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       # taz.de -- Kommentar Weltsozialforum: Lasst nicht jeden rein!
       
       > Das WSF hat seinen politischen Minimalkonsens unter die
       > Wahrnehmungsschwelle gedrückt. Diese daraus folgende Beliebigkeit birgt
       > ihre eigenen Gefahren.
       
       Das Weltsozialforum musste dieses Jahr im Land des Arabischen Frühlings
       stattfinden. Es musste dorthin gehen, wo die sozialen Bewegungen kürzlich
       Großes geleistet haben – auch wenn es dabei in den Strudel heikler
       politischer Konflikte gerät.
       
       Ob man dafür dem Regime in Tunis gleich „innenpolitische Neutralität“
       zusichern muss, wie es die lokalen Organisatoren getan haben, ist eine
       andere Frage. Die Erwartung jedenfalls, dass die Kontaktaufnahme zwischen
       den Basisbewegungen der Welt und dem postrevolutionären Maghreb für beide
       fruchtbar sein würde, war berechtigt. Und sie könnte sich durchaus erfüllt
       haben.
       
       Es war richtig, das Forum nach Tunesien zu bringen, auch wenn es hier
       Gruppen anzieht, deren Vision einer anderen möglichen Welt man lieber nicht
       am eigenen Leibe erleben will. Mit ihnen umzugehen, muss man lernen.
       
       Das kann aber nicht bedeuten, politischen Mist jedweder Couleur
       gleichermaßen willkommen zu heißen. Neben den Tausenden unterstützenswerten
       antikapitalistischen, ökologischen und basisdemokratischen Initiativen
       hatten auch Stalinisten und antisemitische Hetzer, Diktatorenfans und
       Scharia-Freunde ihren Platz. Außer Israel-Solidarität ist kaum ein Anliegen
       vorstellbar, für das man in den letzten Tagen vom WSF-Hof gejagt worden
       wäre.
       
       Das kommt nicht von ungefähr: Das WSF hat seinen politischen Minimalkonsens
       unter die Wahrnehmungsschwelle gedrückt. Es braucht aber eine stärkere
       Charta, die politische Standards festlegt. Der Ruf nach Grundsätzen, die
       fortschrittliche Mindeststandards festschreiben, ist kein Gesinnungs-TÜV
       und mitnichten eurozentrisch: Auch im Süden der Welt gehen die politischen
       Vorstellungen der sozialen Bewegungen weit auseinander. Das WSF darf darauf
       nicht mit politischer Beliebigkeit reagieren. Die „andere Welt“, für die
       hier gekämpft wird, sollte eine sein, in der halbwegs vernünftige Menschen
       gern leben würden.
       
       1 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
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