URI: 
       # taz.de -- Kommunale Kleidersammler: Frisches Geld mit alten Klamotten
       
       > Im Geschäft mit Altkleidern erwirtschaften karitative Organisationen
       > Millionen. Nun mischt ein übermächtiger Konkurrent mit: die Kommune.
       
   IMG Bild: Gut getarnte Schatztruhe. Der Handel mit Altkleidern finanziert viele Projekte des DRK.
       
       BERLIN taz | Wer hätte gedacht, dass die alten Klamotten so begehrt sind?
       Ein Jahr nach Beschluss des reformierten Kreislaufwirtschaftsgesetzes
       entdecken immer mehr Kommunen, dass sich mit Alttextilien Millionen machen
       lassen. Karitative Organisationen schlagen Alarm, private Unternehmen sind
       empört.
       
       Kommunen haben bei der Sammlung von Altkleidern einen großen Verteil: Seit
       Inkrafttreten des [1][Gesetzes] im vergangenem Juni haben sie die
       Möglichkeit, sich ein Monopol bei der Sammlung von Abfällen zu sichern.
       Viele Gemeinden haben dies seither genutzt, um in das lukrative Geschäft
       mit Alttextilien einzusteigen. Sie verdrängen dabei die Container
       karitativer und privater Sammler aus dem Stadtbild. Unternehmen und
       Organisationen sehen sich mit einer übermächtigen Konkurrenz konfrontiert.
       
       Dass es dabei um mehr als nur um "Spenden" für karitative Kleiderkammern
       geht, wird schnell klar – Weiterverwerter zahlen aktuell Rekordpreise für
       die gebrauchte Ware. „Für Kleidung besteht momentan eine enorme Nachfrage“,
       sagt Michael Sigloch vom [2][Bundesverband für Sekundärrohstoffe und
       Entsorgung] (BVSE). Der Preis liegt inzwischen bei 450 Euro pro Tonne, eine
       Millionen Tonnen gebrauchte T-Shirts, Hosen und Pullover finden in
       Deutschland jährlich ihren Weg in die Entsorgung.
       
       ## Mit Altkleidern lassen sich Millionen machen
       
       Bislang teilten wohltätige Organisationen und private Unternehmen den
       Millionenkuchen unter sich auf. Mit den Kommunen ist nun ein Mitbewerber
       auf den Markt getreten, der die Regeln selbst bestimmen kann. Jeder
       Standplatz wird genehmigungspflichtig, und an wen die Kommune Genehmigungen
       verteilt, bleibt im Grunde ihr selbst überlassen.
       
       Dieses Vorgehen wird vonseiten des BVSE kritisiert: „Wir sammeln keinen
       Abfall“, sagt Michael Sigloch. Schließlich würden bis zu 90 Prozent der
       Kleider, die er mit seinem schwäbischen Familienunternehmen hereinholt, in
       die Wiederverwendung gehen. Die Kleider werden gesammelt, sortiert, in
       Paketen zusammengeschnürt und an Secondhandhändler in Deutschland,
       Osteuropa und [3][Afrika] verkauft.
       
       Diese umstrittene Lieferkette bleibt auch bestehen, wenn Kommunen die
       Kleidersammlung selbst übernehmen. Die Kommunen erklären sich lediglich
       zuständig für das Sammeln und verkaufen die Kleidung dann an
       Weiterverwerter und damit zum Teil an genau jene Unternehmen, die sie
       selbst vom Markt gedrängt haben.
       
       Auch wohltätige Organisationen beobachten die Veränderungen am Textilmarkt
       mit Sorge. „Wir haben einige Ortsvereine, die tatsächlich verdrängt
       wurden“, sagt Stephanie Krone, Pressereferentin beim Deutschen Roten Kreuz.
       „Das schmälert unsere Möglichkeiten natürlich sehr.“ [4][Die Organisation
       sammelt bislang deutschlandweit jährlich bis zu 100.000 Tonnen Altkleider,]
       die sie zu 95 Prozent an Textilverwerter wie Michael Sigloch
       weiterverkauft. Nach eigenen Angaben bekam das Rote Kreuz pro Tonne 260
       Euro. Rund 25 Millionen Euro hat die Organisation so bislang jedes Jahr
       umgesetzt. „Dieses Geld könnte bald in den Etat der Städte statt in unsere
       Projekte fließen“, befürchtet Udo Bangerter vom Deutschen Roten Kreuz.
       
       10 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/krwg/gesamt.pdf
   DIR [2] http://www.bvse.de/
   DIR [3] http://www.suedwind-institut.de/themen/weitere-themen/altkleider/
   DIR [4] http://www.drk.de/aktuelles/fokusthemen/kleidersammlung.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Block
       
       ## TAGS
       
   DIR Kreislaufwirtschaftsgesetz
   DIR Müll
   DIR Textilien
   DIR Kommunen
   DIR Abschiebung
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR Kreislaufwirtschaftsgesetz
   DIR Kreislaufwirtschaftsgesetz
   DIR Recycling
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Protest gegen Abschiebungen in Berlin: Behandelt wie Altkleider
       
       Mit einer Modenschau aus Altkleidern wollen Aktivist*innen auf den
       Umgang mit Geflüchteten hinweisen. Ein Model wird kurz vor Beginn
       abgeschoben.
       
   DIR Sozialunternehmerin über Altkleider: „Berlin hat ein Textilproblem“
       
       Im Textilhafen der Berliner Stadtmission stranden künftig Tonnen nicht
       verwertbarer Altkleider. Projektleiterin Ana Lichtwer will damit Häuser
       dämmen.
       
   DIR Abfall in der Kreislaufwirtschaft: Lenkung? Abgelehnt!
       
       Das neue Programm der Bundesregierung zur Abfallvermeidung hat keine klaren
       Ziele. Zusätzliche Abgaben sind umstritten.
       
   DIR Lukrative Wertstoffe: Alle wollen Altmetall
       
       Kommunen wünschen sich beim Schrotthandel ein größeres Stück vom Kuchen.
       Das Nachsehen haben kleine fahrende Händler – unter ihnen viele Sinti und
       Roma.
       
   DIR Modemarke Burberry: Der Feder-Fauxpas
       
       Burberry verkauft einen Mantel mit Pfauenfedern, die laut dem Unternehmen
       aus Indien stammten. Dort ist der Export solcher Federn aber verboten.
       
   DIR Lob vom Bundeskartellamt: Viel Wettbewerb beim Recycling
       
       Die Kreislaufwirtschaft sei mit der privaten Konkurrenz besser und billiger
       geworden, sagt das Bundeskartellamt. Der Mittelstand ist anderer Meinung.
       
   DIR Verwirrung um Abfallgesetz: Kampf ums Altpapier geht weiter
       
       Auch mit neuem Abfallgesetz lässt sich der Streit zwischen privater und
       öffentlicher Abfallwirtschaft nicht schlichten. Nun wollen private
       Unternehmen das Gesetz kippen.