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       # taz.de -- Kommentar FDP und Rassismus: Liberale Wagenburgmentalität
       
       > Ob Brüderle oder Hahn, die FDP sollte gruppenbezogene
       > Menschenfeindlichkeit nicht wegdiskutieren. Sonst ist sie für liberal
       > denkende Bürger unwählbar.
       
   IMG Bild: Philipp Rösler stellt sich vor Jörg-Uwe Hahn. Ob das so gut ist?
       
       Machen wir uns nichts vor. Außerhalb des Raumschiffs Berlin, abseits der
       Kameras und Mikrofone, gibt es in diesem Land Rassismus. Nicht nur in der
       hessischen Provinz scheint es für manche Wählerinnen und Wähler eine
       unerträgliche Vorstellung zu sein, einer FDP ihre Stimme zu geben, deren
       Vorsitzender in Vietnam geboren wurde.
       
       Umso wichtiger ist es, dass ein Landespolitiker wie der hessische FDP-Chef
       Jörg-Uwe Hahn seine Worte abwägt. Hahn ist nicht nur stellvertretender
       Ministerpräsident, sondern auch Integrationsminister. Er muss sich
       mangelnde Sensibilität vorwerfen lassen, wenn er in einem Interview sagt,
       er wüsste gern, „ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch
       aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren“.
       
       „Noch länger“? Das lässt sich auch als Basta-Satz eines Landespolitikers
       interpretieren, der mit rassistischer Wortwahl eine politische Karriere
       beenden will. Hahn will das aber gar nicht so gemeint haben. Im Gegenteil,
       er beteuert, mit seinem Interview eine Debatte über Alltagsrassismus
       anregen zu wollen.
       
       Tatsächlich ist er in seiner Partei keiner von denen, die offen gegen den
       Parteivorsitzenden Philipp Rösler intrigieren. Im Gegenteil, im selben
       Interview droht er dessen prominentesten Kritikern Wolfgang Kubicki und
       Dirk Niebel mit einem Scherbengericht auf dem Sonderparteitag Anfang März.
       
       Auch wenn Philipp Rösler sich nun selbstbewusst vor Jörg-Uwe Hahn gestellt
       hat – das Problem der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in seiner
       Partei sollte der Parteivorsitzende besser nicht wegdiskutieren wollen. Die
       liberale Wagenburgmentalität – das hat die unterdrückte Sexismusdebatte
       über den designierten Spitzenkandidaten Rainer Brüderle gezeigt – macht die
       FDP für tatsächlich liberal denkende Bürger letztlich unwählbar.
       
       Die Wählerinnen und Wähler haben ein feines Gespür dafür, wo es zur
       politischen Kultur gehört, sich auf Kosten gesellschaftlicher Randgruppen
       zu profilieren. Seien es Frauen, Behinderte – oder ein Parteichef mit
       migrantischer Biografie. Es sei denn, die FDP möchte gern auf Wähler mit
       modernem Menschenbild verzichten und lieber von Alltagsrassisten gewählt
       werden, die „den Chinesen weghaben“ wollen.
       
       8 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
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