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       # taz.de -- Spaltung der M23-Rebellen im Kongo: Massenflucht und Plünderungen
       
       > Die M23-Aufständischen bekämpfen sich gegenseitig, Milizen plündern die
       > größte Rebellenstadt Rutshuru. Und die Bevölkerung? Sie irrt durch die
       > Berge.
       
   IMG Bild: Mit Bettzeug und Viehzeug, Hauptsache weg: Einwohner von Bunagana fliehen über die nahe Grenze nach Uganda.
       
       BUNAGANA taz | Sobald die ersten Sonnenstrahlen hinter den Vulkanen
       hervorblinzeln, wird das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar. Tausende
       Kongolesen flüchten über den Schlagbaum aus der Grenzstadt Bunagana ins
       Nachbarland Uganda. Der 16-jährige Moise Kazani trägt kurze Hose und
       Unterhemd, er friert in der Kühle des Morgentaus. Er habe geschlafen, als
       die Kämpfe begannen: „Ich bin Hals über Kopf davongerannt, als ich Schüsse
       hörte.“
       
       Erst im Juli war Moise schon einmal nach Uganda geflüchtet. Damals hatten
       die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) gerade Bunagana erobert. In
       den vergangenen acht Monaten hatte die M23 dort für ihr Territorium im
       Ostkongo eine Art Staat errichtet, mit Verwaltung und „Präsident“. Jetzt
       scheinen diese Strukturen zusammenzubrechen wie ein Kartenhaus.
       
       Die M23-Büros in Bunagana sind verwaist. Die Zelte auf den Hügeln, wo
       bislang hunderte Kämpfer hockten, stehen leer. Die M23-Administratoren aus
       der 25 Kilometer entfernten Bezirkshauptstadt Rutshuru wohnen im Hotel in
       Bunagana, wie Vertriebene im eigenen Land.
       
       ## "Die M23 hat uns im Stich gelassen"
       
       Der Grund: Die M23 hat sich gespalten, und im Zuge dieser Spaltung
       verließen die M23-Truppen Rutshuru, die größte Stadt ihres Gebietes, und
       überließen die 100.000 Einwohner sich selbst. Sofort rückten verschiedene
       Milizen in die Stadt ein. „Wer diese Männer in Uniform sind, kann ich nicht
       sagen, sie gehen von Haus zu Haus und plündern uns aus“, erzählt Petrus
       Bahati, der sich aus Rutshuru in einen Vorort von Bunagana retten konnte.
       „Die M23 hat uns einfach im Stich gelassen.“
       
       Frauen, Männer und Kinder marschieren die staubige Straße hoch, die sich
       aus Rutshuru durch die Berge nach Bunagana schlängelt. Schwitzend schleppen
       sie Bündel auf dem Kopf, alles, was sie schnell einpacken konnten. Emmanuel
       Habirimana trägt einen Sack Reis über den Schultern, seine Frau das
       Kochgeschirr, die fünf Kinder Wasserkanister und Bettdecken. Aus dem 14
       Kilometer entfernten Dorf Runyoni sei er kreuz und quer durch die Gegend
       geirrt: „Wir wissen gar nicht, wo es sicher ist“, keucht er. „Überall gehen
       die M23 aufeinander los.“
       
       ## "Wir werden Bosco Ntaganda verhaften"
       
       Die Rebellen lieferten sich in der Nacht zu Freitag ein sechsstündiges
       Feuergefecht zwischen Bunagana und Rutshuru. M23-Militärchef Sultani
       Makenga, dessen Truppen Bunagana kontrollieren, setzte in der Nacht zuvor
       M23-Präsident Jean-Marie Runiga ab, der sich weiter südlich aufhalten soll.
       Er wirft ihm Zusammenarbeit mit dem vom Internationalen Strafgerichtshof
       gesuchten Bosco Ntaganda vor. „Wir werden Ntaganda suchen, verhaften und
       ihn an den Strafgerichtshof übergeben“, sagt Amani Kabasha, Sprecher des
       Makenga-Flügels. Makenga führe die Verhaftungsoperation.
       
       Runigas Telefon beantwortet Oberstleutnant Seraphin Mirindi. Runiga habe
       jetzt M23-Militärchef Makenga suspendiert, da dieser Runiga unrechtmäßig
       entlassen habe, erklärt er. „Wir sind nicht mit Ntaganda, wir verteidigen
       uns nur“, sagt er der taz.
       
       Dieser Streit ist der Bevölkerung herzlich egal. Bahati aus Rutshuru sagt
       es so: „Ich wünsche mir, dass es irgendwann mal eine Regierung gibt, die
       man als solche bezeichnen kann, egal wer sie stellt.“
       
       1 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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