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       # taz.de -- Kommentar homosexuelle Asylbewerber: Am Ende bist du hetero
       
       > Während die Gesellschaft heute offener mit Homosexualität umgeht, gibt es
       > in den Amtsstuben und Gerichten noch immer eine homophobe Grundhaltung.
       
       Kein homosexueller Asylbewerber wird künftig mehr mit der Begründung
       abgelehnt, er möge seine sexuelle Identität im Heimatland doch bitte
       verbergen und so einer Verfolgung entgehen. Das ist ein richtiger Schritt,
       doch das Problem, dass Homosexualität bei Asylbewerbern allzu häufig nicht
       als ausreichender Asylgrund angesehen wird, ist leider noch nicht vom
       Tisch.
       
       Viele Indizien sprechen dafür, dass die Behörden jetzt noch schärfer
       bezweifeln werden, ob die Betroffenen tatsächlich lesbisch oder schwul
       sind. Denn zwischen Bürgern und Beamten besteht eine deutliche Diskrepanz.
       Während die Gesellschaft heute deutlich entspannter mit Homosexualität
       umgeht als noch vor 20 Jahren, ist in den Amtsstuben und Gerichten des
       Landes eine homophobe Grundhaltung noch immer weit verbreitet.
       
       Hat ein schwuler Sudanese Kinder, zweifelt das Bundesamt an seiner
       Homosexualität. War er gar verheiratet, ebenfalls. Hält ein iranisches
       lesbisches Paar bei einer Anhörung nicht ständig Händchen, glaubt der
       Beamte ihnen nicht. Ist ein schwuler Mann aus Uganda vor der eigenen
       Familie nicht geoutet, ist er für die Behörde unglaubwürdig. Wurde ein
       Sudanese als Kind von Männern vergewaltigt, so ist es für die Behörde nicht
       vorstellbar, dass er später eine schwule Beziehung führen kann. All das
       sind reale Fälle.
       
       Die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bietet jetzt
       die Chance, dass es in den Ämtern zu einem Sinneswandel kommt. Damit dies
       nicht dem Zufall überlassen wird, müssen Mitarbeiter, die über schwule und
       lesbische Asylbewerber entscheiden, intensiv geschult werden. Nur so können
       Vorurteile ab- und Wissen aufgebaut werden. Es ist nicht zu viel verlangt,
       dass sich die Behörden bei der ohnehin geringen Zahl von Asylbewerbern ein
       bisschen Mühe geben.
       
       3 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Paul Wrusch
   DIR Paul Wrusch
       
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