rechtslage ist. 1993 hatte das Bundesverwaltungsgericht geurteilt,
       dass eine muslimische Schülerin vom Sportunterricht zu befreien sei,
       solange dieser nicht nach Geschlechtern getrennt angeboten werde. Das
       Gericht bezog sich darauf, dass Jungen und Mädchen im Sport ohnehin oft
       getrennt würden, die Koedukation sei also offenbar nicht pädagogisch
       geboten.
       
       Verschiedene Bundesländer haben Handreichungen zum Thema ausgegeben. In der
       Berliner Publikation „Islam und Schule“ wird die Trennung der Geschlechter
       empfohlen. Rheinland-Pfalz formuliert ähnlich. Auf taz-Anfrage hieß es aus
       den Kultusministerien Bayern und Baden-Württemberg, der Sportunterricht
       werde in der Sekundarstufe ohnehin meist getrennt angeboten.
       
       In Einzelfällen könnten Verhandlungslösungen gefunden werden. Auch die
       Islamkonferenz des Innenministeriums hat sich mit dem Problem befasst und
       geraten „Wenn möglich sollte der Schwimm- und Sportunterricht
       geschlechtergetrennt abgehalten werden.“
       
       5 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heide Oestreich
       
       ## TAGS
       
   DIR Peer Steinbrück
   DIR Muslime
   DIR Islam
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA