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       # taz.de -- Tennisspielerin über Neuanfang: „Ich bin jetzt eine andere Person“
       
       > Andrea Petkovic will nach einer Serie von Verletzungen anders an ihren
       > Sport herangehen. Das heißt auch: sich weniger Druck machen.
       
   IMG Bild: „Ich erwarte nicht mehr so viel von mir“: Andrea Petkovic will sich neu erfinden.
       
       taz: Frau Petkovic, wie geht es Ihnen beim ersten Auftritt nach der dritten
       Verletzungspause in wenig mehr als einem Jahr? 
       
       Andrea Petkovic: Wirklich, wirklich gut. Ich stehe zwar erst seit drei
       Wochen wieder auf dem Platz, aber ich konnte schon sieben Tage nach der
       Operation, als die Fäden gezogen worden waren, viel machen. Danach war ich
       zehn Tage in der Reha, vor drei Wochen bin ich zum Training nach San Diego
       geflogen, und danach war ich eine Woche in Las Vegas. Das war der Wahnsinn,
       weil ich wieder mit Steffi Graf spielen konnte.
       
       Womit hat Graf bei Ihnen Eindruck hinterlassen? 
       
       Steffi hat mir erzählt, dass sie erst gegen Ende ihrer Karriere, nachdem
       sie Andre Agassi kennen gelernt hatte, das Selbstbewusstsein im Training
       über Qualität und nicht mehr über die Stunden auf dem Platz aufgebaut hat.
       Ich habe das nach meiner Knieverletzung jetzt auch beherzigt. Irgendwie
       glaube ich, dass die Verletzungen ein Zeichen dafür waren, dass ich was
       ändern muss.
       
       Für große Veränderungen hätte Ihnen der Mut gefehlt, haben Sie kürzlich
       gesagt. Wo war das Problem? Hatten Sie Angst vorm Versagen? 
       
       Ja, das sicher. Irgendwie war in mir das System gespeichert: Wenn ich mich
       am Abend nicht platt und total fertig fühlte, und nicht überall Schmerzen
       hatte, dann war der Tag ein verlorener Trainingstag. Das geht aber nicht;
       so kann ich ein Jahr überleben oder zwei, aber so kann ich nicht zehn Jahre
       auf der Tour spielen. Ich weiß jetzt, dass die Knieverletzung die dritte
       Warnung war und auch die letzte. Ich habe das als Chance begriffen, als
       neue Tennisspielerin und auch als neue Person anzugreifen.
       
       In gewisser Weise stimmen Sie damit der Kritik zu, Sie hätten früher zu
       viel trainiert? 
       
       Die Kritik stimmte bei meiner Rückenverletzung, aber nicht beim Bänderriss
       im Fuß, denn da bin ich einfach in ein Loch auf dem Platz getreten. Das mit
       dem Knie war im Prinzip eine alte Sache, aber trotzdem glaube ich, dass
       auch das ein Zeichen war.
       
       Man kann sich vorstellen, in welcher Verfassung Sie mit der Knieverletzung
       aus Australien zurückkamen. Sie waren am Boden zerstört. 
       
       Klar. Die ersten drei Tage waren sehr hart, weil ich dachte: Was mach ich
       jetzt? Vorher hatte ich immer gesagt, wenn noch mal was passiert, dann höre
       ich auf. Aber als ich dann bei Doktor Müller-Wohlfahrt in der Praxis war,
       wurde es gleich besser. Da war so eine Aufbruchsstimmung, so eine Euphorie.
       
       Wenn man Ihnen so zuhört, könnte man meinen, Sie hätten eine tolle Zeit
       hinter sich. 
       
       Das nicht, aber vieles ist einfach anders. Neulich meinte mein Trainer
       Petar Popovic, wir müssten wieder einen Strafenkatalog zusammenstellen, wie
       wir ihn früher für Sachen wie Schlägerwürfe immer hatten. Da hab ich ihm
       gesagt: Petar, ich schmeiße keine Schläger mehr. Ich bin eine andere
       Person. Ich bin ruhig, ich freue mich auf alles. Klar, hab ich mich über
       die Niederlage hier in der Qualifikation in Indian Wells geärgert.
       
       Aber die Freude hat überwogen, dass ich hier in der Sonne sein darf, dass
       ich trainieren und spielen kann. Ich erwarte nicht mehr so viel von mir,
       und ich gebe mir Zeit. Im Moment ist jede Niederlage absolut okay. Ich
       versuche, alles zu stabilisieren, und dann werden die Ergebnisse schon
       kommen. Und wenn sie nicht kommen, dann ist es auch egal, weil ich viel in
       meiner Karriere erreicht hab.
       
       Sie werden trotz der Niederlage im Einzel noch in Indian Wells bleiben und
       unter anderem auch Doppel mit Angelique Kerber spielen. 
       
       Ja, das hatten wir letztes Jahr schon ausgemacht, und jetzt gehen wir’s an.
       Wir wollen bei allen Turnieren in diesem Jahr miteinander spielen.
       
       Gehen Sie das auch so locker an? 
       
       Ich habe mir lange eingeredet, dass ich jemand bin, der sich alles hart
       erarbeiten muss. Dabei bin ich in meinen Interessen außerhalb des Tennis
       eher filigran und sensibel. Ich denke, dass ich ein falsches Bild von mir
       als Spielerin hatte. Ich will nichts mehr erzwingen, ich bin gespannt,
       wohin mich der Weg führen wird.
       
       9 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Henkel
       
       ## TAGS
       
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