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       # taz.de -- Kommentar Plätze im NSU-Prozess: Justiz ohne Kontrolle
       
       > Das Oberlandesgericht München verweigert sich jedem Kompromiss. Die
       > Richter nehmen offenbar an, es handele sich dabei um einen Freibrief für
       > Selbstherrlichkeit.
       
   IMG Bild: Das Festhalten an demokratischen Grundsätzen führt häufig zu internationalen Verwicklungen.
       
       Der Streit um die Platzvergabe beim NSU-Prozess ist inzwischen so
       verfahren, dass eine Lösung ohne Gesichtsverlust kaum noch möglich ist.
       Hauptschuldiger ist das Oberlandesgericht München, das sich stur jedem
       Kompromiss verweigert. Aber auch die türkische Regierung macht keine gute
       Figur. Sie erweckt den Eindruck, sich das Ausmaß der Unabhängigkeit
       deutscher Gerichte gar nicht vorstellen zu können. Ihre Forderung nach
       einem Eingreifen der Bundesregierung ist unerfüllbar. Andernfalls wäre das
       Prinzip der Gewaltenteilung ab sofort Makulatur.
       
       Das Festhalten an demokratischen Grundsätzen führt häufig zu
       internationalen Verwicklungen. Diplomaten freiheitlicher Staaten werden
       immer wieder mit dem Ansinnen konfrontiert, ihre Regierungen möchten doch
       endlich etwas gegen missliebige Kommentare unternehmen. Auch die DDR hat
       niemals geglaubt, dass Bonn kritische Berichte nicht einfach verhindern
       konnte. Sie verwechselte Pressefreiheit mit Provokation.
       
       Derlei Misstöne müssen ertragen werden. Sie sind ein Preis der Demokratie.
       In den letzten Tagen hat sich jedoch der Eindruck verstärkt, dass nicht nur
       Ankara, sondern auch das Oberlandesgericht München den Sinn einer
       unabhängigen Justiz verkennt. Die Richter nehmen offenbar an, es handele
       sich dabei um einen Freibrief für Selbstherrlichkeit.
       
       Für Medien gibt es Gremien der Selbstkontrolle, die Verstöße gegen das
       Berufsethos ächten, unabhängig von rechtlichen Verfehlungen. Sie werden
       ernst genommen. Rügen des Presserates sind unangenehm. Auch die Justiz muss
       sich derartigen Urteilen stellen. Sonst wird sie zum Relikt des
       Obrigkeitsstaates, gerade wegen des demokratischen Prinzips ihrer
       Unabhängigkeit. Was tragisch wäre. Das ist – erstaunlicherweise – die erste
       Lehre aus dem NSU-Prozess.
       
       4 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
       ## TAGS
       
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