URI: 
       # taz.de -- OB-Wahl in Wiesbaden: Jung, Sozi, ambitioniert
       
       > Wiesbaden soll „menschlicher“ und nicht wie eine Firma geführt werden,
       > fordert Sven Gerich. Er tritt am Sonntag an, um Oberbürgermeister zu
       > werden.
       
   IMG Bild: Sven Gerich, 38, will ein „menschliches“ Wiesbaden.
       
       WIESBADEN taz | Bei der Direktwahl zum Oberbürgermeister von Wiesbaden
       waren es am 24. Februar nur 6.500 Stimmen, die Sven Gerich (SPD) hinter
       Helmut Müller (CDU) lag. Damit hatte Müller, der Amtierende, die absolute
       Mehrheit verpasst und war vom Herausforderer in die Stichwahl gezwungen
       worden. Nicht schlecht für eine Partei, die 2007 noch schlicht vergessen
       hatte, ihren Kandidaten überhaupt anzumelden.
       
       Wenn am Sonntag die Bürgerinnen und Bürger der hessischen Landeshauptstadt
       erneut wählen, könnte es zu einer kleinen Sensation kommen – zumal unlängst
       die Grünen ihre Zerwürfnisse mit der SPD im Stadtparlament begraben und
       sich für Gerich ausgesprochen haben.
       
       Gerich ist mit 38 Jahren nicht nur deutlich jünger als Müller, 60. Der
       Schreiner und Offsetdrucker verkörpert auch einen anderen Politik- und
       Lebensstil als der arrivierte Volkswirt und Exbüroleiter des
       Ministerpräsidenten Roland Koch.
       
       Im multikulturell geprägten Stadtteil Biebrich wuchs Gerich, der aus
       zerrütteten Verhältnissen kommt, in einem Kinderheim auf. Nach seinem
       Coming-out vor 20 Jahren lebt er heute in einer eingetragenen
       Lebenspartnerschaft. Als seinen politischen „Ziehvater“ bezeichnet er Achim
       Exner, den letzten SPD-Oberbürgermeister der Stadt (1985 bis 1997). Der
       habe dem Politikverdrossenen erklärt, „dass ich mit meinem dummen Geschwätz
       aufhören“ sollte. Er trat der SPD bei, wurde 2006 Stadtverordneter, 2009
       parlamentarischer Geschäftsführer und 2011 Vorsitzender der Fraktion. CDU
       und SPD regieren in Wiesbaden gemeinsam.
       
       Zu Beginn seines Wahlkampf (Slogan: „Mittendrin statt über allem“) war
       Gerich den meisten Bürgerinnen und Bürgern noch völlig unbekannt. Seine
       Forderung, die Stadt müsse „menschlicher“ werden und dürfe nicht wie ein
       Unternehmen geführt werden, scheint aber verfangen zu haben.
       
       Die Frage wird nun sein, ob es ihm gelingt, die von ihm anvisierten jungen
       Wähler zu mobilisieren – zuletzt lag die Wahlbeteiligung bei nur 33
       Prozent. Die reale Chance, dass am Sonntag die SPD der CDU in einer
       weiteren Großstadt den Rang ablaufen könnte, hat bereits den
       Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel zur Wahlkampfunterstützung nach Hessen
       reisen lassen. Auch im benachbarten Frankfurt am Main war im Frühjahr der
       favorisierte CDU-Kandidat Boris Rhein dem Außenseiter Peter Feldmann (SPD)
       unterlegen – in der Stichwahl.
       
       9 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Arno Frank
   DIR Arno Frank
       
       ## TAGS
       
   DIR Wiesbaden
   DIR Oberbürgermeisterwahl
   DIR Wiesbaden
   DIR Wiesbaden
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
   DIR Wiesbaden
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden: Ein Sozi, der noch gewinnen kann
       
       In Wiesbaden setzt sich SPD-Kandidat Gert-Uwe Mende in der Stichwahl
       überraschend deutlich gegen den CDU-Konkurrenten durch.
       
   DIR Korruptionsvorwürfe in Wiesbaden: Politdrama in mehreren Akten
       
       Lokalgrößen von SPD und CDU versinken bühnenreif im Korruptionssumpf.
       Gegenseitige Diffamierung scheint wichtiger als Selbstrettung.
       
   DIR OB-Wahl in Wiesbaden: Hessen-SPD im Endorphinrausch
       
       Mit Wiesbaden verliert die CDU die letzte hessische Großstadt an die
       Sozialdemokraten. Ist das ein Vorzeichen für die Landtagswahl?
       
   DIR Oberbürgermeisterwahl in Wiesbaden: Überraschungssieger SPD
       
       Die nächste Landeshauptstadt, die an die SPD geht: Ausgerechnet ein
       moderner CDU-Mann verliert das Oberbürgermeisteramt in Wiesbaden.