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       # taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Pink und emanzipiert
       
       > Es gibt was zu feiern: den 54. Geburtstag einer sehr kleinen,
       > schillernden Frau. Wird sich auch Alice Schwarzer freuen? Eher nicht.
       
   IMG Bild: Die zukünftige US-Präsidentin. Naja, beinahe
       
       Es gibt ja Frauen, die sind dermaßen erfolgreich und emanzipiert, dass man
       es im Kopf nicht aushält. Zum Beispiel Barbara Millicent Roberts.
       
       Seit den Fünfzigern flog sie zweimal ins All, trat dreimal bei Olympia an,
       versuchte sich ein wenig in Modedesign und Archäologie, wurde schließlich
       Chirurgin, und ganz en passant machte sie noch den Pilotenschein und
       kandidierte für das Amt der US-Präsidentin. Mehrmals.
       
       Ehrlich gesagt finde ich das ziemlich unverschämt. Ich bin nicht mal
       zweisprachig aufgewachsen, und meine Karriere... welche Karriere? Ich
       stelle mir vor, dass Frau Roberts gerne Sätze sagt wie: „Man wird sich ja
       wohl noch ausleben dürfen, wo kämen wir denn sonst hin!“, und dann zieht
       sie sich ihre Pilotenmütze über und setzt sich in ihr kleines Flugzeug,
       auf, auf, zu neuen Abenteuern. Frau Roberts Leben: ein fleischgewordener
       Werbespruch. Entdecke die Möglichkeiten. Es gibt immer was zu tun. Jede
       Woche eine neue Welt.
       
       ## Alice Schwarzer wäre stolz
       
       Bei so viel Selbstverwirklichung bleibt natürlich keine Zeit für Kinder,
       und von ihrem langjährigen Lebensgefährten hat sie sich irgendwann
       getrennt. Am Valentinstag! Was für ein perfider Seitenhieb gegen die böse
       Konsumgesellschaft. Wahrscheinlich fühlt sich Frau Roberts auch
       unausgeglichen, wenn sie nicht einmal in der Woche auf eine Demo gehen und
       gegen irgendwas protestieren kann. Ach, ich mag solche Frauen nicht. Aber
       Alice Schwarzer wäre bestimmt stolz auf sie.
       
       Nun, ist sie nicht. Es ist vielmehr so, dass Barbara Millicent Roberts, die
       am Samstag 54 und von ihren Freunden zärtlich „Barbie“ genannt wird, bei
       anderen emanzipierten Frauen einen schweren Stand hat – im wörtlichen
       Sinne.
       
       Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass sich ein echter Mensch
       mit ihren Körpermaßen nicht ohne Hilfsmittel fortbewegen könnte, geschweige
       denn überleben. Aber wer braucht schon Organe, wenn er in einem Gucci-Kleid
       fabelhaft aussieht?
       
       ## Ein schlechtes Vorbild?
       
       Natürlich ist die Figur von Barbie völlig überzeichnet. Sie ist schließlich
       eine Puppe und demnach nur die Karikatur eines Menschen. Ja, sagen die
       Feministinnen, aber was ist mit den ganzen Essstörungen? Barbie ist ein
       schlechtes Vorbild für kleine Mädchen in der Selbstfindungsphase und muss
       verboten werden! Also achten sie peinlich genau darauf, dass ihre Kinder
       nur pädagogisch wertvolles Spielzeug bekommen.
       
       So wie damals meine Mutter. Sie hatte allerdings nicht damit gerechnet,
       dass eine unbelehrbare Großtante ihre Pläne durchkreuzen würde. Und ach,
       war ich glücklich. Endlich hatte auch ich eine Barbie, endlich gehörte ich
       dazu!
       
       Nach zwei Wochen hatte die Barbie eine Kurzhaarfrisur und ein ausgerenktes
       Bein, weil ich sie zum Fechten verwendet hatte. Sie landete im Mülleimer.
       Was ich damit sagen will?
       
       Unterschätzt die Kinder nicht. Die wissen schon selbst, wen sie sich zum
       Vorbild nehmen.
       
       9 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Seyboldt
   DIR Franziska Seyboldt
       
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