URI: 
       # taz.de -- Pressefreiheit in China: Angriff auf ARD-Fernsehteam
       
       > Schläger in China haben erneut deutsche Journalisten angegriffen.
       > Offenbar hat die Behinderung von Korrespondenten System.
       
   IMG Bild: Protest für Pressefreiheit in China, Hongkong 2009.
       
       PEKING taz | Offiziell verspricht Chinas neue Führung Transparenz und mehr
       Rechtsstaatlichkeit. Beim lokalen Parteisekretär scheint diese neue
       Offenheit aber noch nicht angekommen zu sein. Bereits zum zweiten Mal
       innerhalb von sechs Monaten hat ein Schlägertrupp ein Fernsehteam der ARD
       angegriffen. Der Übergriff ereignete sich am Mittwoch. Augenzeugen
       berichten, dass der örtliche Parteisekretär beteiligt sein könnte.
       Zumindest soll ihm eines der am Übergriff beteiligten Fahrzeuge gehören.
       
       Wie der Verein der Auslandskorrespondeten in Peking (FCCC) berichtet, ist
       das deutsche Fernsehteam um ARD-Leiterin Christine Adelhardt nur „knapp
       schweren Verletzungen“ entgangen, nachdem zwei Schläger mit Baseballkeulen
       auf den ARD-Wagen einschlugen.
       
       Adelhardt war zusammen mit zwei deutschen und zwei chinesischen
       Mitarbeitern für Dreharbeiten in dem Dorf Da Yan Ge Zhuang, 50 Kilometer
       östlich von Peking in der Nähe der Stadt Sanhe, unterwegs. Sie hatten zuvor
       Aufnahmen zum Thema Urbanisierung gemacht, ein in China heikles Thema -
       sind damit doch sehr oft Enteignungen und Zwangsräumungen verbunden.
       Bereits während der Dreharbeiten seien sie von Männern beobachtet worden,
       die ihr "suspekt" vorkamen, berichtet Adelhardt. Daraufhin brach sie die
       Arbeiten ab.
       
       ## Baseballschläger und Fäuste
       
       Bei der Rückfahrt nach Peking wurden sie von vier oder fünf Autos verfolgt.
       Die Unbekannten drängten den ARD-Wagen von der Straße und erzwangen einen
       Stopp. Zwei Männer haben dann das Fahrzeug attackiert und mit den
       Baseballschlägern auf die Windschutzscheibe eingeschlagen. Weitere sechs
       bis acht Leute hätten den Kleinbus des Fernsehteams mit Fäusten
       angegriffen, berichtet Adelhardt. Dem Fahrer der ARD gelang es nur mit
       Mühe, den Angreifern zu entkommen.
       
       Als das Team auf zwei Polizisten auf Motorrädern stieß und um Hilfe bat,
       überholten die Angreifer das Fernsehteam erneut und schlugen wieder auf das
       Fahrzeug ein. Weitere Polizisten eskortierten das Team dann zur Wache der
       Stadt Sanhe. Vertreter der deutschen Botschaft aus Peking eilten zur Hilfe.
       Mehr als 16 Stunden dauerte die Beweisaufnahme, so Adelhardt.
       
       ## Erlaubnis für Dreharbeiten
       
       Im vergangenen August hatte ein Schlägertrupp schon einmal das Team bei
       Dreharbeiten bedroht und angegriffen. Damals recherchierte die ARD vor
       einer Chemiefabrik in der Provinz Henan, um über die ausufernde
       Umweltverschmutzung in vielen Regionen Chinas zu berichten.
       
       Auch damals konnte das Team nur unter Polizeischutz sicher nach Peking
       zurückkehren. Später behaupteten die Behörden: Die Anwohner hätten das
       Fernsehteam der Industriespionage verdächtigt. Dieses Mal, so Adelhardt,
       habe ein zuständiger Polizeibeamter ihr zwar zugesichert, dass das
       Fernsehteam mit den Dreharbeiten nicht gegen das chinesische Pressegesetz
       verstoßen habe. Es wäre dennoch besser gewesen, vorher „eine Erlaubnis“ für
       die Dreharbeiten einzuholen.
       
       Die Behinderung der Auslandskorrespondenten in China hat offensichtlich
       System. In einer Umfrage des FCCC erklärten 98 Prozent der befragten
       Journalisten, dass internationale Standards für die Berichterstattung nicht
       gewahrt seien.
       
       Obwohl seit den Olympischen Spielen 2008 klar geregelt ist, dass Interviews
       und Dreharbeiten auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Behörden möglich
       sind, verwehren lokale Beamte und Parteichefs Reportern immer wieder
       Zutritt zu
       
       bestimmten Orten und schüchtern potenzielle Gesprächspartner ein.
       Langjährige Korrespondenten sehen eine Verschlechterung der Lage selbst im
       Vergleich zu den 1990er Jahren.
       
       1 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR China
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR China
   DIR China
   DIR China
   DIR China
   DIR Hacker
   DIR China
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bericht von Reporter ohne Grenzen: Mursi ist „Feind der Pressefreiheit“
       
       Zum Welttag der Pressefreiheit haben Reporter ohne Grenzen deren neue
       Feinde gekürt. Unter anderem neu auf der Liste: Ägyptens Präsident Mursi.
       
   DIR Volkskongress in Peking: Abschied vom Megawachstum
       
       Statt Wirtschaftsboom nun Umweltschutz und Sozialleistungen: Die
       chinesische Regierung verkündet, dass rasantes Wachstum keine Dauerlösung
       ist.
       
   DIR Nationaler Volkskongress in China: Neue Männer an der Spitze
       
       Wie wird man NVK-Delegierter in China? Unbedingte Treue zur Partei hilft
       sicher. Andere Voraussetzungen sind nicht so klar.
       
   DIR Nationaler Volkskongress in China: Der Kongress tagt, das Volk appelliert
       
       Polizisten an jeder Ecke zum Trotz: Vor dem Beginn des Nationalen
       Volkskongresses wagen sich viele Kritiker und Intellektuelle mit offenen
       Briefen hervor.
       
   DIR Verseuchte Dörfer in China: Gefahr erkannt, nicht gebannt
       
       Die chinesische Regierung räumt erstmals die Existenz von sogenannten
       Krebsdörfern ein. Den Opfern hilft das aber kaum. Für Fabriken sind neue
       Auflagen geplant.
       
   DIR Datenspionage aus China: Im Auftrag der Generäle
       
       Eine US-Sicherheitsfirma will herausgefunden haben, dass das chinesische
       Militär hinter einer großen Zahl von Angriffen steckt. Peking weist dies
       zurück.
       
   DIR Chinesische Journalisten streiken: Zu viel Zensur
       
       In der Provinz Guangdong fordern Journalisten den Rücktritt des dortigen
       Propagandachefs. Der war sogar für chinesische Zensur-Verhältnisse zu weit
       gegangen.