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       # taz.de -- Steueroasen im Vereinten Königreich: Paradies für Kriminelle aus aller Welt
       
       > Die britischen Jungferninseln unterstehen der Souveränität
       > Großbritanniens. Über Scheinfirmen werden dort Steuern hinterzogen.
       > Cameron gerät unter Druck.
       
   IMG Bild: Willkommen auf der Schatzinsel.
       
       BERLIN taz | Das Klima ist angenehm, die Temperaturen fallen nie unter 20
       Grad, das Meer ist sauber: Die Britischen Jungferninseln in der Karibik
       sind ein Urlaubsparadies für Sonnenhungrige – ganz im Gegensatz zu
       Großbritannien, unter dessen Souveränität sie stehen. Sie gehören
       allerdings weder dem Vereinigten Königreich noch der Europäischen Union an.
       Es sind „Britische Überseegebiete“. Früher nannte man sie Kolonien, sie
       sind ein Überbleibsel des ehemaligen britischen Weltreichs. Und sie ziehen
       Steuerhinterzieher aus aller Welt an.
       
       Die Veröffentlichung der 2,5 Millionen Dokumente, die vor allem die
       Jungferninseln als Steueroase identifizieren, habe „das Ansehen
       Großbritanniens beschmutzt“, sagte Lord Oakeshott, der Oberhaus-Abgeordnete
       der Liberalen Demokraten. Bisher habe man vor allem die Schweiz und
       Liechtenstein an den Steuerbetrugspranger gestellt.
       
       „Wie kann Premierminister David Cameron mit unbewegter Miene von der G 8
       verlangen, große Unternehmen zur Zahlung von Steuern zu zwingen“, fragte
       Lord Oakeshott, „während wir zulassen, dass die Britischen Jungferninseln
       britische Gesetze und britische Protektion missbrauchen, um Milliarden
       schmutzigen Geldes anzuziehen?“
       
       Auf den Jungferninseln sind mehr als eine Million Offshore-Unternehmen
       registriert – bei rund 30.000 Einwohnern. Aber auch andere Steueroasen sind
       bei britischen Unternehmen beliebt, mehr als 175.000 von ihnen verzeichnen
       Direktoren auf den Kanalinseln, der Isle of Man und in anderen Oasen. Deren
       Finanzbehörden haben keine Ahnung, wer sich hinter den illustren
       Firmennamen verbirgt. Sie interessiert nur, dass irgendjemand die jährliche
       Gebühr für die Registrierung eines Unternehmens entrichtet. Das sind meist
       Strohmänner, die sich als „Beauftragte“ bezeichnen und die Namen ihrer
       Kunden geheim halten.
       
       ## Vermittler sitzen in London
       
       Auf den Britischen Jungferninseln blüht das Geschäft seit den 80er Jahren,
       nachdem die damalige Premierministerin Margaret Thatcher die
       Devisenkontrolle abgeschafft hatte. Als Panama, bis dato die traditionelle
       Steueroase, im Jahr 1990 von den USA besetzt wurde, übernahmen die
       Jungferninseln diese Rolle. Das britische Außenministerium finanziert mit
       den Gebühren für die Registrierung der Offshore-Unternehmen einen Teil der
       ehemaligen Kolonien, und die Anwälte und Steuerberater in London verdienen
       sich als Vermittler eine goldene Nase.
       
       Sie behaupten, diese Offshore-Unternehmen bieten legitimen Schutz der
       Privatsphäre. David Palmer von der Organisation „Global Witness“, die
       weltweit gegen Korruption kämpft, sieht das anders. Er forderte Cameron
       auf, endlich zu handeln. Die Zeit ist gekommen, sich dieses Themas
       anzunehmen“, sagte er.
       
       „Schließlich hat Cameron versprochen auf dem G-8-Gipfel in Nordirland in
       diesem Jahr, gegen die geheimen Briefkastenfirmen vorzugehen. Er und die
       anderen Regierungschefs müssen sich verpflichten, Informationen über die
       Leute zu veröffentlichen, die solche Unternehmen letztendlich besitzen oder
       kontrollieren.“
       
       5 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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