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       # taz.de -- Deutsche Akademiker in der Schweiz: Unerwünscht und ausgeladen
       
       > Die Universität Zürich bricht ein Berufungsverfahren ab. Der Grund dafür
       > ist eine Medienkampagne gegen deutsche BewerberInnen.
       
   IMG Bild: Für Medienwissenschaftler aus Deutschland vorläufig geschlossen: die Universität Zürich.
       
       GENF taz | Jochen Trebbe, Professor an der FU Berlin, hatte seine Reise in
       die Schweiz bereits gebucht. Ebenso wie Tilo Hartmann, der an der
       Universität Amsterdam lehrt, sowie Holger Schramm (Uni Würzburg), Volker
       Gehrau (Uni Münster) und Anne Bartsch, Privatdozentin an der Uni Augsburg.
       
       Letzte Woche sollten die fünf MedienwissenschaftlerInnen vor
       FachkollegInnen und Studierenden am Institut für Publizistik der
       Universität Zürich ihre Bewerbungsvorträge halten. Sie waren die letzten
       verbliebenen KandidatInnen – von ursprünglich mehr als 50 – um die
       Nachfolge des Schweizer Publizistikprofessors Heinz Bonfadelli, der im
       Sommer 2014 in den Ruhestand geht.
       
       Doch aus der Reise in die Schweiz wurde nichts. Am Wochenende vor den
       Berufungsvorträgen lud Uni-Präsident Andreas Fischer die fünf deutschen
       MedienwissenschaftlerInnen wieder aus und stoppte das Bewerbungsverfahren.
       
       Der Grund: Am 27. Februar hatte der Zürcher Tagesanzeiger in einem fast
       ganzseitigen Artikel unter der Überschrift „Für den letzten Schweizer kommt
       ein Deutscher“ die Tatsache öffentlich gemacht und beklagt, dass im
       Nachfolgeverfahren für Medienprofessor Bonfadelli nur die fünf deutschen
       KandidatInnen in die Endauswahl gekommen waren, und keiner der mehrheitlich
       Schweizer BewerberInnen dabei ist.
       
       Der Vorgang ist einmalig in der Geschichte der Zürcher Universität, die
       sich in ihrer Selbstdarstellung als „weltoffen“ und als „eine der besten
       Forschungsstätten Europas“ rühmt.
       
       ## Kritik von allen Seiten
       
       Auf Unverständnis und Kritik stoßen der Abbruch des Bewerbungsverfahrens
       sowie die wahrscheinliche Neuausschreibung mit Sonderkonditionen für
       Schweizer KandidatInnen inzwischen nicht nur bei Studentinnen der
       Universität Zürich, sondern auch bei in Deutschland lehrenden Schweizer
       ProfessorInnen sowie beim Deutschen Hochschulverband.
       
       Der Tagesanzeiger listete alle nur denkbaren Gründe auf, die angeblich für
       einen Schweizer und gegen einen Deutschen auf dem Stuhl Bonfadellis
       sprechen würden. Unter anderem verbreitete die Zeitung die
       Falschbehauptung, die fünf deutschen KandidatInnen hätten keine Erfahrung
       mit der Schweiz und ihrer Medienlandschaft.
       
       Tatsächlich lehrte Professor Trebbe bis 2009 sieben Jahre lang an der
       Universität von Fribourg. Schramm war von 2005 bis 2012 Oberassistent am
       Publizistikinstitut in Zürich, und Hartmann war während eines Semesters
       Gastprofessor in Zürich.
       
       ## Massive persönliche Anschuldigungen
       
       Der Artikel im Tagesanzeiger löste trotz dieser Unwahrheiten eine Flut von
       E-Mails aus, in denen die Mitglieder der Berufungskommission wegen der
       Auswahl der fünf deutschen KandidatInnen „massiv angefeindet und massiv
       persönlich angeschuldigt wurden“, begründete Universitätspräsident Fischer
       den Abbruch des Bewerbungsverfahrens. Auch die fünf KandidatInnen wurden in
       E-Mails angefeindet.
       
       „Die Nachfolge Bonfadellis zu einem Kampf um Schweizer Eigenständigkeit zu
       stilisieren ist ein Zeichen für die kleinstaatliche Paranoia, die in den
       letzten Jahrzehnten in der Schweiz um sich gegriffen hat, und für einen
       großen Mangel an Verständnis für akademisches Arbeiten“, kritisierte der
       seit vielen Jahren an der Universität Tübingen lehrende Schweizer Professor
       Jürg Häusermann in einem Leserbrief an den Tagesanzeiger. 
       
       Der Deutsche Hochschulbund (DHSB), die größte Wissenschaftlervereinigung
       Europas, wird seine 30.000 Mitglieder in der nächsten Ausgabe seines
       Verbandsmagazins über die Vorkommnisse in Zürich informieren und vor
       Schikanen bei Bewerbungen warnen, kündigte DHSB-Geschäftsführer Michael
       Hartmer an.
       
       11 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
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