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       # taz.de -- Fleischverarbeitungsbetriebe geschlossen: Briten ekeln sich vor Pferdefleisch
       
       > „Schockierend und inakzeptabel“ nennt die Regierung Großbritanniens die
       > Verarbeitung von Pferdefleisch. Die Lebensmittelaufsicht hat zwei
       > Betriebe dicht gemacht.
       
   IMG Bild: Wenn er nicht mehr springen kann, macht man einfach Rindfleischlasagne aus dem Gaul.
       
       LONDON/BERLIN/BRÜSSEL dpa/afp | Die britische Lebensmittelaufsicht FSA hat
       am Dienstag nach einer Razzia zwei Fleischverarbeitungsbetriebe in England
       und in Wales geschlossen. Der Betreiber eines Schlachthofs in der
       Grafschaft Yorkshire in Nordengland steht unter dem Verdacht, geschlachtete
       Pferde an einen Betrieb in der Grafschaft Pembrokeshire in Wales
       weitergegeben zu haben.
       
       Das Fleisch wurde vermutlich zu Burger-Frikadellen und Kebabs verarbeitet.
       Polizisten und Lebensmittelkontrolleure beschlagnahmten in den beiden
       Betrieben Fleisch, Dokumente und Kundenlisten. Die Tatsache, dass dies in
       Großbritannien geschah, sei schockierend und inakzeptabel, sagte
       Umweltminister Owen Paterson in einer ersten Reaktion.
       
       Die Regierung werde alles tun, um dem ein Ende zu setzten. Ein Sprecher der
       Lebensmittelaufsicht sagte dem Sender BBC, die Behörde untersuche derzeit
       die beschlagnahmten Papiere, um genau feststellen zu können, was mit dem
       Pferdefleisch geschah.
       
       Die Behörden versucht derzeit herauszufinden, wie Pferdefleisch in
       Fertiggerichte gelangen konnte, in denen nach Verpackungsangaben nur
       Rindfleisch verarbeitet wurde. Bislang führten die Spuren ins Ausland. Mit
       der Razzia ist im Pferdefleischskandal erstmals eine britische Anlage ins
       Visier der Behörden und der Polizei geraten. Paterson traf sich am Abend
       mit Vertretern der Lebensmittelindustrie, um mögliche Schritte zu
       diskutieren. Am Mittwoch soll es ein Ministertreffen auf EU-Ebene geben, an
       dem auch Paterson teilnehmen wollte.
       
       ## Gesellschaftliches Tabu
       
       Der Sprecher der Lebensmittelaufsicht FSA betonte, dass das Schlachten von
       Pferden in Großbritannien legal ist. Bei dem Skandal geht es darum, dass
       Pferdefleisch den Kunden ohne ihr Wissen als Rindfleisch verkauft wird.
       Pferdefleisch wird in Großbritannien in der Regel für den Export nach
       Europa produziert. Der Verzehr von Pferdefleisch – in Ländern wie Italien,
       Frankreich oder auch Deutschland durchaus üblich – gilt in Großbritannien
       und Irland als gesellschaftliches Tabu. Es gibt, anders als in
       Zentraleuropa, keine Schlachter, die Pferdefleisch zu Wurst oder
       Fleischwaren verarbeiten.
       
       Trotz des Pferdefleisch-Skandals hält die EU-Kommission eine Änderung der
       Kennzeichnungsregeln für Fertigprodukte mit Fleisch für unnötig. Es sei
       „verfrüht“, Angaben über die Herkunft verarbeiteten Fleischs verpflichtend
       zu machen, sagte am Dienstag der Sprecher von Verbraucherschutz-Kommissar
       Tonio Borg. Unterdessen wurde erstmals auch bei Fertiggerichten in
       Frankreich falsch deklariertes Fleisch entdeckt.
       
       Während seit dem Auftreten der Rinderkrankheit BSE die Herkunft von
       frischem Rindfleisch im Handel angegeben werden muss, reicht auf
       Fertigprodukten die Angabe, welches Fleisch verarbeitet wurde – nicht
       jedoch, woher es stammt. Dabei will es Borg vorerst belassen. Die Regeln
       zur Zurückverfolgbarkeit von Fleisch funktionierten, verteidigte der
       Kommissionssprecher bestehende Bestimmungen zum Umgang mit Fleisch.
       
       Borg berät am Mittwoch auf EU-Ebene über die Folgen des Skandals. Da
       Deutschland bisher nicht betroffen ist, plant die Bundesregierung nach
       Angaben von EU-Diplomaten keine Teilnahme. Demnach wollen Vertreter
       Großbritanniens, Frankreichs, der Niederlande, Luxemburgs und Rumäniens
       nach Brüssel kommen.
       
       ## Fertiglasagne mit Pferd
       
       In dem aktuellen Skandal geht es um Fertiglasagne des britischen
       Unternehmens Findus, die – anders als auf der Verpackung angegeben – kein
       Rindfleisch, sondern Pferdefleisch enthielten. Das Fleisch gelangte aus
       Rumänien nach Frankreich, wo es für Findus verarbeitet wurde. Nun teilte
       der Tiefkühlkost-Anbieter Picard mit, auch in Frankreich sei in zwei
       Chargen Bolognese-Fertiglasagne Pferdefleisch nachgewiesen worden. Die
       Chargen wurden demnach bereits vergangene Woche vorsorglich aus dem Handel
       genommen.
       
       Wie auch Findus bezog Picard das Fleisch vom französischen Hersteller
       Comigel. Comigel hatte das Fleisch von dem südwestfranzösischen
       Fleischverarbeiter Spanghero bezogen, der es wiederum aus Rumänien erhalten
       hatte. Bislang ist unklar, wo das Fleisch falsch gekennzeichnet wurde. Die
       französische Justiz nahm am Dienstag auf nationaler Ebene Vorermittlungen
       wegen Betrugs auf. Die britische Polizei durchsuchte einen englischen
       Schlachthof und eine Fabrik in Wales; sie beschlagnahmte nach eigenen
       Angaben alles Fleisch vor Ort und stellte den Betrieb der beiden
       Unternehmen vorerst ein.
       
       Nach dem Fund des Pferdefleischs hatten vergangene Woche Supermärkte in
       Großbritannien, Frankreich und Schweden Millionen Tiefkühlgerichte aus
       ihren Regalen genommen. Am Dienstag zogen Supermärkte in den Niederlanden
       und der Schweiz nach. Nach Angaben des Bundesverbraucherschutzministeriums
       in Berlin liegen derzeit keine Hinweise darauf vor, dass falsch
       deklariertes Pferdefleisch nach Deutschland gekommen sein könnte.
       
       13 Feb 2013
       
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