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       # taz.de -- Ex-Militärdiktator in Guatemala: Der alte Schlächter vor Gericht
       
       > 15 Massaker, 1.771 Tote, 400 zerstörte Maya-Dörfer: Efraín Ríos Montt,
       > ehemaliger Militärdiktator Guatemalas, wird endlich der Prozess gemacht.
       
   IMG Bild: Efraín Ríos Montt (l.) spricht mit der Presse – aber nicht vor Gericht.
       
       SAN SALVADOR taz | „Ich werde aussagen, aber nicht jetzt“, sagte der
       86-jährige Angeklagte Efraín Ríos Montt am Dienstag zum Auftakt des
       Prozesses gegen ihn. Und so begann der Prozess gegen den ehemaligen
       Militärdiktator Guatemals mit der Schilderung zweier Zeugen, die eines der
       zur Verhandlung stehenden Massaker überlebt haben.
       
       Sie erzählten, wie die Soldaten ins Dorf kamen, Männer und Frauen, Alte und
       Kinder erschlugen und die Häuser niederbrannten. Gut 30 Jahre haben sie
       darauf gewartet, dies einem Richter erzählen zu können. Nun steht zum
       ersten Mal einer der großen Schlächter der zentralamerikanischen
       Bürgerkriege der 1980er-Jahre vor Gericht.
       
       Konkret geht es um fünfzehn Massaker in den Jahren 1982 und 1983 in der
       überwiegend von Indígenas bewohnten ländlichen Provionz Quiché. 1.771
       Männer, Frauen und Kinder der Maya-Ethnie Ixil waren dabei ermordet worden.
       Es handelt sich dabei nur um einen kleinen Ausschnitt der Bluttaten der
       Armee in der sechzehn Monate dauernden Regierung von Ríos Montt.
       
       Über 400 Maya-Dörfer wurden in dieser Zeit restlos zerstört. Es waren die
       blutigsten Jahres des von 1960 bis 1996 währenden Bürgerkriegs mit seinen
       über 200.000 Toten. Eine UN-Wahrheitskommission hatte schon 1999
       festgestellt, dass in dieser Zeit ein von höchster Ebene angeordneter
       Völkermord an den Maya stattgefunden habe. Namen durfte der
       Abschlussbericht nicht nennen. Neben Ríos Montt ist nun auch dessen
       damaliger Geheimdienstchef Mauricio Rodríguez Sánchez angeklagt.
       
       ## 84 Zeugen
       
       „Wir werden beweisen, dass das Militär in den vorliegenden Fällen planmäßig
       gegen die indianische Bevölkerung vorgegangen ist“, sagte Staatsanwalt
       Orlando López. Die Militärführer im Feld seien von oberster Stelle zu ihrem
       Vorgehen ermuntert worden.
       
       Um eine durchgehende Befehlsketten von Ríos Montt bis hin zu den direkten
       Tätern vor Ort nachzuweisen, will die Staatsanwaltschaft 84 Zeugen, 61
       materielle Beweise und 126 Dokumente präsentieren. Man geht davon aus, dass
       der Prozess rund einen Monat dauern wird.
       
       Die Anwälte hatten lange versucht, den Beginn des Prozesses mit Beschwerden
       und anderen Verfahrenstricks zu verzögern. Auch am Dienstag versuchten sie
       es noch einmal. Ríos Montt präsentierte einen neuen Verteidiger, der als
       erstes beantragte, fünf Tage Zeit zur Einarbeitung zu bekommen.
       
       ## Persönliche Feindschaft zur Richterin
       
       Gleichzeitig beantragte er die Abberufung der vorsitzenden Richterin Jazmín
       Barrios mit der Begründung, er pflege eine persönliche Feindschaft mit ihr.
       Erst als diese und fünf weitere Anträge abgelehnt worden waren, konnte die
       Verhandlung beginnen.
       
       Der Saal war gefüllt mit Journalisten, Menschenrechtlern und Angehörigen
       der Opfer, unter ihnen die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú, die
       seit über einem Jahrzehnt versucht hatte, Ríos Montt vor ein
       internationales Gericht zu bringen. Dass dies eines Tages in Guatemala
       selbst geschehen würde, „hat bis vor kurzem niemand für möglich gehalten“,
       sagte die ebenfalls anwesende Hohe Menschenrechtskommissarin der Uno, Navi
       Pillay.
       
       Der Prozess ermutige „die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in aller
       Welt“. Guatemalas Präsident Otto Pérez Molina freilich hat sein Urteil
       schon gesprochen: „Es gab keinen Völkermord in Guatemala“, sagte der
       General im Ruhestand. Er war damals als Kommandeur im Feld an dem Kriegszug
       des Angeklagten in der Provinz Quiché beteiligt.
       
       20 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cecibel Romero
       
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