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       # taz.de -- Radsportlerin gegen Scharping: „Es ist unfassbar“
       
       > Mountainbike-Olympiasiegerin Sabine Spitz fordert einen Neuanfang im
       > deutschen Radsport – ohne BDR-Präsident Rudolf Scharping.
       
   IMG Bild: Streit um den Präsidenten-Posten: Sylvia Schenk (li.) möchte BDR-Chef Rudolf Scharping ablösen.
       
       Am Samstag wird in Gelsenkirchen von den Delegierten des Bundes Deutscher
       Radfahrer (BDR) ein neuer Verbandspräsident gewählt. Amtsinhaber ist der
       frühere Verteidigungsminister Rudolf Scharping, dessen Amtsführung in der
       Kritik steht. Sylvia Schenk, Chefin der deutschen Sparte von Transparency
       International, möchte Scharping ablösen. Sie will den BDR reformieren und
       für einen Imagewandel sorgen. Ein Gespräch mit Mountainbike-Olympiasiegerin
       Sabine Spitz über den Machtkampf im Radsportverband. 
       
       taz: Frau Spitz, wie stehen Sie zu einer Kanditatur von Sylvia Schenk als
       Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer und einer möglichen Ablösung von
       Rudolf Scharping? 
       
       Sabine Spitz: Es wäre wichtig für den Radsport und es würde mich persönlich
       freuen, wenn Frau Schenk am Samstag gewählt würde. Es ist Zeit für einen
       Wechsel. Das würde dem Sport helfen, die aktuellen Herausforderungen zu
       bewältigen.
       
       Warum ist Sylvia Schenk in Ihren Augen die Richtige? Sie war ja schon
       einmal BDR-Präsidentin, von 2001 bis 2004. Damals ist sie gescheitert, wie
       sie selbst sagt. 
       
       Ich kenne sie noch aus ihrer ersten Amtszeit sehr gut. Sie hat genau das,
       was wir im Radsport brauchen: Glaubwürdigkeit. Sie geht mit Problemen offen
       um, spricht diese messerscharf an und zeigt auch Perspektiven auf. Und sie
       ist eine Frau des Leistungssports. Sie kümmert sich um die Dinge, spricht
       mit den Sportlern und nimmt diese ernst.
       
       Sie hat auch keinen Respekt vor althergebrachten Strukturen und den Mut,
       diese in Frage zu stellen. Das ist ihr beim letzten Mal vielleicht zum
       Verhängnis geworden. Diese Erfahrung wird sie jetzt positiv nutzen können.
       Ich hoffe sehr, dass sie die notwendige Unterstützung findet. Nur wenn das
       Team funktioniert und eine Sprache spricht, kann man Positives für den
       Radsport bewirken.
       
       Kann sie sich überhaupt gegen das Scharping-Lager durchsetzen? 
       
       Ich bin Leitungssportlerin. Von den Funktionärsstrukturen bin ich sehr weit
       weg. Ich weiß, dass etliche Landesverbände wie NRW, Württemberg und Sachsen
       die Kandidatur unterstützen. Das alleine wird aber noch nicht reichen.
       
       Was müsste dringend im Verband getan werden? 
       
       Das größte Problem ist, dass der Radsport im Allgemeinen von den
       Staßenrennen der Männer geprägt und dominiert ist. Das entspricht nicht
       mehr den Realitäten und führt ins Abseits. Von einer professionellen
       Vermarktung aller Radsportbereiche wie Mountainbike ist man meilenweit
       entfernt und sieht noch nicht einmal die Notwendigkeit dazu, das ist
       vielleicht das Schlimmste. Man nimmt wohl an, der Männer-Straßenradsport
       wäre noch immer ein Selbstläufer. Aber das ist nicht so.
       
       Ich werde manchmal das Gefühl nicht los, dass man die anderen Disziplinen
       noch immer nicht als sportlich gleichwertig erachtet. Das ist aber die
       Voraussetzung, um im Leistungssport nachhaltig erfolgreich zu sein. Olympia
       in London war zwar sportlich top, aber auf einer langfristigen Strategie
       ist dieser Erfolg nicht aufgebaut.
       
       Was würde es bedeuten, wenn Scharping Präsident bliebe? 
       
       Ich vermute, dass alles genau so weitergehen würde wie bisher. Das heißt,
       dass der Radsport mit all seinen Facetten nicht so gefördert werden würde
       wie das notwendig und wichtig wäre. Auch in Sachen Antidopingkampf kann ich
       keine allzu progressive Haltung erkennen. Es ist eher ein Reagieren als ein
       Agieren.
       
       Innerhalb des Weltverbandes UCI gibt es auch keine besonders aktive Rolle
       durch den BDR. Statt die Initiative „Change Cycling Now“ zu unterstützen
       und damit den Druck auf den Weltverband zu erhöhen, gibt es eine
       abwartende, zögerliche Haltung. Ich glaube nicht, dass das im Sinne der
       Aktiven ist.
       
       Ich nehme an, Sie unterstützen das Vorhaben von Change Cycling Now, die ja
       den Weltverband erneuern wollen, von ganzem Herzen? 
       
       Ja, absolut. Bei der UCI muss grundlegend und dringend etwas passieren. Die
       jetzige Führungsriege hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren und ist ein
       Skandal für den Sport. Für mich ist es unfassbar, wie dort agiert wurde und
       wohl auch weiter agiert wird. Das Scheitern der Untersuchungs-Kommission
       zum Fall Armstrong ist dafür das beste Beispiel. Ich habe eigentlich kein
       Verständnis dafür, dass sich noch nichts bewegt hat.
       
       Halten sie das Radsport-Funktionärswesen generell für reformierbar? 
       
       Alles ist reformierbar mit den richtigen Personen und dem notwendigen
       Willen.
       
       21 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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