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       # taz.de -- Kommentar Anklage gegen Zschäpe: Teil eines Tötungskommandos
       
       > Die Anklage gegen Zschäpe wurde in vollem Umfang zugelassen. Das ist ein
       > Erfolg für die Bundesanwaltschaft, eine Ohrfeige für Skeptiker in Politik
       > und Polizei.
       
   IMG Bild: Bürgerliche Fassade oder doch Teil des Terrors? Das Gericht geht vom letzteren aus.
       
       Das Oberlandesgericht (OLG) München hat die Anklage gegen Beate Zschäpe und
       vier NSU-Unterstützer in vollem Umfang zugelassen. Das ist ein erster
       eindrucksvoller Erfolg für Generalbundesanwalt Harald Range und eine
       peinliche Schlappe für die Unkenrufer in Berliner Sicherheitskreisen.
       
       Immer wieder wurden Journalisten, wohl aus den Reihen des Innenministeriums
       und des BKA, mit der Einschätzung gefüttert, man habe gegen Beate Zschäpe
       kaum etwas in der Hand. Möglicherweise könne sie nur wegen der
       Brandstiftung ihrer eigenen Zwickauer Wohnung im November 2011 angeklagt
       werden.
       
       Die Bundesanwaltschaft ließ sich dagegen nicht irre machen, sondern
       überraschte Ende letzten Jahres mit einer besonders mutigen Anklage.
       Zschäpe wurde nicht nur Beihilfe zu den NSU-Morden vorgeworfen, sondern
       sogar Mittäterschaft. Die drei seien ein „einheitliches Tötungskommando“
       gewesen. Die Morde seien als „gemeinsame Taten“ zu werten, die in einer
       „abgestimmten Arbeitsteilung“ verübt wurden, wobei Zschäpe vor allem
       vorgeworfen wurde, dass sie für die Gruppe eine „unauffällige Fassade“
       schaffte.
       
       ## Gesamtbild spricht gegen Zschäpe
       
       Mit gewisser Berechtigung haben Zschäpes Anwälte darauf hingewiesen, dass
       ein gemeinsamer Tatplan bisher nicht sicher bewiesen werden konnte. Auch
       sei es „rein spekulativ“, dass Zschäpe von den Morden wusste und sie auch
       wollte. Ihr Tarnverhalten könnte genausogut der Aufrechterhaltung des
       Lebens im Untergrund und der Verdeckung gelegentlicher Banküberfälle
       gedient haben. Und selbst wenn Zschäpe von den Morden wusste, dann seien
       ihre Tatbeiträge „nicht wesentlich“ gewesen, sondern allenfalls als
       Beihilfe zu werten. Die Anwälte, die keine Nazis sind, sondern bürgerliche
       Profis, machten ihre Pflicht und klopften die Anklage auf Schwachpunkte ab.
       
       Es ist aber nachvollziehbar, dass das OLG die Anklage nun trotzdem
       zugelassen hat. Das Gesamtbild spricht nun mal gegen Zschäpe. Diese war
       schon zur Zeit in Jena ganz in Nazi-Kreise integriert und teilte die
       menschenverachtende Ideologie ihrer Kumpane Böhnhardt und Mundlos. In
       Diskussionen der Kameradschaft Jena plädierte sie wie die beiden dafür,
       sich zu bewaffnen und „mehr“ zu machen. Unterstützer nahmen die drei auch
       später immer als Einheit war. Kaum vorstellbar, dass die zwei Männer
       jahrelang ohne Zschäpes Wissen und Zutun Terror verbreitet haben.
       
       Indem das OLG die Anklage zugelassen hat, haben die Münchener Richter
       implizit erklärt, dass sie eine Verurteilung wegen Mordes für
       wahrscheinlich halten. Zschäpes Schweigen darf zwar juristisch nicht gegen
       sie ausgelegt werden, denn es ist ihr Recht. Allerdings ist es
       prozesstaktisch wohl nicht mehr so klug, einfach nichts zu sagen und die
       Anklage pauschal in Zweifel zu ziehen. Moralisch wäre es ohnehin das
       Mindeste, was Zschäpe noch tun kann, endlich auszupacken und alles offen zu
       legen - vor allem wer dem NSU wann und wie geholfen hat.
       
       1 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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