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       # taz.de -- Aufnahme Rumäniens und Bulgariens: Der Schlagbaum bleibt unten
       
       > Die EU-Innenminister vertagen die Entscheidung über die Aufnahme
       > Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum. Deutschland bremst.
       
   IMG Bild: Wenn es nach dem deutschen Innenminister Friedrich geht, muss an der Grenze Bulgarien/Griechenland weiter der Pass kontrolliert werden.
       
       BRÜSSEL taz | Rumänien und Bulgarien müssen weiter auf ihre Aufnahme in den
       Schengen-Raum warten. Die EU-Innenminister haben am Donnerstag die
       Entscheidung ein weiteres Mal vertagt. Darauf hatte vor allem der deutsche
       Innenminister Hans-Peter Friedrich gedrängt: „Wir sehen zwar große
       Fortschritte im Kampf gegen organisierte Kriminalität. Aber es gibt nach
       wie vor Schwachstellen.“ Unterstützung bekam er von seinem niederländischen
       Amtskollegen.
       
       Ursprünglich sollten die Schlagbäume für die beiden Länder bereits vor
       einem Jahr fallen. Aber schon damals hatte Deutschland gemeinsam mit
       Frankreich und den Niederlanden blockiert. Im Europäischen Parlament stößt
       diese Blockadehaltung auf Kritik.
       
       Die Abgeordneten hatten sich im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit für
       die Aufnahme der beiden Länder zum Schengen-Raum ausgesprochen. „Beide
       Länder haben alle rechtlichen und fachlichen Kriterien erfüllt! Es gibt
       damit keine sachliche Begründung für eine weitere Verzögerung der
       Aufnahme“, sagt die auf Innenpolitik spezialisierte SPD-Europaabgeordnete
       Birgit Sippel.
       
       Denn: Weder Korruptionsbekämpfung noch Rechtsstaatlichkeit gehören zu den
       Kriterien für die Abschaffung der Kontrolle an den Binnengrenzen. Die
       Länder müssen nur nachweisen, dass sie die Außengrenzen der EU effektiv
       schützen können und die übrigen Auflagen aus dem Schengener Abkommen
       erfüllen.
       
       ## Funktionierende Justiz und Korruptionsbekämpfung
       
       Der deutschen Bundesregierung reicht dies nun offenbar nicht mehr: „Es geht
       nicht nur darum, ob die technischen Voraussetzungen der Grenzkontrollen
       funktionieren. Wir beurteilen die Gesamtsituation. Die Funktionsfähigkeit
       der Justiz sowie der Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität
       sind dabei für uns zentral“, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich in
       Brüssel.
       
       Mit Polemik habe dies nichts zu tun, versicherte der Minister. Die Kritiker
       im Europäischen Parlament sehen das anders. Sie werfen Friedrich vor allem
       seine Äußerungen zur „Armutsmigration“ vor. Er hatte davor gewarnt, dass
       aus den beiden Ländern Menschen nach Deutschland kommen könnten, nur um
       hier Sozialhilfe abzugreifen.
       
       Das sei ein Griff in die „Trickkiste des Populismus“, sagte die
       Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms. Nach
       Informationen ihrer Partei kommen zurzeit nur 0,2 Prozent der
       Sozialhilfeempfänger in Deutschland aus Rumänien oder Bulgarien. „Bereits
       nach der Öffnung der Grenzen von Polen und anderen Staaten gab es diese
       Debatte. Es hat sich aber als völlige Luftblase erwiesen. Es gab keine
       Einwanderungswelle“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Ska
       Keller.
       
       Nun müssen Rumänien und Bulgarien auf jeden Fall noch bis zum Jahresende
       warten. Dann wird die Europäische Kommission einen neuen
       Fortschrittsbericht vorlegen.
       
       7 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ruth Reichstein
       
       ## TAGS
       
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