# taz.de -- Kommentar Vergewaltigungen in Indien: Kein Herbst der Patriarchen
> Das Indien-Bild der englischsprachigen und ausländischen Medien
> suggeriert eine wehrhafte demokratische Öffentlichkeit. Doch die gibt es
> nicht.
Das englischsprachige indische Magazin Tehelka titelte jüngst mit einer
Geschichte über den „Herbst des Patriarchats“. Indiens Frauen „hätten zwar
noch nicht die Bastille erstürmt, aber“ – so der Mut machende Tenor zu den
Reaktionen auf die brutale Vergewaltigung einer Medizinstudentin in Delhi.
Viele Beobachter loben jetzt, dass die indischen Medien ausführlicher über
Vergewaltigungen berichten.
Auch hat die Regierung eine neue Verordnung in Kraft gesetzt, die
Vergewaltigungen strenger bestraft. Innerhalb der informierten indischen
Öffentlichkeit und im Ausland kann so leicht der Eindruck entstehen, als
hätte der Delhier Vergewaltigungsfall tatsächlich ein Umdenken ausgelöst.
Doch das ist weit von der Wirklichkeit entfernt. Seit Wochen bekam die
internationale Frauenkampagne der amerikanischen Feministin Eve Ensler „One
Billion Risung“ in Indien alle nur erdenkliche Aufmerksamkeit in den
englischsprachigen Medien des Landes. Ensler tourte im Januar lange durch
Indien und empfand eine Aufmerksamkeit für das Thema Vergewaltigung, die
sie selbst so noch nie erlebt hätte.
Doch sie war Opfer der indischen Selbstverblendung in den Medien. Als dann
am Valentinstag die große „One Billion Rising“-Aktion stattfand,
versammelte sich vor dem Parlament in Delhi ein kleiner Haufen Ausländer
und UN-Mitarbeiter.
Es ist manchmal schwer zu erklären, wie abgehoben das Indien-Bild der
englischsprachigen und ausländischen Öffentlichkeit ist. Dieses Bild
suggeriert eine wehrhafte demokratische Öffentlichkeit in Indien, die es im
für das Land repräsentativen Maßstab nicht gibt. Jeder Vergewaltigungsfall,
den die Medien jetzt melden, kann das im Einzelnen belegen. Denn fast immer
bleiben die Opfer auch die moralischen Verlierer. Indiens Patriarchat steht
in voller Blüte.
17 Feb 2013
## AUTOREN
DIR Georg Blume
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