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       # taz.de -- Roberto Matta im Museum Frieder Burda: Halb Mensch, halb Maschine
       
       > Der chilenische Künstler Matta erlangte mit seiner
       > surrealistisch-abstrakten Malerei großen Einfluss auf den amerikanischen
       > Abstract Expressionism.
       
   IMG Bild: Matta, Theorie de l'Arbre, 1941.
       
       Dass er einmal zu den Surrealisten gehört haben soll, befreundet mit
       Salvador Dalí und Marcel Duchamp, mag man kaum glauben. Denn wo diese das
       Realistische liebten und darstellten, wenn auch erhöht, verfremdet,
       verzerrt, eben surrealistisch, blieb Roberto Matta sehr abstrakt.
       
       Wo Dalí Giraffen, Schubladen und fließende Uhren in seine Bilder stellt und
       Duchamp sich seinen Spaß mit Pissoirs und Fahrrädern erlaubte, zeigt Matta
       undeutliche Figuren, halb Mensch, halb Maschine, schwebende Gegenstände,
       von denen man oft nicht weiß, was sie darstellen, auseinanderfallende
       Wände, explodierende Welten. Etwas inhaltsleer muten viele seiner Bilder an
       – so, wie sie jetzt das Museum Frieder Burda zeigt.
       
       Bekannt auch als Vater des Künstlers [1][Gordon Matta-Clark] wurde Matta
       als Roberto Antonio Sebastian Matta Echaurren am 11. 11. 1911 in Santiago
       de Chile geboren. Er studierte Architektur, ging 1933 zu Le Corbusier nach
       Paris, wo er Dalí, Rafael Alberti und Garcia Lorca kennenlernte. Dazu André
       Breton, der ihn ungefragt zum Surrealisten erklärte.
       
       Alle waren sie begeistert von seiner Energie, die sich vor allem in seinen
       Zeichnungen manifestierte, aber auch in Bildern, seinen „Morphologies
       psychologiques“, die von Flecken ausgingen, sich in Landschaften
       verwandelten und Gefühle und Zustände assoziieren ließen. Vor dem Krieg
       flüchtete der Chilene, der 1938 zu malen begonnen hatte und sich nach einem
       Rat von Dalí nur noch Matta nannte, nach New York, wo er sofort berühmt
       wurde:
       
       Seine Methode, mit einem Schwamm Farbe aufzutragen und sich von den
       Verläufen führen zu lassen wie in einer Art automatischer Malerei, sollte
       einen großen Einfluss auf den abstrakten Expressionismus haben, vor allem
       auf die drippings von Jackson Pollock. Die Surrealisten warfen ihn mal aus
       ihren Vereinigungen, mal nahmen sie ihn wieder auf. 1948 kehrte Matta nach
       Europa zurück und lebte bis zu seinem Tod 2002 vor allem in Italien. Er
       nahm viele Einflüsse in seine Kunst auf, auch die etwa der sozialkritischen
       Wandmalereien des mexikanischen Künstlers Diego Rivera.
       
       ## Mit geballten Fäusten
       
       Im [2][Museum Frieder Burda] sind jetzt rund 30 großformatige Gemälde von
       ihm zu sehen, es ist ein Ausschnitt einer etwas größeren Ausstellung im
       Bucerius Kunst Forum Hamburg, die Anfang Januar zu Ende ging. Außen vor
       bleiben viele Werke, in denen Matta sich etwas konkreter mit politischen
       Ereignissen auseinandersetzte, den Folterungen während des Algerienkriegs,
       der Hinrichtung des Kommunisten Julian Grimau in Spanien oder mit dem
       Prozess um die Rosenbergs, für die er ein Bild mit dem sprechenden Namen
       „Les Roses sont Belles“ malte:
       
       Man sieht aber nur eine Art grauen Ofen und menschenähnliche
       Maschinengestalten, die mit geballten Fäusten auf eine Grube in der Mitte
       weisen. Oder das erschreckende „Burn, baby, burn“, das Mitte der sechziger
       Jahre entstand, ein gewaltiges Schlachtengemälde mit Krieg führenden
       Maschinen, zerstörten Fahrzeugen, orangefarbenen Flammen und smaragdgrünen
       Weiden.
       
       Die Ausstellung konzentriert sich leider auf eher vage bleibende Bilder von
       undefinierbaren Räumen, auf sphärische Gemälde mit häufig strahlenden
       Farben. Wie in „Splitting the Ergo“ („Das Also teilen“, mit der netten
       Anspielung auf „Das Ego teilen“, 1946): In blendendem Orange sieht man
       etwas durch die Luft schweben, was an Leitern, Segel, Bretter, Teile eines
       Schiffs erinnert. Es sind übereinandergeschachtelte Räume und versetzte
       Ebenen, die sich wie von selbst zu ordnen scheinen, in Reih und Glied
       miteinander tanzen.
       
       Oder „Evolution d’une cible“ (1956), wo gerade ein viereckiger Kasten in
       einem freundlich blauen Nebel durchwaberten Raum auseinanderstrebt, weiße
       Striche überdecken chiffrenartig die leise Explosion, aus dem Innern bricht
       etwas unerkennbar Braunes hervor. Und dennoch steht das Bild starr und
       still vor einem.
       
       ## Grauweiße Nebelwolken
       
       Oder „D’Être fou“ (1968): Hier drängen sich gelblich-grüne, undefinierbare
       Fabrikteile in den Vordergrund, es könnten Tanks sein oder Maschinen,
       dazwischen ragen flache Teile hinein, grauweiße Nebelwolken sind strichelig
       angedeutet – all das stellt eine bedrohlich-giftige Atmosphäre her, und
       fast zufällig erkennt man in der Mitte des Bildes eine menschliche Gestalt,
       die schon fast aussieht wie eine Maschine.
       
       Immer wieder kommen technische und geometrische Gebilde vor, skurrile,
       groteske, comicartige Gestalten, die vom Ungeheuer Industrie sprechen,
       gleichzeitig sind seine Bilder aber auch archaisch und erzählen vieldeutig
       oder auch undeutlich von den Träumen und Albträumen des Unbewussten. Andere
       schwelgen in feinsten, malerischen Strukturen und spielen mit biomorphen
       Strukturen: Festlegen lassen wollte Matta sich nie, nicht auf ein Stil,
       nicht auf ein Thema.
       
       19 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Gordon_Matta-Clark
   DIR [2] http://www.museum-frieder-burda.de/Ausstellungen.9.0.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Georg Patzer
       
       ## TAGS
       
   DIR Surrealismus
       
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