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       # taz.de -- Schulessen in Berlin: Senat kommt auf den Geschmack
       
       > Die Bildungssenatorin will die Qualität des Schulessens verbessern. Für
       > Eltern wird es deshalb deutlich teurer: mindestens 37 Euro pro Monat
       > werden fällig.
       
   IMG Bild: Das ist billig und gesund: Rohkost als Mittagsmahl in einer Grundschule.
       
       Schluss mit totgespritzten Tomaten aus China, Schluss mit Gammelfleisch auf
       dem Teller: Rot-Schwarz hat am Dienstag ein Gesetz zur Verbesserung des
       Schulessens auf den Weg gebracht. Demnach sollen sich alle Caterer künftig
       an den Qualitätsstandard der deutschen Gesellschaft für Ernährung halten.
       Ausschreibungen soll zudem ein Festpreis von 3,25 Euro pro Essen zugrunde
       liegen. „Bisher gewann der günstigste Anbieter. Das stellen wir auf den
       Kopf: Künftig steht die Qualität im Zentrum, nicht der Preis“, sagte
       Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bei der Vorstellung des
       Gesetzentwurfs im Roten Rathaus.
       
       Im Sommer 2012 hatte Scheeres eine Studie der AOK vorgestellt, nach der ein
       Mittagessen mindestens 3,25 Euro kosten muss, damit es
       ernährungswissenschaftlich ausgewogen und qualitätsvoll ist. Bislang
       standen dafür nur 1,98 Euro zur Verfügung, davon sogar nur 50 Cent für
       Lebensmittel. „Dafür bekommt man kein gutes Essen“, sagte Scheeres. Künftig
       müssten die Caterer deshalb nachweisen, dass sie mindestens 1,25 Euro für
       Lebensmittel ausgeben. Kontrollieren sollen das sowohl die Bezirke, denen
       das Land dafür vier Stellen bezahlt, als auch sogenannte
       Mittagessenausschüsse in den Schulen selbst. Diese Ausschüsse, in denen
       Eltern, Schüler, Lehrer und Erzieher vertreten sein werden, sollen bei der
       Auswahl der Anbieter einbezogen werden.
       
       Der Elternbeitrag an Grundschulen steigt laut Gesetzentwurf von bislang 23
       Euro auf 37 Euro pro Monat. Die Eltern zahlen weiterhin 70 Prozent der
       Kosten. Den Rest übernimmt das Land, dessen Ausgaben damit von 10 Millionen
       auf rund 19 Millionen Euro jährlich steigen.
       
       Für Hartz-IV-Empfänger ändert sich nichts – sie bekommen über das
       Bildungspaket weiterhin einen Zuschuss und zahlen einen Euro pro Portion
       selbst. Unklar ist indes, wie hoch der Elternbeitrag an weiterführenden
       Schulen sein wird. Die dortigen Essen will das Land weiterhin nicht
       subventionieren. Bei einem Mindestpreis von 3,25 Euro pro Essen und den
       durchschnittlich 16 Tagen im Monat, die die Verwaltung bei ihren
       Berechnungen zugrunde legt, wäre der Elternbeitrag an weiterführenden
       Schulen eigentlich 52 Euro. So hoch dürfte er aber nicht werden, vermutet
       Scheeres, und hofft: „Das wird der Markt richten.“ Die Schulen könnten ja
       weiterhin individuell mit Caterern Verträge aushandeln – nur gelten dafür
       jetzt eben Mindeststandards bei der Qualität.
       
       Die gehen den Grünen allerdings nicht weit genug. Als „halben Schritt“ in
       die richtige Richtung kritisierte der bildungspolitische Sprecher de
       Grünen, Özcan Mutlu, den Entwurf. Ihm fehlen die Festschreibung von 20 bis
       30 Prozent Bio-Anteil am Essen und die Vorschrift, möglichst regionale
       Produkte einzukaufen. „Sonst kostet das Essen die Eltern zwar mehr, aber
       der Caterer kauft trotzdem weiter billig in China und steckt das Geld ein“,
       so Mutlu zur taz. Daher müssten auch klare Kontrollmechanismen her.
       
       Ein Problem sieht Mutlu zudem – ebenso wie der Landeselternausschuss (LEA)
       – im Elternanteil von 70 Prozent. Beide fordern, den Eltern maximal 50
       Prozent der Kosten aufzubürden. Den Rest müsse das Land tragen.
       
       Zudem findet es der LEA nicht ersichtlich, warum das Essen an
       weiterführenden Schulen nicht bezuschusst wird. Es sei „hinlänglich
       bekannt, dass in unseren Schulen bereits jetzt, unter anderem aus
       Kostengründen, nicht alle Kinder und Jugendlichen am Schulessen teilhaben“,
       so Günter Peiritsch, Vorsitzender des LEA, in einer Stellungnahme. Es gebe
       viele Familien, für die 37 Euro oder gar 52 Euro eine erhebliche Belastung
       darstellen, die aber keinerlei Zuschüsse bekommen, weil ihr Einkommen knapp
       über Hartz IV liegt. Eine soziale Staffelung der Elternbeiträge sei daher
       wünschenswert, finden sowohl der LEA als auch Mutlu.
       
       5 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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