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       # taz.de -- Achtelfinale Champions League: „Europas heißester Klub“
       
       > Borussia Dortmund etabliert sich hierzulande als Big Player. In Europa
       > gilt der Verein als jugendlicher und uneitler Aufsteiger. Der Ruf will
       > verteidigt werden.
       
   IMG Bild: Fans, keinen Kunden: Die Dortmunder
       
       BERLIN taz | Es ist nur wenige Monate her, da hatte Uli Hoeneß das Gefühl,
       der Welt mitteilen zu müssen, dass Borussia Dortmund eine „relativ
       regionale Sache“ ist. Sollte der Präsident des FC Bayern dieser Tage die
       aktuelle Ausgabe des renommierten englischen Fußball-Magazins FourFourTwo
       zu sehen bekommen, dürfte es ihm schwerfallen, seine These
       aufrechtzuerhalten.
       
       Borussia Dortmund sei „Europas heißester Klub“, verkündet die Titelseite
       der Hochglanzzeitschrift, und in der Unterzeile heißt es: „Warum Klopps
       Kids die wahren Erben des FC Barcelona sind“. Die grandiose
       Champions-League-Saison, die am heutigen Abend mit dem Achtelfinalrückspiel
       gegen Schachtjor Donezk fortgesetzt wird, wird sehr wohl überregional
       wahrgenommen.
       
       Und es ist nicht allein der Fußball, der internationale Beobachter
       fasziniert. Die Fans auf der Südtribüne sind noch Fans und keine Kunden,
       die Tickets sind bezahlbar und die Spieler sind nicht entrückt in die
       irrealen Sphären der superreichen Superstars. Die Dortmunder seien
       „geerdet, entspannt, zugänglich“, schreibt FourFourTwo in der elfseitigen
       Hommage an den BVB. Während die meisten Fußballer aus der Champions League
       sich mit aberwitzig teuren Klamotten italienischer Designer schmücken,
       tragen die Dortmunder Profis Baseballmützen, Kapuzenpullis und Turnschuhe.
       
       Jürgen Klopp wirkt reichlich fremd, wenn er sich dem
       Champions-League-Dresscode unterwirft und in Anzug und Krawatte durch die
       Coaching-Zone tobt, Real Madrids Trainer José Mourinho hat den BVB-Trainer
       deshalb vor dem Gastspiel in Dortmund mit dem Satz „Wo ist dein
       Trainingsanzug?“ begrüßt.
       
       ## Bodenständige Vereinskultur
       
       Solche Anekdoten setzten die Dortmunder natürlich gerne als Teil der
       Selbstinszenierung ein, aber die Vereinskultur ist tatsächlich noch
       bodenständiger als bei den anderen Eliteklubs des Kontinents. Und damit
       besetzt der BVB eine Lücke im weltweit vermarkteten Portfolio der
       Champions-League-Teilnehmer. Die englischen Traditionsvereine befinden sich
       in den Händen von Großinvestoren, die Fankultur stirbt.
       
       Über Italiens Klubs liegt der Schatten von Korruption, Fangewalt und einer
       ziemlich maroden Serie A. Und der FC Barcelona wirkt genauso wie Real
       Madrid zunehmend unnahbar. Dortmund hingegen sei „wie ein grooviger
       Internet-Start-up aus den späten neunziger Jahren“, findet FourFourTwo.
       Natürlich haben sie sich auch genauso präsentiert, als die Journalisten aus
       England zu Besuch waren.
       
       Verwundert stellt Europa fest, dass der BVB mit einer Mannschaft Erfolg
       hat, aus der nur für Marco Reus eine Ablöse von über zehn Millionen Euro
       aufgewendet wurde. „Der Erfolgszug von Borussia Dortmund beweist, dass man
       nicht unbedingt Millionensummen ausgeben muss, um eine gute Elf
       aufzubauen“, staunt die spanische Zeitung El País und fährt fort: „Die
       Deutschen stellen andere Klubs wie den FC Chelsea, Zenit St. Petersburg,
       Manchester City oder Paris St. Germain in den Schatten, die sich mit dicken
       Scheckheften teure Spieler zusammengekauft haben.“
       
       Anfangs schüttelten viele Leute in Spanien, England und Italien mit den
       Köpfen, als Mourinho im vorigen Spätsommer sagte, der BVB sei „ein ernster
       Kandidat auf den Sieg in der Champions League“. Inzwischen glaubt nicht nur
       der holländische De Telegraph, dass der BVB „die Sensation der
       Champions-League-Edition 2012–2013“ ist.
       
       Sportdirektor Michael Zorc erzählt gerne, dass neuerdings spanische und
       italienische Spielerberater anrufen, die die Bundesliga noch vor wenigen
       Jahren „nicht schick genug“ fanden, und in einem immer wichtiger werdenden
       Segment der Auslandspräsenz haben die Dortmunder sogar den FC Bayern
       überholt. In einer aktuellen Messung der Unternehmensberatung Goldmedia zur
       Aufmerksamkeit, die die Bundesligisten im Ausland in sozialen Medien
       bekommen, liegt Dortmund deutlich vor Schalke und den Münchnern.
       
       Uli Hoeneß glaubt dennoch, dass der BVB „die Tradition aus 30 Jahren
       wahnsinnigen Erfolgen nie, nie, nie wird aufholen können“, und da hat er
       vielleicht sogar recht. Wahrscheinlich wird der BVB sein aufregendes Image
       des charmanten Sonderlings unter den gelackten Dauergästen in der Champions
       League irgendwann verlieren, national ist dieser Prozess ja schon zu
       spüren.
       
       Gerade erst hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke getönt, der BVB werde
       „in der kommenden Saison deutlich investieren, und zwar ohne dafür einen
       einzigen Euro Kredit aufnehmen zu müssen“. Das klingt nach der
       Festgeldkonto-Angeberei der Münchner, Zyniker könnten den Vorwurf erheben,
       Watzke plagiiere das Investitionskonzept des FC Bayern. Dabei werden sie
       doch gerade dafür bewundert, ein wenig anders zu sein.
       
       5 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Theweleit
       
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