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       # taz.de -- Ukip-Partei in Grossbritannien: Gegen Arbeitslose und Migranten
       
       > Die Rechtspopulisten von der Ukip-Partei besetzen relevante Themen der
       > politischen Agenda. Das setzt die Parteien unter Zugzwang.
       
   IMG Bild: Von der Ukip nicht gern gesehen: Straßenszene in London.
       
       DUBLIN taz | Der Mann erscheint dem britischen Premierminister David
       Cameron vermutlich in Albträumen: Nigel Farage hat seine Partei, die
       rechtspopulistische [1][United Kingdom Independence Party] (Ukip), zu einem
       ernst zu nehmenden Konkurrenten der Tories gemacht.
       
       Ende vorigen Monats scheiterte die Ukip-Kandidatin [2][Diane James bei der
       Nachwahl in Eastleigh] nur knapp an dem Liberalen Demokraten Mike Thornton,
       verwies die Tory-Kandidatin aber deutlich auf den dritten Platz. Farage
       wurde auf dem kleinen Parteitag in Exeter am Wochenende deshalb mit
       Ovationen gefeiert.
       
       Sicher, es war eine Nachwahl, und bei solchen Gelegenheiten verpassen die
       Wähler der Regierungspartei gerne einen Denkzettel. Aber Ukip ist längst
       keine reine Protestpartei mehr, bei Meinungsumfragen kommt sie auf 16 bis
       17 Prozent. Damit liegt sie weit vor den Liberalen und nur zwölf Punkte
       hinter den Tories. Bei dieser Stimmverteilung hätte Cameron, der Ukip
       einmal als Ansammlung von „Trotteln, Verrückten und verkappten Rassisten“
       bezeichnet hat, keine Chance auf eine absolute Mehrheit bei den
       Parlamentswahlen in zwei Jahren, und selbst für eine Neuauflage der
       Koalition mit den Liberalen würde es knapp.
       
       Farage, der nächste Woche seinen 49. Geburtstag feiert, ist 1992 aus der
       Tory-Partei ausgetreten, nachdem die den EU-Verträgen von Maastricht
       zugestimmt hatte. Er war einer der Gründer von Ukip, die am Anfang jedoch
       lediglich ein Sammelbecken für europaskeptische Tories war und bei Wahlen
       keine Rolle spielte.
       
       Erst bei den Europawahlen 2009 gelang der Partei unter Führung von Farage,
       seit 2006 Parteichef, ein Durchbruch: Ukip gewann zwölf Mandate. Seitdem
       hat die Partei bei Nachwahlen immer wieder für Aufsehen gesorgt, auch wenn
       sie bisher keinen Abgeordneten im Unterhaus hat.
       
       ## Snobischer Tory-Flügel
       
       Viele Wähler, die den rechten Tory-Flügel als snobistisch und elitär
       empfinden, haben bei Ukip eine politische Heimat gefunden. Die Partei hat
       ihr ursprünglich reines Anti-EU-Programm auf benachbarte Themen ausgedehnt.
       55 Prozent der Wähler, die Ukip in Eastleigh ihre Stimme gaben, haben das
       aus Angst vor unkontrollierter Immigration getan.
       
       Farage nahm das Thema [3][auf dem Parteitag] in Exeter dankbar auf. Er
       verlangte, dass Immigranten fünf Jahre lang keine Sozialhilfe oder andere
       staatliche Unterstützung erhalten sollen. Langzeitarbeitslose sollen kein
       Bargeld mehr erhalten, sondern elektronische Karten, mit denen sie aber
       keine Zigaretten und keinen Alkohol kaufen können. Außerdem verlangte er
       Steuererleichterungen für Familien mit nur einem Einkommen.
       
       Ukip bestimmt längst die Agenda der anderen Parteien. Labour spricht von
       Einwanderungseinschränkung, und die Liberalen beerdigten vorige Woche
       offiziell ihre Forderung nach einer Amnestie für illegale Immigranten. Am
       Montag zog Cameron mit einer Rede in Ipswich nach. Er will EU-Bürger
       teilweise vom britischen Wohlfahrtssystem ausschließen. Wenn sie keine
       reellen Chancen auf einen Arbeitsplatz haben, soll ihnen das
       Arbeitslosengeld gekürzt werden.
       
       Anspruch auf eine Sozialwohnung sollen sie erst nach zwei Jahren erwerben.
       Diese Gesetze sollen rechtzeitig vor Beginn der Freizügigkeit für EU-Bürger
       aus Rumänien und Bulgarien Ende des Jahres in Kraft sein. Experten halten
       das für Panik. Sie erwarten rund 13.000 Einwanderer aus den beiden Ländern.
       Cameron hat vielleicht Grund zur Panik. Vor kurzem hat sich Medienzar
       Rupert Murdoch zum ersten Mal mit Farage getroffen. Prompt kamen
       [4][Spekulationen] auf, dass sein Boulevardblatt Sun vor den nächsten
       Wahlen zu Ukip [5][umschwenken könnte].
       
       27 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.ukip.org/
   DIR [2] http://www.guardian.co.uk/politics/blog/2013/feb/28/eastleigh-byelection-results-live-blog
   DIR [3] http://ukip.org/content/latest-news/2990-nigel-farage-at-exeter-spring-conference
   DIR [4] http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2013/mar/22/will-sun-back-ukip-2015
   DIR [5] http://www.independent.co.uk/news/people/diary/matthew-norman-on-monday-a-ukip-alliance-murdoch-may-have-news-for-leveson-7669148.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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