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       # taz.de -- EU-Studie zu illegalen Musikdownloads: Die Industrie jammert zu Unrecht
       
       > Illegale Downloads schaden dem digitalen Verkauf von Musik weniger als
       > befürchtet, sagt eine neue Studie. An der Untersuchung nahmen 16.000
       > EU-Bürger teil.
       
   IMG Bild: Ziel der Studie war es, die Auswirkungen illegaler Downloads und legaler Streamingdienste auf den digitalen Verkauf von Musik zu untersuchen.
       
       BERLIN taz | Eine [1][neue Studie] der EU („Digital Music Consumption on
       the Internet: Evidence from Clickstream Data“) kommt mit überraschenden
       Ergebnissen daher: Illegale Downloads schaden dem digitalen Verkauf von
       Musik weitaus weniger, als die Musikindustrie beklagt. Die Studie stammt
       vom Joint Research Centre, dem Wissenschaftsservice der Europäischen
       Kommission, und wurde vom angehörigen [2][Institute for Prospective
       Technolgical Studies (IPTS)] in Auftrag gegeben. Verfasst haben sie die
       beiden Wirtschaftswissenschaftler [3][Luis Aguiar und Bertin Martins].
       
       Das Ziel der Studie war es, die Auswirkungen illegaler Downloads und
       legaler Streamingdienste auf den digitalen Verkauf von Musik zu
       untersuchen. Als statistische Grundlage dafür dienten Aguiar und Martins
       Daten über das Klickverhalten von mehr als 16.000 EU-Bürgern.
       
       Diese bekamen sie von NetView, einem Service mit dem das
       [4][Markforschungsunternehmen Nielsen] Internetnutzung misst. Die Daten
       wurden über das gesamte Jahr 2011 gemessen und stammen aus den fünf
       bevölkerungsreichsten EU-Ländern: Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
       Italien und Spanien.
       
       Für die Studie haben die Autoren Klickzahlen analysiert und daraus
       Rückschlüsse gezogen. Die Studie besagt, dass einer um zehn Prozent
       gesteigerten Klickzahl auf illegale Musikwebseiten nur eine Steigerung um
       0,2 Prozent auf legalen Webseiten gegenüber stünde. Legale
       Streamingangebote lösten mit 0,7% eine geringfügig höhere Steigerung der
       Klickzahlen bei den legalen Downloadportalen aus.
       
       ## Kein Zusammenhang
       
       Für Aguiar und Martins lasse sich daraus kein nennenswerter Zusammenhang
       zwischen dem Konsum illegal erworbener und legal erworbener Musik
       schließen. Außerdem schlussfolgern sie aus ihren Auswertungen, dass die
       überwiegende Mehrheit der Nutzer illegaler Downloadportale die Musik nicht
       auf legale Weise erworben hätte, selbst dann nicht, wenn ihnen keine
       illegalen Wege zur Verfügung stünden.
       
       Insgesamt sei daher festzuhalten, dass der illegale Erwerb den legalen
       nicht ersetze, so Aguiar und Martins. Zwar werden bei illegalem Download
       von Musik Urheberrechte verletzt, ein größerer Schaden an den Einnahmen
       durch digitale Musik sei jedoch nicht zu befürchten.
       
       Auffallend sind auch die zum Teil erheblichen Unterschiede der Ergebnisse
       unter den Ländern. Verglichen mit Deutschland weise Spanien bei illegalen
       Downloadportalen 230 Prozent mehr Klicks auf. Auf die Ursachen gehen die
       Autoren nicht weiter ein. Es gäbe mehrere Gründe, auch kultureller
       Herkunft, für solche Unterschiede.
       
       ## Onlinepiraterie
       
       Studien über die Auswirkungen illegaler Downloads auf die Musikindustrie
       hatte es schon zuvor gegeben. Diese beschränkten sich allerdings auf die
       Auswirkungen auf den physischen Markt in Form von CD-Käufen und anderen
       analogen Vertriebsweisen.
       
       Dort stellte sich schnell ein Konsens ein, dass Onlinepiraterie der Branche
       tatsächlich schadet. Beispiele einiger dieser Studien sind [5][„The Effect
       of Internet Piracy on Music Sales“] von [6][Martin Peitz] und [7][Patrick
       Waelbroeck] (2004) oder [8][„Measuuring the Effect of Filesharing on Music
       Purchase“] von [9][Alejandro Zentner] aus dem Jahr 2006.
       
       Luis Aguiar und Bertin Martins war es deshalb wichtig, zu betonen, dass
       sich ihre Studie auf den den digitalen Erwerb von Musik bezieht. Den
       erlittenen Schaden der gesamten Musikbranche wollten sie dadurch nicht
       relativieren. Politische Empfehlungen aufgrund ihrer Ergebnisse wollten die
       Autoren explizit nicht geben.
       
       22 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://ftp.jrc.es/EURdoc/JRC79605.pdf
   DIR [2] http://ipts.jrc.ec.europa.eu/
   DIR [3] http://is.jrc.ec.europa.eu/pages/staff.html
   DIR [4] http://nielsen.com/content/corporate/de/de.html
   DIR [5] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1145904
   DIR [6] http://peitz.vwl.uni-mannheim.de/
   DIR [7] http://ses.telecom-paristech.fr/waelbroeck/index_US.html
   DIR [8] http://www.mendeley.com/catalog/measuring-effect-file-sharing-music-purchases-1/#
   DIR [9] http://jindal.utdallas.edu/faculty-and-research/alejandro-zentner/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Blum
       
       ## TAGS
       
   DIR Illegale Downloads
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