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       # taz.de -- Insolvenz der „Frankfurter Rundschau“: Noch nicht geschlossen
       
       > Der Insolvenzverwalter der „Frankfurter Rundschau“ verhandelt weiter mit
       > potenziellen Investoren. Egal wer kommt, viele Mitarbeiter müssen gehen.
       
   IMG Bild: Der Laden bleibt erst mal geöffnet. Die Verhandlungen mit potenziellen FR-Käufern gehen weiter.
       
       FRANKFURT AM MAIN taz | Die insolvente Frankfurter Rundschau (FR) bekommt
       erneut eine Galgenfrist: Die Zeitung wird auch über den 31. Januar hinaus
       weiterhin wie gewohnt erscheinen. Darüber informierte der
       Insolvenzverwalter Frank Schmitt am Mittwoch die Belegschaft des Druck -
       und Verlagshauses Frankfurt am Main (DuV), zu dem neben der FR auch die
       hauseigene Druckerei gehört.
       
       Zwar seien die Verkaufsgespräche mit zwei potentiellen Investoren „in der
       Endphase", wie Schmitt mitteilte, aber eben noch nicht zu einem Abschluss
       gebracht. Beide Investoren hätten bisher lediglich eine Absichtserklärung -
       einen soigenannten „Letter of Intent" - abgegeben. Um die Verhandlungen nun
       weiterzuführen, habe der zuständige Gläubigerausschuss am Montag einen
       Fristaufschub genehmigt - und zwar mindestens bis Ende Februar.
       
       Sonst hätte der FR nach dem 31. Januar die Zahlungsunfähigkeit gedroht. Der
       Insolvenzverwalter Schmitt erklärte darüber hinaus, er werde „auch jetzt
       noch mit jedem gerne in Verhandlungen treten, der ein belastbares,
       ernsthaftes Angebot vorlegt". Bisher war über mögliche Kandidaten an einer
       Übernahme der FR nur spekuliert worden, am Dienstagabend machte einer der
       beiden potentiellen Investoren sein Interesse dann aber öffentlich: Es
       handelt sich um das türkische Medienunternehmen Estetik Yayıncılık, das die
       Zeitung sowie die Druckerei übernehmen will. Zu Estetik Yayıncılık gehört
       neben mehreren Druckereien auch eine der größten türkischen Zeitungen, die
       Sözcü. Sie gilt als kemalistisch und regierungskritisch, aber auch als
       populistisch.
       
       „Wir wollen die Rundschau so weiterführen, wie sie besteht. Sie ist
       lebensfähig", so ein Sprecher des Inhabers Burak Akbay. Allerdings werde
       man auf Kündigungen - speziell in der Druckerei - voraussichtlich nicht
       verzichten können. Diese war besonders in Schieflage geraten, weil der
       Springer-Konzern Ende Dezember einen Großauftrag gekündigt hatte, der rund
       die Hälfte des Umsatzes ausmacht. Allerdings scheint die
       Insolvenzverwaltung bisher weniger begeistert von diesem Angebot. Sie
       teilte schriftlich mit, es sei „nur in formloser, unverbindlicher Form"
       abgegeben, das vorgelegte Konzept sei „in keiner Weise tragbar" und die
       Zahlungsmodalitäten „nicht akzeptabel“.
       
       Angeblich, so hieß es aus Verlagskreisen, wolle Akbay den Kaufpreis in
       sieben Jahresraten abzahlen. Der Darstellung der Insolvenzverwaltung
       widersprach der Sprecher Akbays: „Von uns wurde bisher kein verbindliches
       Angebot verlangt", obwohl Estetik Yayincilik bereits seit dem 14. Dezember
       mit der Insolvenzverwaltung verhandele. Man könne das Angebot aber
       „nachbessern und korrigieren" Den Namen des zweiten Interessenten wollte
       Schmitt nicht nennen, allerdings handelt es sich mit sehr großer
       Wahrscheinlichkeit um die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), wie bereits
       in den letzten Wochen immer wieder spekuliert wurde.
       
       Schmitt sagte lediglich: „Ein deutscher Investor möchte die FR in gewohntem
       Umfang fortführen. Der Betriebsübergang würde dann zum 1. März erfolgen."
       Allerdings ohne die hauseigenen Druckerei, die in diesem Fall nur noch bis
       Ende April weiterarbeiten würde. Allerdings blieb offen, was dieser
       „gewohnte Umfang“ genau bedeutet. Medienberichten zufolge will die FAZ ihre
       Konkurrentin nämlich nur als Regionalzeitung übernehmen und überregionale
       Themen selbst zuliefern. Aus Verlagskreisen der FAZ wurde dies indirekt
       bestätigt, allerdings „definitiv nicht mit einem FAZ-Mantelteil“.
       
       Ein entsprechender Bericht des Hamburger Abendblattes wurde bei der FAZ als
       „Nebelkerze“ bezeichnete. Eher wäre demnach ein Szenario denkbar, in dem
       die überregionalen Inhalte der FR künftig von der Frankfurter Neuen Presse
       (FNP) kämen, die wie die FAZ zur FAZIT-Stiftung gehört. Allerdings halten
       Experten die Qualität des FNP-Mantels nicht für besonders hoch, viele Texte
       kommen von Nachrichtenagenturen. Ebenso stehen viele der Mitarbeiter der FR
       dem FAZ-Modell eher skeptisch gegenüber.
       
       „Es kann schon gut sein, dass die FAZ nur einsteigt, um die Übernahme der
       FR durch andere Konkurenten wie etwa die Süddeutsche Zeitung zu
       verhindern", befürchtet ein Mitarbeiter. „Vielleicht geht es der FAZ auch
       darum, die FR als Konkurrentin aus dem Weg zu räumen." Ein Sprecher der FAZ
       sagte taz.de am Mittwoch lediglich: „Wir prüfen alle Möglichkeiten. Eine
       Entscheidung ist nicht gefallen." Viele FR-Mitarbeiter hätten sich aber
       eine solche gewünscht: „Die ewige Warterei macht einen ganz mürbe“, so eine
       Redakteurin.
       
       Zumal auf die knapp 500 Beschäftigten keine rosigen Zeiten zukommen werden:
       Denn bei einer Übernahme durch den „deutschen Investor" würden laut
       Insolvenzverwalter rund 400 Beschäftige ihren Job verlieren. Und auch das
       türkische Medienunternehmen plant laut internen Informationen, rund zwei
       drittel der Arbeitsverträge im DuV zu kündigen. Einziger Trost für die
       FR-Mitarbeiter bleibt die Zusage der bisherigen Eigentümer - der
       SPD-Medienholding DDVG sowie die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg -
       finanzielle Unterstützung für eine Transfergesellschaft zu leisten.
       
       Dies bezeichnete der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke als
       „begrüßenswerte" - im Gegensatz zum Rest der Verhandlungsergebnisse, die er
       „bitter" nannte. Es hätte insgesamt „mehr getan werden müssen, um die
       berufliche Zukunft der Kolleginnen und Kollegen zu sichern". Es sei ein
       „desaströser Fehler" gewesen, das Druck- und Verlagshaus der FR in die
       vorläufige Insolvenz zu bringen, so Werneke.
       
       30 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Timo Reuter
       
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