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       # taz.de -- Länderspiel Frankreich vs. Deutschland: Held und Hassfigur
       
       > Dem Fußballer Franck Ribéry fliegen in Deutschland die Herzen zu. In
       > Frankreich gilt der Mittelfeldspieler als ausgemachtes Ekelpaket.
       
   IMG Bild: Der ungeliebte aus München: Franck Ribéry
       
       BERLIN taz | Fans des FC Bayern München müssen lächeln, wenn sie auf Franck
       Ribéry und die Affäre Bus angesprochen werden. Sie erinnern sich dann an
       den Januar 2009. Die Bayern waren im Trainingslager in Dubai, da setzte
       sich der französische Mittelfeldspieler kurz vor der geplanten Abfahrt zum
       Trainingsplatz ans Steuer des Mannschaftsbusses und drehte damit eine
       Runde. Zwei Hinweisschilder des Hotels hat er dabei geschrottet. Schlimm
       fand das niemand beim FC Bayern – man hat gelacht.
       
       Fußballfans in Frankreich vergeht jedes Lachen, wenn sie auf Franck Ribéry
       und die Affäre Bus angesprochen werden. Sie denken dann an die WM 2010 in
       Südafrika und die Vorfälle im Trainingscamp ihrer Nationalmannschaft in
       Knysna. Dort war es zum Spieleraufstand gekommen. Eine Gruppe von
       Auswahlkickern wollte den Rauswurf von Stürmer Nicolas Anelka aus dem Team
       nicht hinnehmen. Der sollte gehen, weil er sich nicht dafür entschuldigen
       wollte, dass er Nationaltrainer //Raymond:Raymond Domenech beschimpft
       hatte. Ein Großteil des Teams weigerte sich zu trainieren und blieb einfach
       im Mannschaftsbus sitzen.
       
       Als einer der Rädelsführer der Busbesetzer war schnell Franck Ribéry
       ausgemacht. Frankreich schied nach der Vorrunde aus, und Ribéry gilt bis
       heute als Hauptverantwortlicher für den Niedergang des französischen
       Fußballs.
       
       Vor dem Testspiel der Auswahlteams beider Länder (21 Uhr, ARD) haben sich
       etliche französische Reporter auf den Weg nach Deutschland gemacht und
       einmal mehr verwundert festgestellt, wie beliebt Ribéry im Nachbarland ist.
       In der jährlichen Umfrage des Sportmagazins Kicker unter Spielern und
       Trainern der Bundesliga wurde der 29-Jährige mit großem Abstand zum besten
       Spieler 2012 gewählt.
       
       Während in Deutschland vom Spielwitz des Franzosen geschwärmt wird, fragt
       man sich in Frankreich, wann Ribéry endlich einmal ein ordentliches
       Länderspiel absolvieren wird. Für den Trainer der französischen Nationalelf
       hat dies auch etwas mit mit der Bus-Affäre zu tun. „Bei den Bayern hat er
       permanentes Vertrauen. Die haben ihn selbst in den schwierigsten
       persönlichen Situationen unterstützt. In Frankreich hat er Südafrika
       erleben müssen – diese Bus-Affäre mit dem Trainingsboykott“, sagt
       [1][Didier Dechamps].
       
       ## Der Hurenschnacksler
       
       Die schwierigste persönliche Situation in Ribérys Leben, auf die Dechamps
       anspielt, ist die Beziehung zu dem seinerzeit 17 Jahre alten Callgirl Zahia
       Dehar. Diese geschlechtliche Geschäftsbeziehung fand 2009 statt und ist in
       Frankreich immer noch Thema. Im Januar lief im französischen Fernsehen eine
       Dokumentation zur Affäre Zahia, und erst im Juni wird der Fall juristisch
       abgeschlossen sein. In einem Berufungsverfahren muss sich Ribéry im Juni
       vor Gericht für die Beziehung mit einer minderjährigen Prostituierten
       verantworten.
       
       In Frankreich ist die ehemalige Hure zum Star aufgestiegen. Ihre
       [2][Unterwäschekollektion] soll gar von Altcoutourier Karl Lagerfeld gelobt
       worden sein. Während die französische Öffentlichkeit Dehar regelrecht aus
       der Hand frisst, ist für Ribéry die Affäre mit ihr ein einziges
       Imagedesaster. Als Dehar sagte, Ribéry sei „weder galant noch freundlich
       noch nett“, lachte die ganze Nation. Das französische Klatschblatt VSD hat
       eine Umfrage in Auftrag gegeben und nach dem unbeliebtesten Sportler des
       Jahres 2012 gesucht. Ribéry war ohne echte Konkurrenz. 69 Prozent stimmten
       für ihn.
       
       Er fühlt sich ungerecht behandelt. In der vergangenen Woche beklagte er
       sich in einem Interview mit Radio Monte Carlo darüber, dass die Presse
       einen regelrechten Feldzug gegen ihn führe. Dennoch sei er weiterhin stolz,
       das französische Trikot tragen zu dürfen. Ein solches mit seinem Namen auf
       dem Rücken wird sich in Frankreich dennoch wohl noch eine Weile nicht allzu
       gut verkaufen lassen. Wie schön für ihn, dass er wenigstens in München
       geliebt wird. Auch wenn sein Klub keine Zahlen verkündet, ist es ein
       offenes Geheimnis, dass Bayern-Trikots mit dem Namen Ribéry der Renner im
       Fanshop des deutschen Rekordmeisters sind.
       
       6 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.fff.fr/mediatheque/bleu/544492_deschamps-on-a-tous-envie-de-vibrer
   DIR [2] http://www.zahia.com/collections/en
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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