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       # taz.de -- „Wir sind Kirche“ über neuen Papst: „Das Papstamt ist unmenschlich“
       
       > Martha Heizer von der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hofft auf eine
       > Öffnung der Kirche – und auf ein Ende des luxuriösen Lebensstils im
       > Vatikan.
       
   IMG Bild: Außen gold, innen bescheiden: Bisher fuhr Papst Franziskus I. mit Bus und Fahrrad zur Arbeit.
       
       taz: Frau Heizer, welche Note geben Sie dem neuen Papst? 
       
       Eine Drei. Vielleicht Drei plus.
       
       Was erwarten Sie? 
       
       Martha Heizer: Mehr Glaubwürdigkeit für unsere Kirche. Theologisch kommen
       wir vielleicht nicht groß voran. Für Frauen und Homosexuelle ist
       möglicherweise gar nichts zu erwarten. Trotzdem hoffen wir, dass sein Name
       Programm ist.
       
       Was heißt das? 
       
       Franziskus steht in der Kirchengeschichte einerseits für das radikal
       einfache Leben. Als ich den Namen gehört habe, dachte ich zuerst: Darf der
       das? Einen Heiligen als Namenspatron wählen, den es als Papst noch nie gab?
       Also nicht irgendeinen V., VI., VII. Franziskus steht erstens für Armut und
       einen brutal einfachen Lebensstil. Den hat der neue Papst offensichtlich.
       Er wohnt in einer Zweizimmerwohnung und fährt mit Bus und Fahrrad zur
       Arbeit. Das spricht sehr für ihn. Auch wie er als erste Amtshandlung die
       Römer mit einem einfachen „buona sera“ begrüßt hat. Dann gibt es die
       Legende vom heiligen Franziskus, der von Jesus den Auftrag bekommt, die
       Kirche wiederaufzubauen. Wenn er das im Auge hat, dass die Kirche kein Haus
       voll Glorie ist, sondern nach all diesen wahnsinnigen Verlusten von
       Glaubwürdigkeit wiederaufgebaut werden muss, dann ist das großartig.
       
       Wie soll er dies erfüllen? 
       
       Das Papstamt ist grundsätzlich unmenschlich, eine strukturelle
       Überforderung jedes Menschen. Da kann man nur scheitern. Wenn er delegieren
       kann, viel kommunikativer arbeitet, auch mit den Reformgruppen spricht:
       Dann kann das vorangehen.
       
       Was fordern Sie? 
       
       Frohbotschaft statt Drohbotschaft: Aufbau einer geschwisterlichen Kirche,
       gleiche Rechte für Frauen, positive Sexualmoral, Schluss mit dem
       Zwangszölibat.
       
       Diese Themen haben für einen Argentinier mit Blick auf die Armen der Welt
       vielleicht nicht erste Priorität. 
       
       Mag sein. Andererseits gibt uns das vielleicht mehr Spielraum, wenn der
       neue Papst nicht sein ganzes Augenmerk auf Europa richtet. Ob er es
       schafft, die Kurie zu reformieren, das wissen wir nicht. Auch bei den
       innerkirchlichen Reformfragen wissen wir nicht, wie er agieren wird. Aber
       auf Öffnung zur Welt, Abbau des Eurozentrismus und Hinwendung zu den Armen
       können wir hoffen. Und auf ein Ende des luxuriösen Lebensstils im Vatikan.
       
       Das klingt sehr hoffnungsvoll. 
       
       Ja, das hätten wir nie gedacht, als wir nach Rom kamen. Offensichtlich tut
       die heilige Geistin doch etwas. Bisher hatte sie ja Mittagsschlaf. Meine
       Hoffnung auf Reformen in der Kirche sind nicht groß. Aber die Hoffnung,
       dass die Kirche an Glaubwürdigkeit zurückgewinnt, die sind gewachsen. Das
       ist eine sehr sehr vorsichtige Freude.
       
       14 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
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