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       # taz.de -- Obamas Rede zur Lage der Nation: Weniger Knarren, mehr Arbeit
       
       > Die Mittelschicht und ein Freihandelsabkommen sollen der US-Wirtschaft
       > wieder auf die Beine helfen. Nebenbei lobt US-Präsident Obama das
       > deutsche Bildungssystem.
       
   IMG Bild: Verhaltener Applaus für einen trotzig guckenden Obama (M.)
       
       WASHINGTON ap/afp/dpa | US-Präsident Barack Obama hat in seiner Rede zur
       Lage der Nation die Pläne für seine zweite Amtszeit dargelegt. In der rund
       einstündigen Ansprache vor beiden Häusern des US-Kongresses rief Obama am
       Dienstagabend (Ortszeit) zu einer Stärkung der Mittelschicht auf, um die
       strauchelnde Wirtschaft des Landes wieder in Schwung zu bringen.
       Gleichzeitig forderte er einmal mehr – auf sehr emotionale Weise –
       Änderungen im Waffenrecht, verkündete die Halbierung der US-Truppen in
       Afghanistan und warnte Nordkorea vor weiteren Provokationen.
       
       „Es ist die Aufgabe unserer Generation, den wahren Motor für Amerikas
       Wirtschaftswachstum wieder anzuwerfen: eine aufstrebende, wachsende
       Mittelschicht“, sagte Obama. Zur Stärkung der Wirtschaft müsse die
       Regierung das freie Unternehmertum fördern, individuelle Initiativen
       belohnen und jedem Kind des Landes den Aufstieg ermöglichen. Für die
       Zukunft des Landes müsse in die Bildung, die Infrastruktur und den Kampf
       gegen den Klimawandel investiert werden. Zudem will er auf ein
       Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union hinarbeiten, um die
       wirtschaftlichen Beziehungen zu Europa zu stabilisieren.
       
       Um das Haushaltsdefizit abzubauen, sei er zu Reformen der öffentlichen
       Krankenversicherung Medicare bereit, sagte Obama weiter. Gleichzeitig
       müssten aber auch, Steuerschlupflöcher für Besserverdiener gestopft worden.
       Wichtig sei es, eine Einigung über die Parteigrenzen hinweg zu erzielen.
       Die großartigste Nation der Welt könne nicht von einer selbst geschaffenen
       Krise in die nächste schlittern, sagte er mit Blick auf die jüngsten
       Minimalkompromisse im US-Haushaltsstreit.
       
       In einer offiziellen Antwort der Republikaner stimmte Senator Marc Rubio
       zwar Obamas Plänen für eine Ankurbelung des Wirtschaftswachstums durch eine
       stärkere Mittelschicht zu, lehnte aber die Herangehensweise des Präsidenten
       ab, die dafür den Staat in der Pflicht sehe und nicht den freien Markt.
       
       ## Der Schutz der Nachbarn
       
       „Mr. President, ich lehne ihre Pläne nicht ab, weil ich die Reichen
       schützen will. Ich lehne sie ab, weil ich meine Nachbarn schützen will“,
       sagte Rubio. Obama und die Republikaner im Kongress hatten sich Ende des
       vergangenen Jahres eine heftige Auseinandersetzung um die vom Präsidenten
       geforderten Steuererhöhungen für wohlhabende Amerikaner geliefert.
       
       In seiner Rede zur Lage der Nation machte Obama deutlich, dass der Einsatz
       für die Durchschnittsverdiener auf der Agenda für seine zweite Amtszeit
       ganz oben steht. „Eine wachsende Wirtschaft, die gute Jobs für die
       Mittelschicht schafft – das muss der Nordstern sein, der unsere Bemühungen
       leitet.“
       
       Viele der von Obama vorgeschlagenen Initiativen bedürfen einer Zustimmung
       des US-Kongresses. Ebenso wie seine Pläne für ein neues Zuwanderungs- und
       Waffengesetz. Mit Blick auf einige bei der Rede anwesenden Angehörigen von
       Opfern von Waffengewalt forderte er die Abgeordneten dazu auf, über seine
       Vorschläge abzustimmen, die unter anderem das Verbot von Sturmgewehren und
       Magazinen mit besonders vielen Patronen vorsehen.
       
       „Die Opfer von Newtown verdienen eine Abstimmung“, sagte er in einer der
       emotionalsten Passagen seiner Ansprache im Bezug auf das Massaker an einer
       Grundschule im US-Staat Connecticut. Direkt sprach Obama die neben seiner
       Frau Michelle im Publikum sitzenden Eltern der 15-jährigen Hadya Pendleton
       an, die mit ihrem Chor bei seiner Amtseinführung gesungen hatte und wenige
       Tage später in Chicago erschossen wurde.
       
       ## Nordkoreanische Provokation
       
       Obama kündigte zudem an, im Laufe dieses Jahres weitere 34.000 Soldaten aus
       Afghanistan abzuziehen und damit die Truppenstärke der USA am Hindukusch in
       etwa zu halbieren. Wie geplant, sollten Ende 2014 dann alle Kampfeinheiten
       das Land verlassen. „Bis zum Ende des nächsten Jahres wird unser Krieg in
       Afghanistan vorbei sein“, sagte Obama.
       
       Durch den Atomtest in Nordkorea am Dienstag bekam der außenpolitische Teil
       der Rede unerwartet ein stärkeres Gewicht. Den Atomwaffentest in Nordkorea
       nannte Obama eine Provokation. Sicherheit und Wohlstand werde das Land nur
       erreichen, wenn es seine internationalen Verpflichtungen einhalte und nicht
       durch Atomtests, erklärte Obama. So werde sich Nordkorea nur weiter in der
       Welt isolieren.
       
       ## Deutsches Vorbild
       
       Obama kündigte auch an, dass die USA Verhandlungen mit der Europäischen
       Union über ein transatlantisches Handelsabkommen aufnehmen. Das helfe
       „Millionen gut bezahlten amerikanischen Jobs“. Der US-Präsident lobte auch
       das deutsche Bildungssystem: „Diese deutschen Kids sind bereit für den Job,
       wenn sie die Schule abschließen. Sie wurden für die Jobs ausgebildet, die
       es gibt.“
       
       Obama versuchte, den versammelten Kongressabgeordneten und den Millionen
       Fernsehzuschauern in wenigen Sätzen die Vorzüge des dualen Systems aus
       Schul- und Berufsausbildung in der Bundesrepublik näher zu bringen. Die
       deutschen Jugendlichen könnten die Schule bereits mit einem handwerklichen
       Abschluss verlassen, erklärte er. Mehrere in den USA tätige deutsche
       Unternehmen wie VW und Siemens haben auf eigene Faust das duale System aus
       Theorieunterricht und Praxis im Betrieb eingeführt, um ihre Fachkräfte
       besser auszubilden.
       
       13 Feb 2013
       
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