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       # taz.de -- Schadstoffe in der Milch: Kuhfutter vermeidbar verseucht
       
       > Wegen mit serbischen Schimmelpilzen belastetem Mais werden 938 Höfe in
       > Niedersachsen gesperrt. Bio-Höfe sind nicht betroffen.
       
   IMG Bild: Was hat sie wohl gefressen?
       
       HANNOVER/BERLIN taz | Das wäre vermeidbar gewesen: Mehr als 3.500
       Bauernhöfe vor allem in Niedersachsen haben Futtermais aus Serbien
       erhalten, der mit dem hochgradig krebserregenden Schimmelpilzgift Aflatoxin
       B1 belastet ist. Das teilte das Agrarministerium in Hannover am Freitag
       mit. Die Milch mindestens eines Betriebs überschritt den zulässigen
       Grenzwert um 14 Prozent.
       
       Zwar besteht laut Ministerium wahrscheinlich keine Gefahr für den
       Verbraucher. Aber der Fall zeigt – wie auch die Skandale um falsch
       deklariertes Pferdefleisch und Eier aus überbelegten Ställen – dass die
       Kontrollen der Lebensmittelbranche mangelhaft sind. Zumal es schon lange
       Warnungen vor Schimmelpilz-vergiftetem Mais aus Serbien gab.
       
       Das verseuchte Getreide gehörte laut Agrarministerium zu einer Lieferung
       von ingesamt 45.000 Tonnen, die ein Hamburger Importeur bereits zwischen
       Ende November und Ende Dezember über den niedersächsischen Hafen Brake
       einführen ließ. Das meiste konnte dort und in einer Bremer Lagerhalle
       gesperrt werden.
       
       Etwa 10.000 Tonnen jedoch wurden an 13 Futtermittelhersteller in
       Niedersachsen geliefert. Das Futter für Rinder, Schweine und Geflügel
       kauften nicht nur niedersächsische Tierhalter, sondern auch Betriebe in
       Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Schleswig-Holstein,
       Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
       
       ## 
       
       Anders als im Eierskandal sind dieses Mal offenbar keine Biobetriebe
       betroffen. Bei dem Importeur des belasteten Maises handelt es sich nach
       Recherchen der taz um das Unternehmen Alfred C. Toepfer International. Ein
       Sprecher bestätigte dies. Und er sagte: „Der Mais war nicht
       bio-zertifiziert.“
       
       Eine für Menschen riskante Belastung wäre dem niedersächsischen Landesamt
       für Verbraucherschutz zufolge nur über Milch möglich. Tiere bauen das
       Schimmelgift ab, so dass es nicht in Fleisch oder Eiern zu erwarten sei.
       Kühe allerdings scheiden das Gift über die Milch aus. Die Milch der
       betroffenen Höfe könnte aber nur „sehr verdünnt“ in Umlauf gelangt sein, da
       die Molkereien Lieferungen mehrerer Betriebe mischten, sagte Udo Paschedag,
       Staatssekretär im grün-geführten niedersächsischen Agrarministerium.
       
       Vorsichtshalber haben die Behörden am Freitag untersagt, Milch von
       Betrieben zu vertreiben, die den Mais erhalten haben. Es handelt sich um
       938 Höfe, die allesamt in Niedersachsen sind.
       
       In der Milch von einem dieser Betriebe fand die Molkerei Ammerland bei
       einer Routinekontrolle Ende Januar mehr Aflatoxin als erlaubt und setzte so
       die Ermittlungen in Gang. Allerdings waren zu dem Zeitpunkt vermutlich
       schon tausende Tonnen des verseuchten Maises verfüttert worden. Den
       betroffenen Landwirten und Molkereien werden hohe Kosten entstehen, weil
       sie ihre Milch nicht vermarkten dürfen.
       
       ## 
       
       „Über die Eigenkontrolle der Futtermittelhersteller sollten solche Fälle
       eigentlich ausgeschlossen werden, aber die hat hier offenbar versagt“,
       sagte Staatssekretär Paschedag. Schon vergangenen Oktober habe das
       Bundesverbraucherschutzministerium Agrarverbände vor einem Aflatoxin-Risiko
       bei Mais-Importen gewarnt.
       
       Zudem berichten derzeit serbische Medien über schimmelpilzverseuchte Milch.
       Der Pilz hatte sich in dem Balkanland im Sommer 2012 verbreitet. Für
       Futtermittelimporteure und -hersteller aber gehe es vor allem „um den
       Preis“, erklärte Paschedag.
       
       Der Sprecher der Importfirma Toepfer wies die Vorwürfe zurück. „Wir haben
       in der EU im Moment weniger Getreide, als wir brauchen, und deshalb muss
       man importieren.“ Die Firma habe den Mais mehrmals im Labor untersuchen
       lassen. „Bei Auslieferung testen wir routinemäßig. Wir machen alles, wie es
       sich gehört.“
       
       Doch offenbar waren die getesteten Proben nicht repräsentativ. Die
       Verbraucherorganisation Foodwatch forderte deshalb neue Pflichten für die
       Mischfutterhersteller: „Sie müssen jede Lieferung vor dem Mischen testen“,
       sagte Vizegeschäftsführer Matthias Wolfschmidt. Zudem sollten die Strafen
       bei Verstößen erhöht werden.
       
       1 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR J. Maurin
   DIR T. Havlicek
       
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