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       # taz.de -- Fatmire Bajramajs Comeback: Das Streben nach Normalität
       
       > Vorzeigefußballerin Fatmire Bajramaj kehrt nach mehrmonatiger
       > Verletzungspause wieder in die Bundesliga zurück. Die Leidenszeit hat ihr
       > zugesetzt.
       
   IMG Bild: Ihre Zeit auf der Bank näher sich dem Ende: Fatmire Bajramaj (Mitte).
       
       HERZOGENAURACH taz | Lächeln kann sie auf Kommando. Ob im Scheinwerferlicht
       vor den Kameras, beim Interview oder auf einer Bühne bei einer
       Preisverleihung. Fatmire Bajramaj hat wirklich eine gute Figur gemacht, als
       der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Montagabend in Herzogenaurach seine
       diversen Integrationspreise vergab. Schließlich ist sie nicht nur Spielerin
       beim 1. FFC Frankfurt, sondern auch Integrationsbotschafterin des
       Verbandes.
       
       Und doch wirkte die gute Laune der aus dem Kosovo stammenden Fußballerin
       gar nicht mal aufgesetzt. „Ich fange jetzt das Mannschaftstraining wieder
       an. Ich bin schon ein bisschen aufgeregt“, säuselte die 24-Jährige am
       Mikrofon vor den vielen Ehrengästen und verschwieg, dass sie am Mittwoch
       schon ein bisschen mehr vorhat.
       
       Wenn nämlich ihr Verein das Benefizspiel beim von der Pleite bedrohten FCR
       2011 Duisburg bestreitet, wird die einstige Fußballerin des Jahres
       gemeinsam mit den Mitspielerinnen den Rasen betreten. „Ich werde mit den
       Mädels das Aufwärmtraining mitmachen. Ich freue mich, ich habe so viel Zeit
       alleine auf dem Platz mit meinen Reha-Trainer verbracht“, bekannte Fatmire
       Bajramaj später.
       
       ## Die Angst vor dem Zweikampf
       
       Rund drei Wochen soll es dann noch dauern, bis sie grünes Licht für einen
       Einsatz in der Bundesliga signalisiert – zur Not auch erst einmal in der
       zweiten FFC-Mannschaft. „Ich mache alles mit dem Ball. Ich schieße, ich
       mache Sprints, alles, was man braucht, aber im Zweikampf halte ich mich
       noch zurück, da habe ich noch Angst.“
       
       Das muss man verstehen. Rückblende. Am 30. September vergangenen Jahres
       stehen sich die beiden verfeindeten Spitzenteams aus Potsdam und Frankfurt
       gegenüber. Die Stimmung im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion ist vergiftet,
       weil der FFC kurz vor Schluss einen tragischen Zusammenstoß zweier
       Potsdamer Spielerinnen zu seinem Vorteil nutzt.
       
       Während die Verletzten am Seitenrand behandelt werden, erzielen die Gäste
       den Siegtreffer. Torschützin? Fatmire Bajramaj, die ehemalige Potsdamerin.
       Ihr Jubel fällt verhalten aus. Kurz danach kommt es nahe des
       Mittelfeldkreises zum Zweikampf mit Tabea Kemme, bei dem sich Bajramaj
       einen Kreuzbandriss zuzieht. Nun ist die Empörung auf Frankfurter Seite
       groß.
       
       Lange hatte Fatmire Bajramaj zuletzt geschwiegen, nun sagt sie: „Ich würde
       niemals behaupten, dass Tabea Kemme mich absichtlich verletzt hat. Ich
       kenne sie aus der Potsdamer Zeit. Sie hat mir danach geschrieben, und sie
       hat mir gute Besserung gewünscht. Wir haben uns beim Hallencup in Magdeburg
       gesehen, und ich habe so getan, als wäre alles wieder normal.“
       Revanchegedanken? „Um Gottes willen!“
       
       ## Die Hilfe des Verlobten
       
       Da ist jemand um Normalität bemüht. Wenn am 24. April im Frankfurter
       Stadion am Brentanobad das Rückspiel steigt, wird sie vermutlich noch
       einmal genauso brav auf der Tribüne sitzen wie am Ostersonntag beim
       Heimspiel gegen den VfL Sindelfingen.
       
       Wer jetzt mit Deutschlands glamourösester Spielerin redet, spürt, dass ihr
       die Leidenszeit zugesetzt hat. Sie sagt selbst, dass sie ohne die Hilfe
       ihres Verlobten Enis Alushi, Zweitligaprofi beim 1. FC Kaiserslautern und
       zufälligerweise fast zeitgleich von derselben Verletzung heimgesucht, die
       lange Reha in Neu-Isenburg nicht so gut durchgestanden hätte. „Das war eine
       große Hilfe. Wir waren jeden Tag zusammen. Von morgens bis abends. Speziell
       wenn ich an Tagen keine Lust hatte, hat er mich mitgezogen.“
       
       Und noch einen Antrieb hatte sie: die Frauen-EM in Schweden (10. bis 28.
       Juli). „Dafür mache ich das alles, sonst würde irgendetwas in meinem Kopf
       nicht stimmen.“ Bundestrainerin Silvia Neid hat sich erst vor wenigen Tagen
       nach ihr erkundigt. Sie weiß jedoch, dass die unberechenbare Dribblerin in
       einem langen Turnier eine große Hilfe sein kann. Aber dazu muss ihre
       Unbeschwertheit auch auf dem Platz zurückkehren. Und das kann schwieriger
       werden, als auf Kommando ein Lächeln in die Menge zu werfen.
       
       27 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
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