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       # taz.de -- Folgen der Sparvorgaben des IWF: Griechen streiten über „Rechenfehler“
       
       > IWF-Experten haben Fehler bei ihrer Griechenland-Strategie eingeräumt.
       > Die Linksopposition in Athen fordert Konsequenzen.
       
   IMG Bild: Ob die Erdmännchen sich auch verrechnet hätten – so wie der IWF?
       
       ATHEN taz | Das Geständnis kam vor wenigen Wochen, verpackt in einer
       scheinbar harmlosen Formulierung: In einem Arbeitspapier erklärten die
       IWF-Ökonomen Olivier Blanchard und Daniel Leigh, der IWF habe die negativen
       Folgen der von ihm verordneten Sparpolitik für die europäischen
       Volkswirtschaften nicht in vollem Umfang vorhersehen können. Zudem habe man
       den Anstieg der Arbeitslosigkeit und den Rückgang der Binnennachfrage
       unterschätzt.
       
       Im Klartext: Als der IWF dem „griechischen Patienten“ eine radikale
       Austeritätspolitik verschrieb, hätten seine Experten nicht gewusst, dass
       Griechenland dadurch in eine Rekord-Rezession stürzt und die
       Arbeitslosigkeit im Land auf 27 Prozent steigt. Dabei hatten namhafte
       Ökonomen schon damals vor dem Totsparen gewarnt. Doch ihre Prognosen wurden
       ignoriert oder gar als linke Spinnerei abgetan.
       
       Was nun? Mittlerweile hätte man den Fehler „korrigiert“, meinen die
       IWF-Experten. Jedenfalls sei ihr Eingeständnis kein Grund für eine
       Veränderung der laufenden Sparpolitik.
       
       Das sieht man in Athen anders. Vor allem der linke Oppositionsführer Alexis
       Tsipras läuft Sturm gegen den IWF und die Drei-Parteien-Regierung unter
       Führung des Konservativen Antonis Samaras. In einer parlamentarischen
       Anfrage forderte Tsipras den Premier auf, das IWF-Eingeständnis als
       Argument zu nutzen, um das Sparprogramm für null und nichtig zu erklären.
       
       ## Olli Rehn kritisiert die Debatte
       
       „Griechenland hat einen wichtigen Verhandlungsjoker außer Acht gelassen“,
       monierte der Oppositionschef. Daraufhin erwiderte Finanzminister Jannis
       Stournaras: „Herr Tsipras bringt Eulen nach Athen. Die Regierung hat das
       Thema bereits auf die Agenda gesetzt, allerdings nicht in dieser
       populistischen Art und Weise (wie Tsipras)“.
       
       Stournaras hat in der Tat den IWF-Rechenfehler beim jüngsten Treffen der
       Eurogruppe zur Sprache gebracht, erreichte damit beim Vizepräsidenten der
       EU-Kommission Olli Rehn jedoch wenig. In einem Brief an die
       EU-Finanzminister erklärte Rehn am Mittwoch, die Debatte um den
       Berechnungsmodus des IWF „habe uns nicht weiser gemacht“ und drohe „das
       Vertrauen zu verletzen, das wir in nachtlangen Sitzungen aufgebaut haben“.
       
       „Die Masken sind gefallen“ kommentiert die linksliberale Athener Zeitung
       der Redakteure. Und sie fügt hinzu: „Olli Rehn hat sich wie ein
       Kolonialherrscher aufgeführt und gesagt, wir sollten den Fehler einfach
       vergessen“. 
       
       Näheres soll besprochen werden, wenn die aus EU, EZB und IWF bestehende
       Troika Ende Februar nach Athen kommt, um das Sparprogramm unter die Lupe zu
       nehmen. Nach Informationen der liberal-konservativen Zeitung Kathimerini
       will Stournaras den IWF-Rechenfehler dann erneut ansprechen und aus diesem
       Anlass einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie beantragen.
       Dadurch würde der griechische Tourismus deutlich entlastet, zudem hätte
       Premier Samaras ein wichtiges Wahlversprechen eingelöst.
       
       15 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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