URI: 
       # taz.de -- Verbraucherschutz im Netz: Ende der Abzocke in Sicht
       
       > Kennen Sie das? Im Internet rumgepfuscht und zack – eine Abmahnung für
       > Kosten kassiert, von denen Sie gar nichts wussten. Damit soll nun Schluss
       > sein.
       
   IMG Bild: 4.3 Millionen Menschen über 14 wurden schon einmal abgemahnt und oft mit horrenden Gebühren belastet.
       
       BERLIN taz | Es ist eine teure Erfahrung, die Tausende von Internet-Nutzern
       schon gemacht haben. Ein fremdes Foto auf die Webseite gestellt, ein
       Musikstück hochgeladen, eine vorgeschriebene Angabe im Impressum vergessen:
       Schon kann Post von einer Anwaltskanzlei kommen, die mehrere tausend Euro
       für eine Abmahnung berechnet – völlig unabhängig vom tatsächlichen Schaden
       und Aufwand.
       
       Schon lange hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
       angekündigt, gegen das Geschäftsmodell des Abmahnens vorzugehen. Ein erster
       Versuch, die Gebühren zu begrenzen, hatte in der Praxis allerdings nicht
       funktioniert. Und gegen eine wirksame Regelung hatte es aus der
       CDU/CSU-Fraktion lange Widerstand gegeben. Doch nun ist in der Koalition
       eine Einigung erzielt worden.
       
       „Wo Abmahnungen aus dem Ruder laufen, wollen wir sie eindämmen“, sagte
       Leutheusser-Schnarrenberger. Zu diesem Zweck soll der Streitwert auf 1.000
       Euro begrenzt werden, wenn erstmalig und nichtkommerziell gegen das
       Urheberrecht verstoßen wird. Die Gebühren dürfen dabei maximal 155,30 Euro
       betragen, sagte die Ministerin. Bei wiederholten und gewerbsmäßigen
       Verstößen sollen aber weiterhin deutlich höhere Gebühren möglich sein.
       „Nicht jede Abmahnung ist unberechtigt“, so die Ministerin.
       
       ## Aus für teure Gewinnspiele am Telefon
       
       Die neuen Abmahnregeln sollen Teil eines Gesetzespakets sein, mit dem
       zugleich weitere Probleme des Verbraucherschutzes angegangen werden. So
       sollen am Telefon künftig keine kostenpflichtigen Gewinnspiele mehr
       abgeschlossen werden dürfen. Vor allem ältere Menschen waren mit dem
       Versprechen auf Geldgewinne zur Herausgabe ihrer Kontodaten bewegt worden,
       von denen anschließend Gebühren abgebucht wurden. In Zukunft müssen solche
       Verträge „in Textform vorliegen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. So
       sollen „unlautere Gewinnspiele“ unmöglich gemacht werden.
       
       Zum Dritten soll die Arbeit von Inkassobüros stärker geregelt werden. Diese
       Firmen, die finanzielle Forderungen oft mit massiven Drohungen
       durchzusetzen versuchen, müssen künftig detailliert erläutern, wie sich die
       Beträge zusammensetzen. Zudem ist eine strengere Aufsicht geplant.
       
       ## Abmahnungen en masse
       
       Gerd Billen vom Vorstand des [1][Verbraucherzentrale Bundesverbands]
       begrüßte das Gesetz als „überfällig“. Die Regeln gegen Inkasso und
       Telefonwerbung griffen die Vorschläge der Verbraucherschützer auf; bei
       Abmahnungen sieht Billen noch „unklare Begrifflichkeiten“, die den
       Verbraucherschutz aushöhlten. Eine Umfrage hatte ergeben, dass 4,3
       Millionen Menschen über 14 Jahren schon mindestens einmal abgemahnt worden
       sind.
       
       Das Gesetz soll am 6. Februar vom Bundeskabinett beschlossen und dann in
       den Bundestag eingebracht werden, sodass es noch in dieser
       Legislaturperiode verabschiedet werden und in Kraft treten kann. Die SPD
       reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß. „Wir bleiben skeptisch und sind
       gespannt, ob das Gesetz tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode
       vorgelegt wird“, erklärte die Abgeordnete Kerstin Tack.
       
       Die Fraktion werde „sorgfältig prüfen, ob dem Abmahnwahn sowie der Abzocke
       durch unseriöse Inkassofirmen durch den Gesetzentwurf wirklich wirksam
       entgegengetreten werden kann“. Die verbraucherpolitische Sprecherin Elvira
       Drobinski-Weiß kritisierte hingegen die Einschränkungen bei Abmahnungen als
       nicht weitgehend genug; der Plan sei ein „Kniefall vor der
       Abmahnindustrie“.
       
       30 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.vzbv.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
   DIR Internet
   DIR Abmahnung
   DIR Abzocke
   DIR Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
   DIR Abmahnung
   DIR Gema
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anwalt zu Gesetzentwurf: „Abmahnen wird sich nicht lohnen“
       
       Rechtsanwalt Christian Solmecke, der schon Tausende Abmahnopfer vertreten
       hat, begrüßt den Plan der Regierung, Abmahngebühren zu deckeln.
       
   DIR Bruno Kramm klagt gegen die Gema: Der Künstler kümmert sich selbst
       
       Der Piratenpolitiker und Gothic-Musiker Bruno Kramm zieht
       öffentlichkeitswirksam gegen die Gema vor Gericht. Es geht um Tantiemen für
       Musikverlage.
       
   DIR Reiseseiten: Schnäppchenjagd und Shitstorm
       
       Für den Urlaubstrip ist das Web Informationsmedium Nummer eins. Es sorgt
       für günstige Preise, bringt Transparenz und scheucht selbst die Bahn auf.
       Kundenbewertungen allerdings führen auch mal in die Irre
       
   DIR Gesetz gegen teure Abmahnungen: Union fordert Nachbesserung
       
       Ein neues Gesetz soll Internetnutzer besser vor überteuerten Abmahnungen
       schützen und die Kosten auf ein Zehntel verringern. Noch wird es von der
       Union blockiert.
       
   DIR Unlautere Praktiken von Inkassofirmen: Geld her oder Hausbesuch
       
       Üble Abzocke: Inkassounternehmen stellen häufig überhöhte Forderungen. Die
       Schuldner fühlten sich bedroht und eingeschüchtert.
       
   DIR Online- und Telefonbetrug: Alle gegen die Inkassobüros
       
       Unlautere Telefonwerbung, Abofallen und versteckte Kosten im Netz führen zu
       vielen Beschwerden. Einige Bundesländer planen nun eine Verschärfung der
       Beweispflicht.