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       # taz.de -- Super Bowl 2013: Göttlicher Stromausfall
       
       > Packendes Finale, knappe Sieger: Die Baltimore Ravens haben den Super
       > Bowl gewonnen. Auch weil Quaterback Joe Flacco eine Galavorstellung
       > abliefert.
       
   IMG Bild: Nicht zu stoppen und wertvollster Spieler des Spiels: Baltimore-Quarterback Joe Flacco (in weiß).
       
       NEW ORLEANS taz | Die Frage blieb lange offen, wie das alles eigentlich
       passieren konnte. Hernach gab es dafür zwei Antworten. Die rein
       physikalische Erklärung erfolgte drei Stunden nach dem Spiel: „Ein Gerät
       zur Überprüfung der elektrischen Last entdeckte eine Abnormalität im System
       und setzte wie für diesen Fall vorgesehen einen Abschaltkreis in Gang.“ Und
       so fiel im Superdome zu New Orleans, während des dritten Viertels des
       Finales um die Super Bowl 47, der Strom [1][aus].
       
       Etwa ein Fünftel der Scheinwerfer wurde über ein Notstromaggregat
       betrieben, es wurde still im zuvor wahnsinnig lauten Dome. Der Oberrang
       versuchte verzweifelt, eine La Ola hinzubekommen, ein einsamer
       Papierflieger bahnte sich den Weg Richtung Spielfeld, wo die Spieler
       herumlagen und ihre Beine dehnten. Die Klimaanlage war ebenfalls
       ausgefallen, es wurde langsam ziemlich warm im überdachten Stadion.
       
       Diese 34-minütige Unterbrechung hat das Spiel nicht entschieden, denn zu
       diesem Zeitpunkt führten die Baltimore Ravens mit 28:6, und sie gewannen
       dann ja auch noch mit 34:31. Doch der Stromausfall mit anschließender
       Langeweile war der Weckruf gewesen für den lange ratlosen Gegner, die San
       Francisco 49ers. Zumal wegen der Panne Ravens-Quarterback [2][Joe Flacco],
       später zum wertvollsten Spieler der Partie gewählt, insgesamt 84 Minuten am
       Stück nicht auf dem Platz stand – und die bis dahin so brillant spielende
       Offensive verlor ihren Rhythmus.
       
       Nur Ravens-Trainer John Harbaugh war stets klar gewesen, dass es spannend
       bleiben würde: „Ich wusste, dass die 49ers zurückkommen, denn Jim Harbaugh
       ist [3][der beste Trainer der Welt].“ Jim ist sein Bruder. Doch die 49ers
       hatten eben auch Fehler begangen. Ausgerechnet der erste Spielzug, der für
       eine Super Bowl für gewöhnlich wohl durchdacht ist, endete mit einer Strafe
       für San Francisco.
       
       ## Seltene Dominanz
       
       Passempfänger Vernon Davis hatte zwar 20 Yards erspielt, wurde allerdings
       wegen illegaler Aufstellung zurückgepfiffen. „All diese Strafen haben uns
       wirklich wehgetan“, sagte Jim Harbaugh später. Die zweite ermöglichte gar
       den ersten Touchdown der Ravens, Joe Flacco fand noch in der fünften
       Spielminute Anquan Boldin in der Endzone.
       
       Die Ravens dominierten, wie es in einer Super Bowl selten passiert. Flacco
       warf insgesamt drei Touchdown-Pässe und insgesamt für 287 Yards, selbst mit
       49ers-Spielern an seinem Trikot ziehend fand er immer wieder freie
       Mitspieler. Dass er zum Most Valuable Player (MVP) wurde, kam deshalb nicht
       überraschend.
       
       Doch mindestens einen weiteren Kandidaten hätte es gegeben: Jacoby Jones
       fing nicht nur einen Touchdown für 56 Yards, er trug auch einen Kickoff
       zurück in die gegnerische Endzone. Sein Lauf über 108 Yards war der längste
       der Super-Bowl-Geschichte. Doch zwei Minuten nach diesem Lauf kam der
       Blackout, und noch einmal vier Minuten später stand es nur noch 28:23 für
       die Ravens.
       
       Aber Baltimore verteidigte den Vorsprung und hielt den Gegner in den
       letzten beiden Minuten von der Endzone fern, die Entscheidung in diesem
       vielseitigen Finale brachte ein Safety (zwei Punkte) für San Francisco, den
       Baltimore allerdings aus taktischen Gründen absichtlich kassierte.
       
       ## Nährboden für Mythzen
       
       Der 34:31-Endstand allein sagt viel aus: ein hohes Ergebnis, obwohl beide
       Mannschaften starke Defensiven haben. Viele weite Pässe, obwohl die
       Rückraumspieler zu den besten der Liga zählen. Das Spiel war im wahrsten
       Sinne verrückt und in keinster Weise vorhersehbar. Deshalb wird diese Super
       Bowl auch noch viel Nährboden bieten für Mythen und Verschwörungstheorien.
       
       Für 49ers-Coach Jim Harbaugh zum Beispiel wurde die Partie durch die
       Schiedsrichter entschieden: eine Minute und 50 Sekunden vor Schluss warf
       Colin Kaepernick zum letzten Mal in die Endzone von Baltimore, Michael
       Crabtree fiel ohne Ball zu Boden. „Das war klare Behinderung“, sagte
       Harbaugh. Mit diesem Touchdown wären die 49ers erstmals in Führung
       gegangen.
       
       Ray Lewis, so etwas wie die Lichtgestalt der Ravens, saß nach dem Spiel vor
       den Mikrofonen, die Champions-Mütze tief ins Gesicht gezogen, und sagte:
       „Wenn Gott auf deiner Seite ist, wer kann dich dann schlagen?“ Lewis, der
       am Sonntagabend das letzte Spiel seiner Karriere spielte, war in diesem
       Moment vielleicht der Prediger mit der höchsten Einschaltquote in der
       Geschichte des Christentums. Es handelte sich also um einen göttlichen
       Stromausfall, in der Heimat der New Orleans Saints.
       
       4 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=jFQeWZwCOMQ
   DIR [2] http://www.nfl.com/videos/nfl-network-gameday/0ap2000000135793/Why-was-Flacco-so-successful
   DIR [3] http://www.nfl.com/videos/baltimore-ravens/0ap2000000135961/Ravens-postgame-press-conference
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Leischwitz
       
       ## TAGS
       
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