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       # taz.de -- Pestizide in der Landwirtschaft: Erlaubte Giftdosis tötet Frösche
       
       > Selbst in einer zugelassenen Menge sind Pestizide häufig zu giftig für
       > Amphibien. Das Umweltbundesamt fordert ein strengeres
       > Zulassungsverfahren.
       
   IMG Bild: Traurige Auswirkung von gängigem Ackergift: Tote Frösche.
       
       Weil Pestizide schon in der zulässigen Dosierung Amphibien töten, fordert
       das Umweltbundesamt (UBA) ein strengeres Zulassungsverfahren für die
       Chemikalien. Im Auftrag des UBA haben Wissenschaftler der Universität
       Koblenz-Landau untersucht, wie sieben gängige Ackergifte in
       anwendungsüblichen Mengen auf Grasfrösche wirken. Je nach Pestizid starben
       bei der Untersuchung zwischen 20 und 100 Prozent der Frösche.
       
       UBA-Präsident Jochen Flasbarth empfahl deswegen am Freitag, die
       europäischen Leitlinien zur Risikobewertung von Pestiziden zu überarbeiten.
       „Das Umweltbundesamt hält es für erforderlich, den Schutz der Amphibien in
       der Produktzulassung, aber auch in der landwirtschaftlichen Praxis stärker
       zu berücksichtigen“, sagte er.
       
       Die Wissenschaftler aus Landau sollten für das UBA herausfinden, ob die
       Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel die Empfindlichkeit von
       Fröschen, Kröten und Molchen ausreichend berücksichtigen. Um den
       landwirtschaftlichen Einsatz der sieben Pestizide zu simulieren,
       übersprühten sie Grasfrösche mit den Pflanzenschutzmitteln. Sechs Pestizide
       brachten jeweils zwischen 40 und 100 Prozent der besprühten Frösche um. Bei
       drei Produkten habe sogar ein Zehntel der zugelassenen Mengen akut giftig
       gewirkt und 40 Prozent der Tiere binnen einer Woche getötet, erklärte das
       UBA.
       
       Das einzige Pestizid, das lediglich 20 Prozent der getesteten Grasfrösche
       tötete, enthielt den gleichen Wirkstoff wie ein Präparat, das alle damit
       besprühten Tiere vergiftete. Das UBA vermutet daher, dass vor allem die in
       den Pestiziden enthaltenen Lösemittel für die Amphibien schädlich sind. Sie
       wirkten entweder selbst giftig oder sie verstärkten den Effekt der
       eigentlichen Wirkstoffe. „Sie könnten etwa ihr Eindringen in den Körper
       begünstigen“, sagte der Pflanzenschutzexperte des UBA, Jörn Wogram.
       
       ## Test an Kaulquappen
       
       Das UBA wolle nun herausfinden, welche Lösemittel auf welche Weise
       schädlich wirkten. Je nach Ergebnis könne es sinnvoll sein, „Testsysteme zu
       entwickeln, um für Amphibien sehr toxische Pestizide zu identifizieren und
       ihnen, wenn nötig, die Zulassung zu verweigern oder sie mit Mechanismen zum
       Schutz der Amphibien zu versehen“.
       
       Falls sich bestätige, dass vor allem die Lösemittel giftig seien, müsse man
       über eine Umgestaltung der Zusammensetzung der Pflanzenschutzmittel
       nachdenken. „Wenn das dann nicht gelingt, stünden wir vor einem
       weitreichenden Problem“, sagte der Experte. Änderungen der
       Zulassungskriterien für die Mittel seien in jedem Fall nur auf europäischer
       Ebene möglich.
       
       Nach Angaben der Landauer Wissenschaftler werden Pestizide vor der
       Zulassung bislang an Kaulquappen, Vögeln und Säugetieren getestet. Dabei
       bleibe unberücksichtigt, dass die feuchte Haut von Fröschen viel größere
       Stoffmengen aufnehmen könne, erklärten sie. Ein Sprecher des
       Industrieverbandes Agrar sagte, Experten der Herstellerfirmen prüften die
       Studie und wollten das Gespräch mit den Wissenschaftlern suchen. Laut
       Weltnaturschutzunion sind 41 Prozent aller Amphibienarten vom Aussterben
       bedroht.
       
       1 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Voges
       
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