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       # taz.de -- Rechtsextreme im Fußball: Gezielt unterwandert
       
       > Die NPD hat versucht, Fans von Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena zu
       > ködern. Während man in Jena clever reagiert, gibt man sich in Erfurt
       > politisch naiv.
       
   IMG Bild: Aufruhr am Marathon-Tor: Erfurter Fans steigen aufs Dach.
       
       Neulich hat Wilfried Mohren [1][Post] von der NPD bekommen. Die Partei
       wünscht in dem Schreiben allen Lesern „Sport frei!“ und fordert „die
       Politik“ dazu auf, sich aus dem Fußballstadion herauszuhalten.
       
       Angesprochen wurden vor allem die Fans der Vereine Carl Zeiss Jena und FC
       Rot-Weiß Erfurt, aber auch Vereinsfunktionäre und Mitarbeiter der
       Fanprojekte bekamen das Papier, das auf dem Landesparteitag der NPD in
       Kirchheim ausbaldowert wurde; im thüringischen Ilmkreis, in der sogenannten
       „Erlebnisscheune“, tagt die NPD regelmäßig, 2011 im Rahmen des Papstbesuchs
       kamen im „Romantischen Fachwerkhof“ aber auch Beamte des
       Bundeskriminalamtes unter.
       
       Mohren trat bis zu einer [2][Korruptionsaffäre] im öffentlich-rechtlichen
       Fernsehen auf, heute ist er unter anderem Pressesprecher von Rot-Weiß
       Erfurt. „Das Schreiben war ja so, dass wir Schwierigkeiten hatten, es in
       Bausch und Bogen zu verdammen“, sagt er der taz. Die NPD Thüringen fordert
       ein Ende der „V-Mann-Aktivitäten“ im Stadion, sie spricht sich gegen
       Videoüberwachung von Fans aus und macht sich für Stehplätze stark, ferner
       dürfe der Sport nicht kriminalisiert werden.
       
       ## Jungsturm KEF und Inferno Windisch
       
       „Das ist leicht verdaulich geschrieben“, findet Wilfried Mohren, doch er
       hat sich nach Rücksprache mit dem Erfurter Präsidium dann doch dazu
       entschlossen, eine [3][„Stellungnahme“] zu veröffentlichen, man weiß ja
       nie. „Wir appellieren an unsere Anhänger, sich nicht von dem Papier
       ’abholen‘ zu lassen“, hat Mohren geschrieben und das Papier der NPD
       „populistisch“ genannt.
       
       Der Appell kommt nicht von ungefähr, denn der Verein hat durchaus ein
       Problem mit rechten Fans. Es sind vor allem die Gruppierungen Kategorie
       Erfurt (KEF) und Jungsturm KEF, die immer wieder auffällig werden, aber
       auch die EF-Parolis, Inferno Windisch, Red White Fight, Aule Erfurt,
       Ostkurve 1982 Erfurt und die RWE Kneipenterroristen sind nicht ohne. Sie
       sind es, die den Fans von Rot-Weiß Erfurt den Ruf eingebracht haben, eher
       rechts als links zu stehen.
       
       Gegen Mitglieder der KEF wurden seit 2010 vier Ermittlungsverfahren wegen
       Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und ein
       Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Im Jahre 2011
       organisierte die KEF den „Gewalttäter Sport Cup“ und lud Gesinnungsgenossen
       aus Leipzig („Blue Caps“ und „Szenario Lok“) ein. 2012 gründete sich in
       Erfurt eine Gruppierung namens „Hoonara“ (Kurzform für Hooligans, Nazis und
       Rassisten); eine gleichnamige Truppe aus Chemnitz wird wie die beiden
       Leipziger Fangruppen vom sächsischen Verfassungsschutz wegen ihrer
       rechtsextremen Orientierung beobachtet.
       
       ## "Da zerbröselt die Zuständigkeit"
       
       Mohren hat einzelne Vertreter der KEF „mal hier und da“ auf einem
       Fantreffen gesehen, intensive Kontakte des Vereins zu seinen Problemfans
       scheint es aber nicht zu geben. Mohren spricht über eine „gewisse
       Hilflosigkeit des Vereins“. Und weiter: „Wenn man jetzt einen Aktionismus
       startet, dann gerät man auch leicht in den Bereich der Lächerlichkeit.“ Die
       KEF-Leute hätten sich nie militant geäußert. Man könne halt nie „in die
       Köpfe hineingucken, irgendwo zerbröselt die Front der Zuständigkeit“.
       
       Alles andere als politisch naiv hat die Faninitiative ProFans auf das
       NPD-Papier reagiert: „Inhaltlich versucht die Partei der Rechtsextremisten
       damit auf den Zug der Fanproteste aufzuspringen“, analysiert ProFans und
       weist auf ein Versäumnis der Politik hin: Die demokratischen Parteien
       hätten sich nie ernsthaft mit den Fanszenen beschäftigt, meint
       ProFans-Sprecher Philipp Markhardt. „Dass sich die NPD an unseren Themen
       und Forderungen bedient, ist für uns absolut nicht hinnehmbar. Eine
       lebendige und vielfältige Fankultur hat keinen Platz für Nazis und
       Rassisten“, ergänzt Markhardts Kollege Jakob Falk.
       
       Unmöglich findet auch Matthias Stein den NPD-Vorstoß. Er ist Mitarbeiter
       des Jenaer Fanprojekts. Die NPD versuche, die Fußballszene zu unterwandern,
       nicht zum ersten Mal. „Die sollen mal schön die Klappe halten“, rät er den
       rechten Parteistrategen. Stein und seine Kollegen vom Fanprojekt haben
       lange überlegt, ob sie auf das Schreiben überhaupt [4][reagieren] sollen,
       denn so etwas erzeuge eine mediale Aufmerksamkeit, „und genau darum geht es
       denen doch“.
       
       Wilfried Mohren, Erfurts Pressesprecher, glaubt, die NPD habe mit der
       Aktion den Landtagswahlkampf eröffnet. Im nächsten Jahr wird gewählt. 2009
       hat die NPD 4,3 Prozent der Stimmen eingeheimst. Jetzt will sie über die
       Fünfprozenthürde.
       
       28 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.npd-thueringen.de/?p=2375
   DIR [2] /!41494/
   DIR [3] http://www.rot-weiss-erfurt.de/news/details/4749-1/aktuelles/news/news-12.htm
   DIR [4] http://www.fanprojekt-jena.de/index.php/10-presse/98-reaktion-auf-npd-schreiben-an-den-fcc-und-seine-fans
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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