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       # taz.de -- Blogger und Leistungsschutzrecht: Der Mensch wird nicht Maschine
       
       > Viele Blogger fürchten, dass ihnen das neue Leistungsschutzrecht schaden
       > wird. Dabei betrifft sie das Gesetz doch gar nicht.
       
   IMG Bild: Auch der anonyme Auftritt gehört zur Netzfreiheit.
       
       BERLIN taz | Was blüht Bloggern, wenn das [1][am Freitag beschlossene]
       Leistungsschutzrecht nicht gestoppt wird und am Ende des Jahres in Kraft
       tritt? „Ein Grauen für alle, die ins Netz schreiben“, [2][befürchtet] der
       Rechtsanwalt Udo Vetter, dessen Lawblog zu den in Deutschland am meisten
       verlinkten Blogs zählt. Vetter, der für die Piraten bei der kommenden
       Bundestagswahl antreten wird, schreibt weiter: Dann werde die „Abmahnmeute“
       auf Menschen gehetzt, „die im Netz ihre Meinung sagen“.
       
       Diese Position ist sicher etwas extrem. Denn Vetter glaubt, das
       Leistungsschutzrecht habe geradezu das Ziel, dass Blogger sich
       „abmahngefährdet“ fühlen und „viele lieber gar nichts mehr schreiben“.
       Viele Netzaktivisten teilen die Vermutung, dass bald eine gewaltige
       Abmahnwelle über deutsche Blogger hinwegrollen wird.
       
       Diese Befürchtungen sind haltlos. Denn Blogger sind von dem neuen Gesetz
       gar nicht betroffen. Ihre wichtigsten Werkzeuge – Links und Zitate – werden
       vom Leistungsschutzrecht schon gar nicht eingeschränkt, und ansonsten gilt
       das Gesetz für Blogger überhaupt nicht.
       
       Auch in Zukunft kann jeder auf jeden beliebigen anderen Text verlinken.
       Verlage wie [3][heise.de], die nun ausdrücklich die Verlinkung ihrer Texte
       erlauben, sorgen da mit solchen Ankündigungen nur unnötig für Verwirrung.
       Selbst Suchmaschinen dürfen verlinken, so viel sie wollen.
       
       ## Zitieren ist unverändert möglich
       
       Auch das Zitieren fremder Texte ist unverändert möglich. Wer sich mit einem
       anderen Text positiv oder kritisch auseinandersetzt, darf die
       entscheidenden Stellen wörtlich wiedergeben. Auch hier ist keine
       Genehmigung erforderlich. Die Länge des Zitats muss allerdings im
       Verhältnis zu seinem Zweck angemessen sein. Da Suchmaschinen sich nicht
       gedanklich mit den verlinkten Texten beschäftigen, können sie sich aber
       nicht auf das Zitatrecht berufen.
       
       Das Leistungsschutzrecht wird erst relevant, wenn ein Link durch Angabe des
       Kontextes erläutert wird. Die üblichen Textausschnitte – [4][Snippets
       genannt] – mit einer Länge von 15 bis 30 Wörtern dürfen deshalb künftig nur
       noch mit Genehmigung des Verlags verwendet werden. Eine Ausnahme gibt es
       nur für „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“, zum Beispiel
       Schlagzeilen mit drei Wörtern wie „Bayern schlägt Schalke“.
       
       Die genaue Grenze ist zwar unklar, aber die derzeitigen Snippets von Google
       sind künftig lizenzpflichtig, wenn sie von Verlagen stammen. Hier macht die
       Ankündigung von heise.de Sinn, dass von seinen Texten auch künftig Snippets
       verwendet werden dürfen.
       
       Für Blogger hat das aber keine Relevanz. Denn der Leistungsschutzparagraf
       gilt nur für Suchmaschinen und „Dienste, die Inhalte entsprechend
       aufarbeiten“. Mit Letzterem sind zum Beispiel News-Aggregatoren gemeint,
       die häufig genutzte Nachrichten maschinell zusammenstellen.
       
       ## Mit Snippets illustireren
       
       Im Umkehrschluss heißt das: Blogger, Vereine, Unternehmen und alle
       sonstigen Nutzer können ihre Links weiterhin mit Snippets illustrieren. Sie
       brauchen dafür keine Genehmigung. Das gilt auch, wenn sie kommerzielle
       Zwecke verfolgen. Denn auch ein kommerzieller Blogger bleibt ein Blogger
       und wird keine Suchmaschine.
       
       Als Grenze des Zulässigen gilt wie bisher, dass in einen Blog nicht ganze
       Texte ohne Genehmigung kopiert werden können. Das würde gegen das vom
       Journalisten an den Verlag abgetretene Urheberrecht verstoßen. Diese Grenze
       hat aber mit dem Leistungsschutzrecht nichts zu tun und ist nichts Neues.
       
       Dass Verlage bald Abmahnanwälte losschicken, um von Bloggern – illegal –
       Lizenzen zu verlangen, erscheint nicht realistisch. Das ganze Netz würde
       über sie herfallen, und die Anwaltskosten der zu Unrecht Abgemahnten
       müssten sie natürlich auch bezahlen.
       
       5 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/43192540_kw09_de_leistungsschutz/index.html
   DIR [2] http://www.lawblog.de/index.php/archives/2013/02/27/ein-grauen-fr-alle-die-ins-netz-schreiben/
   DIR [3] http://www.heise.de/
   DIR [4] http://de.wikipedia.org/wiki/Snippet
       
       ## AUTOREN
       
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